91. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1973/74

noch eine günstige Ausgangslage, weil sie frei von jeder parteipolitischen Bindung ist. Da die Einsichten weitgehend naturwissenschaftlicher Art sind , überzeugen sie auch kritische Schüler. Sie sehen ein, daß jeder, der gegen die Lebensgesetze verstößt, die Folgen tragen muß. Durch bloße Unterrichtstechnik, durch Tatsachenübermittlung allein ist aber eine innere Bindung trotzdem nicht zu wecken. Der Lehrer muß durch seine lebendige Anteilnahme das Verständnis für soziale zusammenhänge wecken, seine echt demokratische Haltung muß dem Schüler zum Erlebnis werden. Er kann sich eine Flucht in die Spaltung in eine private und in eine amtliche Sphäre nicht leisten. Eben jener Lehrer, der selbst in seinen Berufsange- legenheiten mitunter wenig demokratisches Mitspracherecht besitzt und oft durch ungerechtfertigte Hierarchien und ein veraltetes Qualifikationssystem gegängelt wird. Hier verlangt man von ihm schizophrene Fähigkeiten! Konkret wurden mit der ÖNJ am BRG Steyr Kontakte zu den Behörden geknüpft, Gespräche mit den Bürgerme istern der vom geplanten Landschafts- schutzgebiet betroffenen Gemeinden geführt, um die Problemati k des länd- lichen Raumes kennenzulernen. Ebenso mit Landwirten, Forstwirten und Ver- tretern anderer Berufe, in denen di e lebendige Natur eine Rolle spielt. Hier konnten echte politische Einsichten gewonnen werden , die zum gegenseitigen Verständnis zwischen Stadt und Land beitrugen. III. Einige Forderungen für den künftigen Biologieunterricht Ich will hier nicht in das Lamento über unzureichende Stundenzahlen ein- st immen . Aber zwei Wochenstunden durchgehend auf allen Klassenstufen sind für den Biologieunterricht, wenn man den Bildungswert richtig einschätzt, wirklich die unterste Grenze. Auch die Notwendigkeit eines Strukturwandels ist unbestritten. Aber - ohne auf die Problematik einzugehen - mit einer Änderung von Lehrplänen ist es nicht getan! Ebenso wichtig sind mehr Lehrer. Wie aber ist das in unserer Gesellschaft zu erreichen, in der die Arbeit am Menschen schlechter bezahlt wird als fast jede mittlere Industrietätigkeit. Es wäre endlich an der Zeit auch von dieser Seite her Ordnung in unser Bildungschaos zu bringen! Die überwiegend verbale Darstellung muß in unseren Schulen eingeschränkt werden. Der Schüler soll neben den Kenntnissen auch gewisse Fertigkeiten erlangen, die vielfach erst Voraussetzung für selbständiges Arbeiten sind . Dazu ist es notwend ig, die Schulen mit Räumen, Geräten und sonstigen Hilfsmitteln so auszustatten, daß ein moderner Unterricht erteil t werden kann. Solange man das nicht einsieht, ist eine wesentliche Funktion der Schule, nämlich Orientierungshilfen für das Zurechtfinden in der heutigen Welt zu bieten, ganz unzureichend erfüllt. Wir wollen doch nicht unsere Kinder, um es mit Steinbuch zu sagen, für eine neue Biedermeierzeit aus- bilden, sondern für das einundzwanzigste Jahrhundert.

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