84. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1966/67

weise - Ohrenzeugen. Wir hatten Einsehen, wenn er Schlamperei, Faulheit, Starrsinn und andere Fehler konsequent verfolgte, denn auch junge Schüler haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Aber auch „unser Pepi" hatte volles Verständnis für das, was nur dem Übermut der Jugend entsprang. So manchen Brocken, an dem wir deshalb hätten würgen sollen, hat er vorher fein säuberlid1 zerkleinert. · Da wir acht Jahre lang „seine Klasse" waren, hatten wir ein starkes Zu- sammengehörigkeitsgefühl gewonnen. Bei Wandertagen aber, die immer ein wahres Erlebnis waren, hatten wir aus der Ungezwungenheit der Situation heraus eher Gelegenheit, uns besser kennen zu lernen. Wir lernten seine umfassende Allgemeinbildung bei ernsten Diskus- sionen ebenso schätzen wie seinen heiteren Lebenssinn. Und da es ihm nicht recht war, daß „seine Klasse" kaum gemeinsame Lieder kannte, brachte er selbst uns viele bei. Studentenlieder meist, und ins Mathematik-Heft diktiert! Wir haben sie oft noch gemeinsam gesungen, auch als wir schon längst im Beruf oder an der Hochschule waren und uns gelegentlich zu altvertrauter Runde in Steyr zusammenfanden. Denn jedes Jahr inszenierten wir eine Art ., Maturafeier", und als Prof. Luka schon längst nach Linz übersiedelt war, war er ausnahmslos mit dabei. Er freute sich ehrlich, daß wir alle uns eine erstrebenswerte Existenz aufbauten, genau so, wie seine Freude über unseren relativ guten Maturaerfolg echt gewesen war. Und es war uns ein Beweis seiner Verbundenheit, daß er uns auch nach unserer Schulzeit mit dem altvertrauten, herzlichen DU ansprach. Prof. Luka war ein Mensch, und er wußte, welche Enttäuschungen und Unannehmlichkeiten das Leben bringen kann. Trotzdem war es kein Oppor- tunist und auch kein Leisetreter geworden, sondern war stets ein Idealist, doch einer, der sehr realistisch sah. Wir wollen hier einige Worte, die er uns in die Maturazeitung schrieb, wiedergeben, denn sie kennzeichnen seine Linie: „Hinaus aus dem Kerker in die Freiheit - so ungefähr fühlt jeder junge Mensch das - und sicher auch ihr. Von Tatendrang erfüllt, steuert ihr euer Lebensschiff hinaus auf die offene See, setzt alle eure Ideale als Segel und hofft nun, wirklich das Land eurer Träume zu erreid1en. Doch bald werdet ihr bemerken, daß der Sturmwind eure Segel zerfetzt und ihr Gefahr lauft, an Klippen zu zerschellen, die oft tückisch unter der Oberfläche verborgen sind. Erschreckt schaut ihr euch nach Helfern um - und ihr werdet meist erkennen müssen, daß ihr allein auf hoher See seid oder daß eure Freunde, mit dem gleichen Sturme ringend, euch nicht helfen können. Laßt euch aber dadurch nicht entmutigen! Werft eure Ideale nicht als unnützen Ballast über Bord! Steuert euer Schiff mit eigener Kraft durch die stürmende See und ihr werdet, wenn aud1 nicht das Land eurer Träume, so doch eine rettende Küste, und sei es auch nur eine kleine Insel, erreichen. Der eignen Kraft vertrauen - sei euer Leitstern! Er wird auch in der schwärzesten Nacht euch leuchten. Ich kann euch keinen besseren Kom- paß geben!" Fast zwölf Jahre sind seit damals vergangen. Wir haben unsere Ideale nicht über Bord geworfen, wir messen noch nach ihnen. Wir sind zwar inzwi- schen hinausgetreten ins stürmische Leben, wir haben gesehen, daß nicht alles 17

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