91. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1973/74

sehen ein neues Bewußtsein, z. 8. daß jede persönliche Anstrengung hilft, daß sehr viel von der Sorgfalt oder Sorglosigkeit des einzelnen abhängt, daß nicht alle, die für etwas anderes als Geld arbeiten, schwärmerische Idealisten sind , die man bemitleidet bzw. die von vornherein suspekt sind. In diesem Sinn planten wir unsere Aktivitäten, von denen sich die Aktion „Kampf gegen die Wochenendhausseuche " und der Plan zur Schaffung eines Landschaftsschutzgebietes als wichtigste erwiesen . Den Medien Zeitung, Rundfunk und Fernsehen kam das Verdienst zu, diese Vorhaben, dieses Umdenken pausenlos gefördert zu haben. Daß speziell die lokale Presse das Geschehen kritisch überwacht, Verstöße mutig beim rechten Namen nennt und dem Leser eine Orientierungshilfe anbietet, hat auf die Jugend einen tiefen Eindruck gemacht. Beste politische Bildung waren die zahl- reichen Vorsprachen bei den verschiedensten Behörden. Auf der einen Seite das Erlebnis wie sich einzelne Menschen in Führungspositionen echt abmühen, um die Entwicklung in den Griff zu bekommen, auf der anderen Seite die Enttäuschung der jungen Leute, wenn sich ein Mandatar aus „N ichtkönnen", .,Nichtwissen", bequemen „ Gehenlassen " oder sonstigen „schwerwiegenden " Gründen durch nachträgliche Baugenehmigungen und .,Großzügigkeit" gegenüber der Landschaft zum Hörigen unsozialer Inter- essen machte. Eine bittere Feststellung, nicht nur fü r zukünftige Wähler, sondern vielleicht für manchen zukünftigen Gemeinderat oder Parlamentarier! 2. Erziehung zur Gemeinschaft Leben ist Gemeinschaft (Thienemann) . Eine wesentliche Aufgabe des Bio- logieunterrichtes besteht somit darin, dem Jugendlichen Einblick in die zusammenhänge zwischen dem einzelnen und der Gemeinschaft zu geben und aufzuzeigen , in welch hohem Maß das Leben der Gemeinschaften von den biologischen Grundlagen abhängig ist. Ebenso muß versucht werden, die Jugend zur inneren Teilnahme am Leben des Staates zu aktivieren. Ist doch unsere Zeit gekennzeichnet durch eine Lockerung der Bindung an die Gemeinschaft, ja einem Zerfall der Gemeinschaft in zweckgebundene Gesellschaften und Notbünde. Sind doch viele Glieder unserer Gesellschaft von einem fast nur auf das ,,' ich" bezogenen Denken beherrscht, welches sich in der Befriedigung von Prestigevorstellungen zeigt, die sich aber letztlich als Selbsttäuschung erweisen. Niemand kann aber, sofern er be- wußt lebt, seine Existenz auf die Dauer ohne tragenden Maßstab auf sich nehmen - es sei denn , um den Preis der Unechtheit seines inneren und äußeren Lebensstiles. Diese zeigt sich dann in der Flucht vor der Entschei- dung, in der Kompromißsucht und Verwässerung weltanschaulicher, religiö- ser oder politischer Sachverhalte, der Flucht vor der Verantwortung hinter einen „Kommissionsbeschluß", der Verbeugung vor der öffentlichen Meinung, in jener „weltklugen Lebensdiplomatie " und gesellschaftlichen Konzilianz, die niemals gefaßt werden kann, weil sie sich nie offen bekennt. längst hat man verlernt, darin einen die menschliche Würde zerstörenden Mangel zu erblicken. Daraus ergibt sich die innere destruktive Einstellung unserer Wohlstands- bequemlichkeit: keine Bereitschaft zu Opfer und Verzicht, aber auch keine Bereitschaft zur Gegnerschaft, zum Bekennen, zur Selbstbehauptung und Selbstverteidigung. Wen wundert es, daß sich unsere Jugend mit diesen Einstellungen nicht identifiziert und entweder einem Radikalismus verfällt oder in eine irreale Welt flüchtet. Ob nicht hier eine Wurzel für das Drogen- problem liegt? Die Biologie hat zahlreiche Möglichkeiten, diese Fragen der Gemeinschaft anzuschneiden (Lebensgemeinschaften, Gesundheit und Krankheit, ange- wandte Biologie, Landschaftsschutz, Genetik, Strahlenschutz . ..) und dazu 8

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