96. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1978/79

dient ,doch nur zum Einordnen, zur Kontrolle. Wer bin ich? Ich weiß es nicht, ich werde ,es wahrsd1einlich nie wissen. Sich selbst kennen ka1111 nur derjenige, der :z;u sich selbst gefu,n1den hat. ld1 habe einen Beruf , ja ich habe einen Beruf. Kommt Bemf nicht von Berufung oder so äihnlich? Wenn ,da,s so wäre, dann hätte ich eigent- lich 1keinen Beruf. wäre nur Beamter. - - - Es wird Zeit zum All'ssteigen . „Kling, Kling" - immer dieses jämmerliche Geklingel, warulJll ba,uen sie keinen S,ummer o·der etwas ähnliches ein? Nun gut, das geht mich nichts an . Mit Widerwillen strebe id1 meinem Büro zu, bin wie ein Teig, ja wie ein Kart1,gummi auf den man steigt. ,, Grüß Gott, guten Morgen, wie geht es? " Jeden Tag ,dasselbe, warnm kann id1 nicht ein Büro für mid1 allein haben, ganz aHein für mich? Aber ich muß es mit zwei anderen teilen. Wal"uun bin ich eigentlich Beamter, warum tu1e id1 jeden Tag wie eine Ma 1 schi111e rdi 1 ese A~beit? Ich ha1sse s,ie', ich möchte alles hinwe11fen , den Leuten me.ine Wut, meinen Ekel in ihr Gesid1t schreien und dod1 komme ich alltäglidi wieder, tue jeden Tag meine Arbeü, id1 mad1e sie gut - eine kleine Befri edigung. ld1 bin wie ein Roboter, zuverläss ig, pf!ichtbe,wußt , pünktlich 'lrn'd fast nie krank. Was will ma,n mehr? Warum werfe ich nidit ,d.en ganzen Kram weg? Ist es wegen de-s Geldes? Id1 weiß nicht so redi.t! A11 und für ,sich braudi ich ja keinen neuen Morgenmantel , muß audi nidit eine so teure Küdi•e hesitzen, . . . id1 muß auch nicht immer einen neuen Hut haben, einen 11euen Anzug, eine neue Tasche, . . . Nur weil der Hut ein weni-g ,speckig ist, der Anzrug zu -spiegeln beginnt und die Tasche an mand1en Sue llen abgenützt i•st? Es ist rnidit notwendig. Warum gebe ich dann, nicht diesen Beruf auf? Sud1e mir il"gendwo eirnen Job? Ich weiß nicht , warum! Weil ich zu alt bin , um neu an,zufanrgen, weil id1 nichts gelernt habe, außer hinter einem Sd1reibti-sch zu sitzen, weil ich Angst vor der Zukunft habe, ... nur ,der Tod kann mich erlösen . Erlösen von -dieser Qual, dieser Pein, die mein Innerstes z;u zerreißen sucht. Wenn ich so aus dem Fen-ster schaue und es so dunkel dra:ußen ist, fallen mir ein pa:ar Zeilen ein: Dunkel ist',s ,draußen und kalt ist die Nad1t, ich lausch ' ,den Gerä"USdien , ,die der Baum mir macht; in mir ist's wie draußen , laut •dringt ' s an mein Ohr, in mir ist es kia-lt und leer, drohend ist -der Dinge Chor. Wie treffend paßt dies a,uf meine Verfassung, allif meinen Zustand . Meine Kollegen sehen nidits, spüren nichts , sie haben anidere Sorgen . Sie haben weruigstens einen Gmnd, ,hier zu arbeiten - Gelrd - aber ich, id1 könnte mich einsdiränken, nicht il11111er das Neueste, Beste haben, aufs Land ziehen, ich ka:nn's versuchen , im kann es, kann es ! ! ! Arbeitsschluß, ,d,as Signa•! ertönt. Nun gut, ich pack,e zusammen. ,, Auf Wiedersehen, angenehmer Fei,eraben!d " - -id1 möchte wissen, wieso „Feier- a:ben1d"? Abend schon, aber Feier? Nein, bestimmt nidit. Id1 muß mich b 1 eeilen, um die Bahn z·u erre·ichen. Halt, ich werde heute nicht mit der Bahn f.ahren , dch werde :m Fuß gehen. Im werde nam Hause gehen, meine Sachen packen und weggehen , ganz weit fort, irgendwohin, ich würde n:imt viel brauchen, ein bißchen Geld nur für das Nöti,gste. 59

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