93. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr

in den Werken von CANTOR und HILBERT haben. Auf sie geht die systematische Axiomatisierung der gesamten mathematischen Wissenschaft und der fundamentale Begriff der mathematischen Struktur zurück• • • • • • Im Lichte dieser neuen Konzeptionen wurde man dann gewahr, daß der mathematische Elementarunterricht mit seinen unveränderlichen Methoden und Lehrplänen zu einem lebendigen Fossil geworden war, das wegen seiner veralteten Sprache, seinen engen und rückständigen Auffassungen, seinen unglaublich ungeschickten und unzureichenden Methoden vollständig abgeschnitten ist von der derzeitigen mathematischen Forschung, . • • . •Es besteht die Notwendigkeit, den Schüler die Handhabung der axiomatischen Methode zu lehren; darin liegt eine unentbehrliche Vorbereitung auf den Unterricht an der Universität, der zur Zeit ganz auf dieser Methode beruht." Ob die hier angegebenen Gründe ausgereicht hätten, den Stein ins Rollen zu bringen, ist zweifelhaft. Doch fanden die Verfechter einer radikalen Reform in der Wirtschaft einen mächtigen Bundesgenossen. Denn zu diesem Zeitpunkt konnten die moderne Denkweise und das Studium formaler Systeme in wirtschaftlich-technischen Anwendungen (z.B. Rechenanlagen) bereits erste triumphale Erfolge feiern. So ging die in der Folge weitestreichende Wirkung auf.die Reform von den durch die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) einberufenen Seminaren aus, die sich mit der Modernisierung des Mathematikunterrichts befaßten, H. SCHOENE, Delegierter der BRD bei der OECD�beschreibt die Motive der Organisation für diese Initiative wie folgt: "Die OECD ist ursprünglich eine Organisation der Wirtschaft mit wirtschaftlichen Zielsetzungen, z.B. der Steigerung des 1960 vorhandenen Sozialprodukts um So% bis zum Jahre 1970 für die der Organisation angeschlossenen Mitgliedstaaten. Die geforderte Entwicklung verlangt aber ein Arbeitskräftepotential (human resources), das in dieser Form nur durch die Schule herangebildet werden kann. "Bildung" ist neben Arbeit und Kapital zu einem entscheidenden Produktionsfaktor geworden, um den wirtschaftlichen Wachstumsprozeß mit Aussicht auf Erfolg zu realisieren, Die Schule, die diese Bildung vermittelt, wobei der Unterschied zwischen Bildung und Ausbildung schon rein sprachlich gar nicht existiert, wird in diesen Produktionsprozeß eingegliedert. Erziehung ist nicht mehr Erziehung zur Person, 27

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