85. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1967/68

Zur Erinnerung an ein profanes Fest hat das lokale Bürgertum das sogenannte Votivfenster schaffen lassen, welches folgende Inschrift trägt: „Gewidmet von der Bürgerschaft Steyrs zur Erinnerung an die durch die An,wesenheit Sr. k. k. Apostolischen Majestät Franz Josef I. verherrlichte Jubiläumsfeier im August 1880 des 9OOjährigen Bestandes der Stadt un.d des 5OOjährigen des uniformierten Bürgercorps in Steyr." 150 Dieses große Stadtjubiläum 151 sollte „einen dauernden sichtbaren Ausdruck haben in dem großen Glasgemäldefenster, ... an welchem, so Gott auch künftig seinen Sd1utz verleiht, ferne Zeiten nod1 sehen und lesen können, wie auch die jetzt lebenden Bewohner Steyrs an Religiösität, an Liebe zu ihrem Herrsd1er und zur Vaterstadt, wie auch an Opferwilligkeit für die Kunst sich würdig an ihre Vorfahren anreihen." 152 Das Fenster wurde vom 25. bis zum 28. Ok- tober 1893 eingesetzt und am 30. Oktober feierlid1 enthüllt. Am Schluß des Gottesdienstes wurde eine Strophe der Kaiserhymne gespielt. Der Möbel- händler Franz Tomitz, 110 der Obmann des Komitees zur Schaffung des Bürgerfensters, sandte aus Anlaß der Enthüllung des Glasgemäldes ein Huldi- gungstelegramm an die Kabinettskanzlei des Kaisers. 153 So stand hinter d.er Schaffung dieses Fensters zuerst einmal ein profaner Zweck. Mit Georg Pointner 108 und Franz Tomitz neben dem Konservativen Nothhaft als Komitee zur Schaffung des Bürgerfensters sehen wir zwei gemäßigte Liberale prominent beteiligt . Das Gemäldefenster zeigt zunäd1st die Patrone der Stadt und des Kronlandes: größer dargestellt sind Michael und Ägidius, Patrone also von Steyrs beiden Hauptkirchen; kleiner Florian, Severin, Maximilian, Koloman, Berthold und Leopold. Besonders Michael ist relevant für den Gesdrn1ack jener Zeit. Hier ist er nicht etwa ein hoheitsvoller mächtiger Streiter für Gott, sondern ein holder braver Jemand unbestimmt gelassenen Geschlechts. Unter ihm wälzt sich gemütlich ein verniedlichter Drad1en. Das Hauptbild des Fensters zeigt den hl. Dominikus, wie er aus der Hand Mariens den Rosenkranz erhält. Dieses Thema wurde gewählt als Einleitung des Rosen- kranzes, welcher nach dem Wunsd1 des Stadtpfarrers Aichinger aud1 in den noch anzuschaffenden Fenstern zur Darstellung gelangen sollte. In den untersten Feldern sind die prominentesten Steyrer aus dem Jahr 18 80 abge- bildet, welche damals den Beschluß faßten, ein Fenster zu widmen: 1. Franz Nothhaft. 59 2. Alois Vierhafer, Messersd1miedemeister in Stadtplatz Nr. 21 (konservativ). 3. Franz Emmerich Graf von Lamberg. 141 4. Franz To- mitz.110 5. Der Generaldirektor der Waffenfabriks-Gesellsd1aft, Josef Werndl. 6. Georg Arrninger, Stadtpfarrer. 49 7. Bürgerkorpskommandant Franz Pid1ler , gewesener Gastwirt, Gutsbesitzer in Stein bei Steyr. 8. Georg Pointner. 108 Pointner hat durch ein Geschenk von 100 fl die gänzliche Abzahlung des Fensters ermöglicht (1895). Das Fenster kostete bei Carl Geylings Erben 5.000 fl . 154 Durch dieses Interesse ermutigt sowie in der Annahme, weitere Private würden Fenster stiften, besd1loß der Kirchenrestaurierungsverein 1895, aus seinen eigenen Mitteln keine Fenster anzuschaffen, sondern Wohltätern Gelegenheit dazu zu gewähren. 15 5 Vom 26. bis zum 29 . August 1896 wurde das vom verstorbenen Stadt- pfarrer Aichinger im Verein mit mehreren Wohltätern gestiftete Glasgemälde an der Südseite, oberhalb des dortigen Kird1eneinganges, eingesetzt. Besan- 20

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2