wegen seiner Ausstrahlung auf die Gegenwart. Denn erstens sind bestimmte Tendenzen der heutigen Reform nur als Spätfolgen KLEINsehen Wirkens zu verstehen, so etwa die stärkere Betonung abbildungsgeometrischer Gesichtspunkte. zweitens sind die Gedanken der· "Meraner Vorschläge" nach wie vor lebendig, und in keinem der "modernen" österreichischen Lehrpläne von 1967, 1970 und 1974 fehlen die Forderungen nach Pflege des geometrischen Anschauungsvermögens Weckung des funktionalen Denkens und Altersgemäßheit des Unterrichts. Man kann auch KLEINs methodisch-didaktische Grundsätze gar nicht oft genug zitieren zu einer Zeit, wo die BOURBAKI-Mathe matik in die Schulen drängt. Schließlich ist KLEINs Denk- und Arbeitsweise auch eine sinnvolle Alternative zu HILBERT für den Fall, daß eine Synthese zwischen genetischem Unterricht und moderner Mathematik unmöglich ist. So ist Felix KLEIN, der 1925 starb, nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für den Unterricht ein Mann von wahrhaft historischer Bedeutung. Die Modernisierungsbewegung Im Jahre 1952 wurde die IMUK, deren letzte Sitzung vor dem Krieg 1936 stattgefunden hatte, wieder konstituiert. Weder bei ihren Sitzungen noch bei den Tagungen nationaler mathematischer Vereine bewegt sich die Diskussion der folgenden Jahre in extremer Richtung. Lediglich die propädeutische Behandlung der fundamentalen neuen Begriffe Menge, Gruppe, Abbildung usw. wurde als notwendig erachtet, später kam die Forderung nach Einbeziehung der Vektorrechnung hinzu. Im übrigen waren KLEINs Gedanken vorherrschend . Das Jahr 1958 brachte eine starke Ausweitung der Diskussion und die Forderung nach einer Modernisierung im Sinne der BOURBAKIsche� Denkweise trat in den Vordergrund. Die in der Folge immer häufiger vorgebrachte und immer schärfer formulierte Begründung dafür ist der Hinweis auf die Entwicklung der modernen wissenschaftlichen Mathematik. Als eine Stimme für viele zu diesem Thema sei Jean DIEUDONNE, führendes Mitglied des BOURBAKI-Kreises zitiert. In einem Vortrag "Moderne Mathematik und Unterricht auf der Höheren Schule" skizziert er zunächst kurz, wie die heutige Situation entstand: In den Jahren 1920-1940 ging eine vollständige Umgestaltung in der Klassifizierung der verschiedenen Teilgebiete der Mathematik vor sich, "hervorgerufen durch neue Vorstellungen über das Wesen mathematischen Denkens selbst, die ihren Ursprung 26
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