88. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1970/71

Geschichtsschreibungin Steyr: eine Skizze Am Anfang der Steyrer Stadtgeschichtsschreibung steht einsam und groß der Protestant Valentin Preuenuueber, der nach Karl Eder „zu den ersten Historio- graphen Österreid1s und des gesamtdeutschen Raumes" zählt . Bis 1619 war er Schreiber der Stadtkanzlei und weilte noch bis 1628 in der Stadt, dann ging er nach Regensburg, als Steyr zwangsrekatholisiert wurde. Von 1636 bis 1642 war er Pfleger von Salaburg bei Haag/NÖ. und wurde 1642 in Haag bestattet. Seine Annales Styrenses wurden erst 1740 in Nürnberg veröffent- licht (vgl. zu ihm unter Nr. 768-773). Eine Abschrift der Annales aus dem Jahr 1693 wurde dem Bundespräsidenten Franz Jonas am 29. Juni 1968 als Festgeschenk der Stadt Steyr anläßlich der Eröffnung der Taborschule über- reicht. 1 ) Zeitgenossen Preuenhuebers waren die Chronisten WoHgan·g Lindner (Nr. 573) und Färbermeister Jakob Zetl (Nr. 320). Wenn man heute Wirtschafts- und Sozialgeschichte besonders pflegt, so möge hier auf das interessante Faktum hingewiesen werden, daß in den Archivalien der Innerberger Hauptgewerkschaft, an der Steyr von 1625 bis 1798 so be- deutenden Anteil hatte, interessante und oft umfangreiche historische und statistische Relationen über Entwicklung und Geschichte dieses Wirtsdrnfts- ver<bandes schlummern: für diese alte Zeit, welche in vielen Bereichen histori- sche Kontinuität in ungleich größerem Maß als unsere Zeit kannte, wohl selbstverständlich. Der nächste bedeutsame Stadthistoriker ist Franz Xaver Pritz (geb. Steyr, 4. November 1791, t 22. März 1872). Er hat seiner Vaterstadt eine „Be- schreibung und Geschid, te der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen" geschrieben. Das 1837 in Linz gedruckte und 1965 neu herausgegebene Werk zählt zu den besseren stadtgeschichtlichen Leistungen seiner Zeit. Pritz hat sogar eine handschriftliche zweite Auflage geschrieben, Beweis, wie ihn die Gesd1ichte Steyrs interessierte (Nr. 777). Für seine Zeit nicht weiter verwun- derlich ist die starke Einbeziehung der allgemeinen Landesgeschichte (natürlich ohne direkten Bezug zur Stadtgeschichte) und natürlich auch die Hervorhe- bung der Geschichte des Hauses Habsburg. Pritz, der von 1817 bis 1855 Pro- fessor des Bibelstudiums und der orientalischen Sprachen an der Theologischen Lehranstalt in Linz war, veröffentlichte noch sehr viele landeskundliche Ar- beiten zur oberösterreichischen Geschichte: seine Hauptarbeit liegt also nicht auf dem Gebiet seines eigentlichen Berufes. Er war regulierter Chorherr des Stiftes St. Florian. Auf seinem Geburtshaus Johannesgasse Nr. 7 wurde am 8. November 1891 eine von Gustav Ritzinger entworfene Gedenktafel ange- bracht. 2 ) Ch. Th. Klitsch widmete diesem Mann 1950 eine Dissertation (Nr. 492). Pritz hat sich in der Arbeit an seiner Geschid1te von Steyr besonders auf die Leistungen Preuenhuebers und die seines Freundes lgnaz Scuroff gestützt. Schroff wurde am 8. November 1774 im Haus Mittere Gasse 19 3 ) geboren und starb am 17. März 1851. Er hinterließ umfangreiche Quellensammlun- gen, welche sich im Stadtarchiv befinden. Als Geschiditsschreiber in unserem Sinn hat er sich nicht bestätigt. Beruflich war er seit 1810 Justiziär des Frei- sitzes Meissenberg, später auch von Ramingdorf. 3 ) 2

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