85. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1967/68
Im Hintergrund findet man reidtlich viel Grün von Eichenlaub. Über der Szene ist ein Spruchband mit den Worten: Ehre und Treue. Als zweites, kleineres Bild sehen wir ganz oben den Drad1entöter St. Georg. Das Fenster ist ganz und gar patriotisch zu verstehen, wenn auch die Umrahmung mit ihrer reidtlid1en gotisierenden Architektur sakrale Stimmung aufkommen lassen will. Unten trägt das Glasgemälde die Inschrift: ,, Herr Franz Philipp Graf von Lamberg 142 Freiherr auf Ortenegg und Ottenstein k. k. Feldmar- schall-Lieutenant als außerordentlicher Comissär und Oberbefehlshaber aller Truppen zur Wahrung der Rechte der Krone zur Verhütung des drohenden Bürgerkrieges mit allerhöchster Vollmacht im September des Jahres 1848 nach Ungarn entsendet fiel in treuer Pflichterfüllung für Kaiser und Vaterland der Wuth eines mißleiteten Volkshaufens zum Opfer auf der Schiffbrücke in Pest den 28. September 1848." Das Fenster war ursprünglich für die Votivkirche in Wien bestimmt gewesen, doch wurde es dort nicht eingesetzt, da die Besorgnis laut geworden war, Ungarn möd1ten sich an der Inschrift stoßen. Auch in diesem Fenster scheint man daß Maßwerk partienweise erneuert zu haben, da sich die Steinmetzarbeiten auf über 500 fl beliefen . (Für neues Maßwerk scheint diese Summe zu niedrig gegriffen.) Die Glas- malerei kostete den Stifter 4.500 fl. 143 Aus München kam das nächste Glasgemälde. Die Mayer'sd1e königliche Hofkunstanstalt lieferte ein Fenster, das die zwei ersten Geheimnisse des schmerzhaften Rosenkranzes darstellt. Es wurde vom 29. August bis 6. Sep- tember 1892 im linken Seitenschiff über dem Dreikönigsaltar eingesetzt. Links is t die Ölbergszene, rechts die Geißelung Christi dargestellt. Besonders ins Auge fällt der düstere Hintergrund, der das Sdrnuerlich - tragische des Leidens des Herrn unterstreichen sollte. Eine am Spruchband ange- brachte Schrift nennt die Stifter des Fensters: ,, Gestiftet von den Kit1- dern Dr. Georg Ritter von Aichinger et Maria Gräfin Überacker, geborene Edle von Aichinger 144 zum Andenken an den guten Vater. 1892." Der so verewigte, auf Grund seiner Verdienste zum Ritterstand erhobene Georg Aichinger war vom 1. November 1885 145 an bis 1865 Stadtsekretär von Steyr und bis 1865 erster Kanzleidirektor und Referent der hi esigen Sparkasse, an deren Gründung er maßgeblich beteiligt war . Er widmete ab 1865 seine ganze Kraft der Kronprinz-Rudolf-Bahn, deren Generaldirektor er schließlich wurde. Er starb in Wien am 28. Oktober 1891 und wurde am 31. Oktober in Steyr begraben. 146 Farbig das wohl schreiendste Fenster ist das Werndl'sche, das die beiden Töchter des verdienstvollen Gewehrfabrikanten, Caroline Imhof1 47 und Anna Gräfin Lamberg 148 stifteten. Es ist im ersten vorderen Langhaussüd- wand-Fenster montiert. Zentral abgebildet ist die Szene vom Tod Josefs, des Nährvaters Christi. Rundherum sieht man die sieben lei blichen Werke der Barmherzigkeit als Sinnbild für den sozialen Sinn des drei Jahre vorher verstorbenen Josef Werndl, dem zum Gedenken das Fenster gewidmet ist, obwohl seine Einstellung zur Kirche trotz letzter Ölung und einer freigebigen Hand eher liberal war. Unten sind die Wappen Lamberg-Werndl und Imhof- Werndl abgebildet. Die Bilder wurden nad1 Josef Ritter von Führichs Zeich- nungen zur Nachfolge Christi gestaltet. Das von Carl Geylings Erben verfer- tigte Glasgemälde kostete die Stifter 5.500 fl. Das Maßwerk schuf Mathias Woldrich unter Verwendung von Margareten-Stein um 1.200 fl. Das Gemäl- defenster wurde vom 24. bis zum 29. Oktober 1892 eingesetzt. 149 19
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