84. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1966/67

dem Klassendurchschnitt benotet werden. Weil es viele solcher Arbeiten gibt, kann ein Professor leid1ter benoten als bei den wenigen Schularbeiten in Österreich. Diese ist die üblichste Methode, die Schularbeiten zu benoten, aber es gibt auch andere. Man bekommt viele Auszeichnungen, wenn man gute Noten hat, und viermal im Jahr wird eine Liste der besten Sdiüler, die mit sehr gut oder gut benotet sind, in der Sdiulzeitung abgedruckt. Aber wir werden nicht nur auf den Schularbeiten benotet, sondern auch auf zwei andere Weisen. Weil wir Bücher haben, müssen wir nicht während des Unterrichtes den Stoff aufsdireiben, sondern wir besprechen, was wir schon gelesen haben, und der Professor gibt uns die Möglichkeit, viele Fragen zu stellen und unsere eige- nen Ideen mitzuteilen. Wenn wir viel reden, bekommen wir bessere Noten . Der meiste Stoff behandelt Fragen, Tatsachen und Probleme unserer Zeit. In solchen Gegenständen, wie Gesdiidite und amerikanische Literatur, müssen wir zweimal im Jahr „term papers " schreiben. Das sind Aufsätze, ungefähr zehn masdiingesdiriebene Seiten, mit einem Auszug, und mit kleinen No- tizen, so daß wir eine Redeübung darüber halten können. Man muß viele Zeit in der Bücherei bleiben, weil man wenigstens fünf Bücher außer dem Lexikon verwenden muß. Gewöhnlich darf man selbst das Thema wählen. Zum Schluß unseres Schullebens haben wir keine riditige Matura, aber wenn man die Universität besuchen will, muß man eine kleine Prüfung ablegen. Wir bekommen Diplome während einer großen Feier nach der achten Klasse. (Di e Schule fängt mit dem Kindergarten an, und nadiher folgen sechs Jahre Volks- schule, Grade Sdiool, dann kommen drei Jahre Mittelschule, Junior High School, und nodi drei Jahre Mittelsdrnle, Senior High Sdiool.) Ich habe lange überlegt, ob die Schule in Österreich sdiwerer ist als in Amerika, aber ich ka1m es nidit entscheiden, weil die beiden so völlig verschieden voneinander sind. In Österreich hat man aber nodi etwas sehr Gescheites entdeckt. Das heißt „Tanzsdiule ", und so etwas gibt's nämlidi bei uns nicht. Das ist schade, denn soldie lustigen und sdiönen Abenteuer habe ich nie vorher erlebt! Im Anfang war idi wie ein Affe, der alles nadiahmen mußte, weil id1 den Tanzlehrer einfach nid1t verstehen konnte. Endlid1 ging es besser, und bald wurde der Wiener Walzer mein Lieblingstanz. Außerdem habe idi gelernt, wie schnell Schuhe sdimutzig werden können, daß ein enger Rock ni e prak- tisch ist, und daß der männlidie Partner immer recht hat! Ich war erst ersdirocken, als idi sah, wie oft die österreidiisdien Bursdien rauchen. Das ist bei uns zu Hause sehr streng, und wir dürfen erst mit 18 Jahren raud1en und mit 21 Jahren trinken. Aber die Freiheit in diesen Samen hat mir ge- zeigt, daß es infolgedessen kein Versteckenspielen gibt. Die österreidiische Jugend hat überhaupt sehr viele Möglidikeiten, die Freiheit zu gestalten . Meine sdiönsten Erinnerungen an Österreidi bestehen aus lieben „Ha nsel - und-Gretel" -Häusern (die Einfamilienhäuser), hohen Bergen, alten historisdien Gebäuden, sdimalen Straßen und kleinen Autos dazu, Cafehäusern und köst- lidien Torten. Meine Lieblingsspeise in Österreidi ist Wiener Sdmitzel und Sadiertorte mit Sdilagobers. Die Kleider haben mir auch gefallen, besonders die Dirndlkleider und die Wetterflecke. Sehr lustig fand id1 aud1 die Sdiul- taschen, die Sdiulbänke mit zwei Mäddien, die ganze 6. B-Klasse. Die Blauheit des Himmels in Südtirol, die größten Feiern (Weihnachten, Silvester und 29

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