82. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1964/65

Siedlung (auf einer Anhöhe)“ nicht zu trennen: Daher bedeutet das englische „bury“ soviel wie „Stadt"; das etymologisch identische „Burg“ bezeichnet in der Karolinger- und Ottonenzeit noch die primitive Form einer durch Lage und Befestigung geschützten Stellung, nicht nur einen befestigten Herrensitz. Das Wiederaufleben des Handels seit der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts gab den Anstoß zum Strukturwandel der burga; neben der Wehrbedeutung eines Platzes trat allmählich die Handelsbedeutung hervor. Die Burg hat nun eine Ansiedelung begünstigt, eine Burgsiedlung, die den Namen des befestigten Platzes übernahm und nun ebenfalls Steyrburg hieß. Damals zog man die Anhöhe der Niederung vor; man baute die Häuser, wenn es ging, nicht in unterster Tallage: Lorch wurde aufgegeben und statt seiner eine Siedlung auf dem Ennsberg geschaffen. Linz zog sich auf die Anhöhe um die Burg zurück. Der älteste Teil der Stadt Krems entspricht geländemäßig der Terrasse, auf welcher die Steyrburg erbaut wurde. Daher konnte A. Klaar folgende Meinung bezüglich der ältesten Siedlung im Bereich der Innenstadt äußern:73) Im Bereich, der nach Südwesten an die Burg anschließt, vielleicht sogar im heutigen Schloßpark, ist eine älteste abgekommene Siedlung zu vermuten. Die andersgearteten Erosionsverhältnisse vor ca. 1000 Jahren ließen das Gebiet der Enge hochwassergefährdeter sein als es in der heutigen Zeit ist. J. Ofner gibt an,74) das Wohngebiet der Dienstmannen der Otakare im Bereich der Hofgasse (nördlicher Teil der Berggasse) und der unteren Enge am linken Ennsufer könnte als der älteste Teil der inneren Stadt angesehen werden. Wir dürfen die Möglichkeit aufzeigen, durch künftige archivalische Funde die Art der Häuser und ihres Zusammenstehens im Bereich des Gefangenenhauses und der Bergschule zu erschließen. Klaars Meinung widerspricht der verbreiteten Ansicht, die Enge sei der älteste besiedelte Teil der Stadt. Dies hatte besonders F. Berndt75) vertreten. Preuenhueber gibt an, daß sich bei der „anmuthigen, lieblichen Gelegenheit . . . eine Menge Volcks nach und nach niedergelassen, welche anfangen ihre Häuser und Wohnungen zu bauen, und wie aus den alten Briefen abzunehmen, so seyn anfänglich die Häuser vom Schloß um den Berg herum, folgends die Ober-Zeill in der Stadt gebauet."76) Hat sich der Typus einer hochgelegenen Burgsiedlung in Steyr befunden, so ist diese jedenfalls bald in den Bereich unterhalb der Burg gestiegen. Überdies war man hier, um die Enge, herrlich geschützt. Im Westen schirmte die Burg, im Norden das (befestigte?) Zwischenbrücken, im Osten die Enns. Im Süden konnte man sich durch eine kurze Verteidigungslinie gegen das Gelände absichern. F. Berndt will einen Mauerzug nachgewiesen haben, der eine frühe ”) Mündl. Mist. A. Klaar. ") Josef Ofner, Die Eisenstadt Steyr (Steyr 1965), S. 17. ’5) Friedrich Berndt, Die bauliche Entwicklung der Stadt Steyr. Ms. Stadtarchiv Steyr Nr. 346, o. Jahresangabe. 7‘) Preuenhueber, Annales (Anm. 1), S. 6. 15

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