89. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1971/72

wegen der Schneestürme in Oberitalien und aus demselben Grund konnten wir nicht mehr bis Wien zurückgebracht werden, der Flugplatz Schwechat war gesperrt, und wir mußten mit der Bahn von Verona aus die Heimreise antre- ten . Es spielte keine Rolle, das Programm war mehr als reichhaltig. Wir flogen die Küste entlang von Rom nach Norden, gerade so hoch, daß man wußte, da unten liegt Tarquinia, das Land der Etrusker, das Argentario, Elba, und nach einer dichten schwarzen Wolkenbank Genua, dessen Rollfelder ins Meer hinausgebaut sind und vom Gischt der Brandung bespritzt wurden ; der Flug- platz erschien klein und bedroht, aber die Landung war sanft. Seim Anblick der auf den Wellen hüpfenden Barkasse, die für unsere Hafenrundfahrt bereit- stand , verzichteten einige darauf einzusteigen und gingen lieber in die Bar, um sich für den Weiterflug zu stärken. Alle aber, die tapfer ausharrten , Sturm und Wellen trotzend, wurden durch den herrlichen Blick auf das volle Rund der ligurischen Küste entschädigt, als das wieder aufsteigende Flugzeug in wei- tem Bogen auf Richtung Cagliari dreht e. Bis zu den schneebedeckten Bergen hinter Nizza glänzte die Welt und ein strahlend blauer Himmel ließ Wolken und Sturm vergessen. Zum erstenmal dachte ich : Das machst du später noch einmal in Ruhe, - und andere dachten dasselbe. Wir haben diesen Wunsch noch einige Male wiederholt, wenn wir auf unserer Besichtigungstour gerade soviel zu sehen bekamen, daß unsere Begeisterung geweckt, unsere Neu- gierde aber nicht befriedigt wurde. Das gilt z. 8. für die Nuragenkultur, wie wir sie im Komplex von Barumini und im archäologischen Museum von Cagliari kennenlernten und die auf weite Strecken noch einsame und unver- baute Küste, deren Unberührtheit jedem Kenner sommerlicher Adriastrände wie ein Märchenland erscheinen muß. Wir sahen aber auch, daß die Frem- denverkehrsindustrie bereits Fuß gefaßt hat, daß große Hotelanlagen, wie in S. Margherita di Pula, westlich von Cagliari, entstehen und es ist anzuneh- men , daß diese in den nächsten Jahren Fremde anlocken und das Sommer- geschäft nach Sardinien bringen werden. Sardinien hatten wenige gekannt, wir fanden uns an der Schwelle zu einer fremden Welt, lernten durch eine überaus kluge und sympathische Betreuerin die Schwierigkeiten dieser Menschen besser verstehen und nahmen uns vor, wiederzukommen. Sizilien begrüßten alle als alte Bekannte . Segesta, Palermo, Monreale, und wer noch nicht in Calatafimi beim Denkmal für den Sieg Garibaldis und seiner „Mille " gestanden war, der kannte die Stelle aus Lampedusas „Gatto- pardo " oder den Zeitungsberichten über das große Erdbeben vor einigen Jahren. Es war wärmer als in Sardinien , aber von den Bergen hinter Palermo glänzte der erste Schnee. Irgendwer hatte seinen Badeanzug mitgebracht und lachte laut auf, als er am Strand von Mondello stand und sich vorstellte, er müßte sich nun von seinem Wintermantel trennen und in die vom Wind auf- gewühlten Wogen stürzen . In Catania war es allerdings viel weniger winterlich und von allen Orangenbäumen leuchteten die Früchte. Wir fuhren weit durch das Land, waren begeistert von den Mosaikböden der Villa Imperiale in Piazzo Armerina und landelen schließlich in Gela, wo wir die Realisierung der Pläne sehen sollten, über die bei den Vorträgen in Rom so eingehend gesprochen worden war. Die riesige Anlage des petrochemischen Werkes der staatlichen Kohlenwasserstoffbehörde ENI ist noch im Ausbau und stellt nur einen Teil des Gesamtprojektes dar, das die ENI in Zusammenarbeit mit der 80

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