86. Jahresbericht des Bundesrealgymnasiums Steyr 1968/69

Entsprechend der Strenge gegen sich und andere, war sein Unterricht ein hartes Training, eine zielbewußte Erziehung für den harten Lebenskampf. Wer das begriffen hatte, war stolz, sein Schüler zu sein. Ein profundes Fachund Allgemeinwissen und hohe erzieherische Qualitäten bildeten die Grundzüge seiner unbestechlichen Persönlichkeit. In bewußt alter Tradition setzte er in einer Zeit der Unterbewertung seines Standes seinen geschliffenen Geist für die Kollegenschaft auf höchster Ebene ein und erwirkte so manch fühlbare Besserung. Oberstudienrat Grimm ertrug harte Schicksalsschläge: die lange Krankheit und den Tod seiner ersten Gattin und den unerwarteten Tod seiner einzigen Tochter. Nun hat er auch selbst mit gefaßter, gläubiger Haltung den Tod erwartet, der ihn aus langer Krankheit erlöst hat. Dr. Grandy „Non scholae, sed vitae discimus." Wie oft wird dieser Satz gedankenlos gelesen und übersetzt, und wie spät erkennt man seine Richtigkeit. Gerade im Lateinunterricht wird der praktische Wert oft angezweifelt, aber das Latein, das unser verstorbener Lehrer Oberstudienrat Prof. Grimm vermittelte, brachte allen seinen Schülern einen großen Gewinn für ihre Allgemeinbildung. Oberstudienrat Grimm war kein bequemer Lehrer, er verlangte viel von seinen Schülern, und manche mögen die Lateinstunden mit gemischten Gefühlen erwartet haben. Doch das Wissen, das er uns vermittelte, war so profund, daß es auch jenen, die Latein nicht zur Fortsetzung ihres weiteren Studiums benötigten, wesentlichen Nutzen brachte. Denn Oberstudienrat Grimm beschränkte sich nicht nur darauf, mit seinen Schülern trockene Übersetzungsübungen durchzuführen, sondern er eröflnete uns in seinen Unterrichtsstunden den Zugang zu den Grundlagen der Philosophie, und nicht zuletzt verdanken wir ihm auch die Einführung in die Kultur der Antike. Trotz seiner hohen Auffassung von einer gründlichen Wissensvermittlung gab es auch in seinen Unterrichtsstunden immer wieder heitere Episoden, sodaß man in Herrn Oberstudienrat Grimm immer neben dem Lehrer auch den Menschen sah. Als ich ihn zum letzten Male sprach, war er schon ein vom Tode gezeichneter Mensch. Dennoch brachte er noch die Kraft auf, mit Begeisterung über unsere Lateinstunden zu sprechen. Nachdem ich mich von ihm verabschiedet hatte. kam mir in der Erinnerung an die vergangene Schulzeit erst richtig zum Bewußtsein, wie viel wir diesem erstklassigen Lehrer verdanken. Dr. Maria K u b a t

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