91. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1973/74

PROFESSOR JOHANN WESP In diesem Jahresbericht soll das Wirken von Prof. JOHANN WESP, der mit Beginn des Schuljahres 1973/74 nach Salzburg ging , noch einmal gewü rdigt werden. Er kam 1966 an das Realgymnasium Steyr, an dem er selbst 1952 maturiert hatte, und nahm den Unterricht in Deutsch und Musikerziehung auf. Aber es waren besonders seine Leistungen in den Freifächern Bühnenspiel und Chorgesang , die im Gedächtnis geblieben sind . Mit viel Idealismus und Opferbereitschaft baute Prof. Wesp eine Spielgruppe und einen Chor auf, die für die Schule einige beachtliche Erfolge erringen konnten. Zur Tradition wurde das Weihnachtsspiel, das alljährl ich in der Arbeiterkammer aufgeführt wurde, sich jedoch nicht an konventionelle Maßstäbe hielt, sondern zur Diskussion anregte. Die Schüler erhielten dabei Gelegenheit, ihre Probleme darzustellen , sich von ihnen frei zu spielen und ihre Eltern, sozusagen von der Bühne herab, zur Stellungnahme aufzufordern . Das erste Weihnachtsspiel 1966, die „Weihnachtsgeschichte " von Carl Orff versammelte zwar die traditionellen Figuren von Engeln , Hirten, heiliger Familie und drei Königen auf der Bühne, war dafür aber in der Gestaltung um so moderner. Im Wechsel von Sprech- und Singstimmen wurde die Weihnachtsgeschichte erzählt, untermalt von einem Orchester mit den be- kannten Orff-lnstrumenten . Über hundert Mitwirkende, ausschließlich Schüler, standen auf der Bühne. Diese Aufführung wurde bei ihrer Wiederholung im nächsten Jahr, 1967, auch in Ausschnitten im Österreichischen Fernsehen gezeigt. Die nächsten Weihnachtsspiele gerieten dafür umso moderner. 1969 wurde das Stück „ Prost Christkind!" von Ortwin Hermanns aufgeführt, das, wie der Titel schon sagt, das gewohnte Weihnachtsfest aus der kritischen Sicht eines Gymnasiasten sieht und alle herkömmlichen Requisiten des Festes in Frage stellt. Sicher war dieses Stück vielen jungen Leuten aus der Seele gesprochen , und sicher half es manchen zur Kl ärung ihrer Begriffe und Maßstäbe. Noch erregtere Diskussion löste das Stück 1971 aus „ Heißt unsere Welt öxeln? " von Klaus Adler. Eigentlich war es gar nicht auf Weihnachten bezogen , sondern wollte nur eine Gegenüberstellung von öffentlich akzep- tierten Moralbegriffen und deren heimlicher Umgehung im alltäglichen Le- ben . Aufgezeigt wurde dieses aktuelle Problem an einer Gruppe von harm- losen Hippies, die zu der ländlichen Gemeinde ö xeln in Gegensatz geraten. Dieses Stück war nicht nur modern in Aussage und Problematik, sondern auch in der Form ; Sprechchöre, Beatmusik und Protestsongs wurden darin wirksam eingesetzt. Wie gut dieses Stück gerade bei jungen Leuten ankam, zeigten die vielen Wiederholungen , zu denen die Spielgruppe eingeladen wurde, unter anderem auch beim internationalen Spielgruppentreffen 1972 in Judenburg. Außer di esen aufsehenerregenden Bühnenstücken studierte Prof. Wesp im laufe seiner Tätigkeit am Gymnasium auch noch viel e kleinere Stücke ein , die im Rahmen der Schule aufgeführt wu rden: z. B.: eine Darstellung der Geschicke Till Eulenspiegels, .,Winkel auf Abwegen ", ein Schulspiel von Alexander Lhotzki , und das Märchenspiel „ Die verlorene Stimme " . 23

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