80. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1962/63

gen viel dazu bei, den Herrschaftscharakter des Arbeitsverhältnisses zu mildern. Ganz beseitigt wird er selbstverständlich dadurch nicht. Dieser Tatsache trägt ein weiterer Grundsatz Redrnung. den die Lehre entwickelt und die J udikatur bereits zum Teil übernommen hat. Es handelt sich um die Pflicht des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer im Betrieb g I e i c h zu b eh an de In. Diese Lehre geht von, den Arten der Gerechtigkeit aus, die Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik beschreibt. Bekannt! ich unterscheidet er zwischen der iustitia commutativa, der ausgleichenden Gerechtigkeit, die zwischen zwei gleichrangigen Part· nern, also besonders beim Vertragsverhältnis maßgebend sein soll, und der iustitia distri'butiva, der austeilenden Gerechtigkeit, die überall dort zu beachten ist, wo ein Verhältnis der Über- und Unterordnung, eine Herrschaftsbeziehung also, besteht. Obwohl das Arbeitsverhältnis - juristisch gesehen - auf einem Vertrag, auf dem Austausch, von Leistunge11 beruht (Element der Kommutation), soll nach der Gleichbeh:mdlungslchrc der Arbeitge'bcr in seiner Eigenschaft als Verfügungsberechtigter einer Gruppe von weisungsgebundenen Arbeitnehmern gegenüber auch die Grundsätze des gerechten Zuteilens beachten und z. B. bei sozialen Zuwendungen keinen seiner Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund davon ausschließen. IIJ. In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle, in denen ein Arbeitsverhältnis begründet wird, tritt der Arbeitnehmer in einen 13 e t rieb ein. Er kommt damit in Rechtsbeziehung zum Be• triebsinhaber, der mit der alleinigen Verfügungsgewalt über die Betriebsmittel und über eine Vielzahl von Personen (Belegschaft) ausgestattet ist. Unter diese Gewalt begibt sich nun der neu cin34 tretende Arbeitnehmer. Er gerät dabei nicht bloß in eine singuläre Herrschaftsbeziehung zum Atbeitgeber (wie unter II. dargestellt), sondern in einen ganzen Herr s c h a f t s b er e i c h, der, wenn man die Parallele zum Staat zieht, in der Zeit vor der Schaffung einer gesetzlichen Betriebsverfassung (das ist in Österreich vor 1919) mit einer absoluten Monarchie vergleid1bar ist. Die Situation wurde entscheidend durch die E i n f ü h r u n g v o n B e t r i e b s r ä t e n geändert. Man stattete die Belegschaft mit einer Reihe von Mitspracherechten aus, gab ihr Vertretungsorgane (Betriebsräte) zur Ausübung dieser Befugnisse und machte damit aus dem absoluten ein k o n - s t i tu t i o n e I l e s Reg i m e. Der Arbeitnehmer ist nicht mehr 'bloßer Untertan im Betrieb, der passiv die Maßnahmen der Betriebsführung hinzunch· men hat, sondern Mitarbeiter und - um beim staatsrechtlichen Vergleich zu bleiben - mit bestimmten Rechten ausgestatteter Betriebsbürger, der durch den frei gewiihlten Betriebsrat an der Führung und Verwaltung des Betriebe~ teilnimmt. Die· se Teilnahme bezieht sich vor allem auf personal· und sozialpolitische Fragen, in geringem Maße aber auch auf wirtschaftliche Angelegenheiten. Freilid1 ist es nid1t immer echte Mitbestimmung, d. h. gleichberechtigte Mitentscheidungsbefugnis, die der Belegschaft vom Gesetz eingeräumt wird, und ganz sicher wird an der alleinverantwortlichen Führung des Betriebes durd1 den Betriebsinhaber im Grunde nichts geiindert. Daher ist auch das Wort von der Betriebsdemokratie, soweit es in diesem Zusammenhang gebraucht wird, in das Reich der Sd1lagwörter und Parolen zu verweisen. Eine Demokratisierung der Betriebsführung wird im Rahmen des Rctricbsvcrfassungsrcchtcs :1ttch gar nicht angc·

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