82. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1964/65

Die Erreichung dieser Ziele erfolgt in zwei Stufen: Auf der Unterstufe gehen wir von Beobachtungen der Schüler in der Natur und von einfachen Versuchen aus, um so ein Verständnis für Naturvorgänge anzubahnen. Die Schüler bringen schon eine Menge von Kenntnissen mit und folgen mit großem Interesse, wenn von den Maschinen die Rede ist, wenn die Grundtatsachen der Elektrizität behan· delt werden oder wenn gar von Raketen, von Raumfahrt und Atomenergie gesprochen wird. Zu den wichtigsten Aufgaben des Unterrichtes auf der Unterstufe gehört die Anbahnung des Verständnisses für die Zusammenhänge innerhalb der Naturersd1einungen und für die Ausnützung der Naturkräfte im praktischen Leben. Mit der Behandlung der verschiedenen Teilgebiete der Physik ist notwendig ein Einblick in die Arbeitsgebiete verschiedener gewerblicher und tedmischer Berufe sowie in heimische Arbeitsstätten - E-Werke, Autoindustrie, Glasindustrie, Fabrikationen von Glühlampen und dergleichen - verbunden und damit auch eine erste Berufsberatung. Dies ist deswegen von Bedeutung, weil ein Teil unserer Schüler mit der Unterstufe die Schulbildung absdiließt. Für Mädchen ergibt sich an vielen Stellen ein Einblick in das Arbeitsgebiet der Hausfrau sowie Hinweise auf die Beziehungen der gewerblidien und technischen Berufsarbeit zur Hausarbeit. Zum Unterstufen-Unterridit noch eine Bemerkung: viele Buben beginnen gerade in diesem Alter selbst zu experimentieren, vielfach angeregt durch den Unterricht. So lobenswert dieser Eifer im Interesse der naturwissenschaftlichen Ausbildung auch sein mag, birgt er doch auch große Gefahren, wie sie etwa das Hantieren mit explosiven Stoffen oder mit dem elektrischen Strom mit sich bringt. Es ist erschütternd, wenn man Jahr für Jahr in den Zeitungen von den schweren Unfällen liest, die durch Versuche von Kindern hervorgerufen werden. Auch an unserer Anstalt hatten wir bereits eine Reihe solcher Unfälle, die eine lange Spitalsbehandlung erforderlich machten. Für die Lehrer und für die Eltern ergibt sich daraus die Verpflichtung, aufklärend und warnend einzugreifen und die Buben immer wieder auf diese Gefahren hinzuweisen. Auch auf der Oberstufe wird der Unterricht zunächst an die eigene Erfahrung des Schülers anknüpfen, denn der Ausgangspunkt für die physikalische Erforschung der Natur sind die Erfahrungstatsachen. Ursprünglich wurden diese durch Beobachtung von Vorgängen gewonnen, die ohne menschliches Zutun in der Natur ablaufen. Einzelne Naturwissenschaften, wie Astronomie und Meteorologie, sind auch heute noch überwiegend auf diese Art der Gewinnung von Erfahrungstatsachen angewiesen, ihr Arbeitsraum ist das Observatorium. Durch die Schulung in der Beobachtung werden die Schüler zu einer exakten und kritischen Beurteilung erzogen. Die Physik ist - vor allem seit Galilei, Kepler und Newton - einen Schritt weiter gegangen, indem sie Naturvorgänge künstlich und planmäßig hervorruft. um hieran den Ablauf der Erscheinungen unter ganz bestimmten Umständen zu beobachten, sie stellt eine Frage an die Natur. Ein solches Verfahren hat den Vorteil, daß an die Stelle der meist sehr verwickelten und nur schwer überschaubaren Naturvorgänge vereinfachte und übersichtlichere Vorgänge treten, welche die grundlegenden Zusammenhänge leichter zu erkennen gestatten. Das Experiment nimmt daher im Unterricht - wie auch in der Forschung - eine zentrale Stellung ein. Es genügt aber auf der Oberstufe nicht mehr, bloß den Ablauf eines Versuches zu betrachten, es müssen auch bestimmte Größen (Längen, 2G

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