Ich hatte bereits sechzig Pfund, jedoch nur fünfzig durfte ich in das Flugzeug mitnehmen. Dies, das und jenes mußte ich wieder auspacken. Meine Eltern schickten es mir nach. Am 19. August 1968 fuhren meine Eltern und ich zum Flugplatz. Ich verabschiedete mich schnell und stieg ins Flugzeug. Diese Reise war meine erste in einem Flugzeug, und als die Maschine auf der Startbahn entlangrollte, dachte ich, werden wir den Boden nie verlassen? Ohne daß ich es bemerkte, hatten wir bereits eine Höhe von 200 Metern, weil der Start so sanft war. Die Reise nach New York, fast 2000 km entfernt, dauerte nur drei Stunden, aber die Busreise durch die Stadt New York zum AFS-Büro, dreißig Kilometer entfernt, dauerte auch drei Stunden. Jetzt wußte ich, was ein Verkehrsknäuel ist. Dort in New York kamen die 144 Stipendiengewinner zusammen. Eine Woche lang lernten wir unsere neuen Sprachen und die verschiedenen Gewohnheiten unserer neuen Länder. Obwohl ich drei Jahre Deutsch in meiner Mittelschule gelernt hatte, lernte ich den Satz: ,,Ich bin ein amerikanischer Austauschschüler und kann sehr wenig Deutsch sprechen" auswendig. Später in Wien und St. Valentin half mir das viel. Am 25. August 1968 flogen wir mit der Air France nach Paris. Dort sahen wir viele wertvolle Sehenswürdigkeiten: den Eiffelturm, den Are de Triomphe, den Louvre und andere fantastische Bauwerke. Aber Paris i,st nicht so schön wie Wien. Am nächsten Tag waren wir schon in Wien. Wir machten einen schnellen Stadtrundgang und sahen viel Interessantes. Am Nachmittag fuhr ich über St. Valentin nach Ternberg. In St. Valentin mußte ich umsteigen. Da fragte ich einen Mann mit einer roten Kappe: ,,Wo ist die näch•ster Zug zu Ternberg?" Er sagte mir: ,,Versteh' net!" Da sagte ich ihm meine kleine Rede: ,,Ich bin ein amerikanischer Austauschschüler und kann sehr wenig Deutsch sprechen", und zeigte ihm meine Karte. Er führte mich zum richtigen Zug und sagte mir, wo ich aussteigen mußte. Ich dankte ihm herzlich und fuhr weiter nach Ternberg. Dort traf ich meine Gastfamilie am Bahnhof. Ich sagte ihnen: ,,Jetzt bin ich endlich zu Hause!" Es war wahr, sie sind die beste Familie, die sich ein Gastschüler jemals wünschen konnte. In den ersten Tagen fuhren wir nach Unterach am Attersee. Es waren zwei andere Familien dort. Als sie miteinander in der Umgangssprache redeten, kam es mir vor, als ob ich überhaupt kein Deutsch gelernt hätte. Von ihnen hörte ich Aussprüche, wie zum Beispiel diesen: ,,Das hab' i' net." Ich dachte, sie hätten ein Hobby mit einem Netz! Zwei Wochen später fing die Schule an. Ich war ein bißchen nervös am Anfang, aber mein Gastbruder Walter und Professor Moser halfen mir in allem. Ich lernte einen für mich ganz anderen Schulbegriff kennen. Aber als die Schule wirklich anfing, war ich sehr überrascht. In Amerika fängt die Mittelschule mit 16 Jahren an. Hier in Österreich gehen Schüler in die Mittelschulen, die nur elf Jahre alt sind. Auch ein großer Unterschied ist der, daß Mädchen und Bur,schen getrennt sind. In Amerika sind alle Klassen außer einigen gemischt. Aber diese gemischten Klassen sind nicht richtige Klassen im österreichischen Sinn. Es gibt überhaupt keine zusammenbleibende Klasse, denn es kommt selten vor, daß zwei Studenten denselben Stundenplan und dieselben Professoren haben. Auch hat jeder Professor in amerikanischen Mittelschulen sein eigenes Zimmer und bleibt den ganzen 47
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