82. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1964/65

über das Tauschgeschäft mit Behamberg und Garsten ist vor 1220 gefälscht worden,’7) doch ist an der Echtheit der zugrundeliegenden Handlung nicht zu zweifeln. Nicht zu zweifeln ist auch daran, daß die Siedlung schon damals, um 1082, urbs — befestigte Ansiedlung — war, wenn auch die Bezeichnungen — villa, inercatus, forum, burgum, urbs, civitas — allgemein gesprochen durcheinander gehen. Mit urbs wird Steyr noch im beginnenden 13. Jahrhundert bezeichnet: um 1170,’B) 1192,”) 1213.,0°) 1252, nachdem es den allgemeinen Aufschwung des Städtewesens mitgemacht hatte, scheint es erstmals als civi- tas’01) auf. In otakarischer Zeit blieb die Stadt, verglichen mit ihrer späteren Größe, doch noch recht klein, wenn auch Preuenhueber102) erwähnt, daß Steyr schon in otakarischer Zeit eine „ziembliche Stadt" gewesen sei. Die Anfänge und die zeitliche Erstreckung der Beteiligung von Ministerialen am Leben der Siedlung und ihre Entwicklung in eine „Gemain der Ritter zu Steyr“, die wir 13O5103) fassen können, sowie ihre Stellung im sozialen Gefüge der Siedlung Steyr vermögen wir nicht darzustellen, da die Quellen zu diesem Problem104) erst einer Erforschung bedürfen.105) Als Stirapurhc zum ersten Mal in die Geschichte eintrat, gehörte die Siedlung kirchlich zum 10 km westwärts gelegenen Sierning. Der große Altpfarrsprengel dieses Ortes läßt die Bedeutung dieser vielleicht von Passau gegründeten Stephanspfarre erkennen: „Von seinem Stammgebiet im Traungau, wo er bis zur Enns reichte, erstreckte er sich in der Folge tief in den karantanischen Raum hinein, was . . . durch die Aufzeichnung über die Mistelbacher Synode erstmals bezeugt ist.“106) Sierninger Filialen sind Wolfern, Dietach und Garsten,107) von denen die zwei letzteren ebenfalls eine Rolle in Steyrs Anfängen spielten. Die untere Steyr erscheint 108 8 als Südgrenze der Pfarre Dietach, die damals im Tauschweg von Passau an Markgraf Otakar überging (siehe oben; Anm. 97). Unter Bischof Altmann von Passau (1065 — 1091) löste sich eine Pfarre Garsten von Sierning,108) welche sich 1082 westlich der Enns zwischen dem Enns- und südlich des Steyrflusses bis zum Rettenbach südlich des Sensengebirges erstreckte.10’) Am Ende des 11. Jahrhunderts war also die pfarr- liche Zugehörigkeit des Innenstadtbereiches eine andere als die von Steyrdorf. Wahrscheinlich unterstand Garsten auch von Anfang an das Gebiet bis etwa ’’) Oskar Mitis, Studien zum älteren Österreich. Urkundenwesen (1906/1912), ' S. 141 ff. ’8) Urkb. d. Landes ob der Enns II (Wien 1856), S. 344. ”) Urkb. d. Landes ob der Enns II (Wien 1856), S. 433. ’°°) Llrkb. d. Landes ob der Enns II (Wien 1856), S. 574. ’01) Urkb. d. Landes ob der Enns III (Wien 1862), S. 184 f. ’02) Preuenhueber, Amiales (Anm. 1), S. 13. 103) Urkb. d. Landes ob der Enns IV (Wien 1867), S. 478. 104) Gärstner Traditionen, Urkb. d. Landes ob der Enns I (Wien 1852). 10s) Beiträge zur Frage der otakarisdien Ministerialen läßt die noch unvollendete Wiener phil. Dissertation G. Bertholds erwarten. ’06) Pfeffer, Land ob der Enns (Anm. 5), S. 81 f. 107) Pfeffer, Land ob der Enns (Anm. 5), S. 81. 10S) Josef Wodka, Kirche in Österreich (Wien 1959), S. 67. 10’) Pfeffer, Land ob der Enns (Anm. 5), S. 81. 19

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2