All das werden auch heute in Steyr lebende Leser herausfinden können. Anders aber steht es mit der Vorliebe Handel-Mazzettis, in scherzhafter Weise Steyrer Bürger oder Personen ihrer Zeit in ihren Werken festzuhalten, eine Art Montage, so wie etwa Maler ihnen bekannte oder berühmte Personen ihrer Zeit auf ihren Bildern anbrad1ten oder zuweilen auch sich selber darstellten. Solche Selbstdarstellung ist nun bei Handel-Mazzetti in direkter Art nicht zu finden, indirekt natürlich wohl. aber nur so, wie das eben bei jedem Künstler der Fall ist. Ihre weiblichen Gestalten, vor allem ihre Mädchenfiguren, sind alle übersteigert, sind Idealgestalten, vielfach klösterlicher Ausbildung und Erziehung und verkörpern ihr Frauenideal. Aber einige Zeitgenossen, die von der Verfasserin in das historische Geschehen projiziert werden. seien au; eigener Jugenderinnerung angeführt, ehe sie ganz in Vergessenheit geraten. Sie sind nicht nur Modelle für Nebenfiguren. wie solche Handel-Mazzctti mehrfach verwandte,36 ) sondern werden wie selbstversti:indlich eingefügt. So schiebt bei der Aufführung des Spieles „Von den Sti:inden'' des Prädikanten Mauritius der neue Lehrer am Steyrcr Gymnasium Augustinus Ricner eine ganz neue Szene ein, ,,ein großer Dichter vor dem Herrn. auf Deutsd1 und Latcin".37 ) Aug-ust Ricner ( 1 tlL, 7 bis 1915) war Strafhauslehrer in Garsten und sdirieb unter anderem zwei Theaterstücke : ..Der Schelm von Bergen" und „Die Himmelspförtnerin''. die beide in Steyr aufgeführt wurden.38 ) Der Organist Kirchperger Johann (II. 200) erinnert an eine bekannte Steyrer Persönlichkeit. Pfeffer!, ein reicher Patrizier von Steyr (IIT, 27 ; I, 240) ist der Namensvetter eines bekannten Steyrer Bürgers. Der Sdineider Vög-erl (1. 27,, 277; lll. H) war wirklich 26 Schneidermeister und hatte sei11e Werkstatt in den Sparkassahäusern hinter dem Werndldenkmal. Der Fleischhauer am Neutor (1, 240) bestand audi zur Zeit Handel-Mazzettis noch (Derflinger). Der Name des reichen Patriziers Adler lebte in einer Familie in der Berggasse weiter.39 ) Das Amorthaus, einem reichen Eisenhändler gehörig (Stadtplatz 14) zählt zu den sdiönsten des Platzes. Der Tisdilermeister und Gärtner Jaunisch, der sein.en wohlgepflegten und genutzten Garten in der Neuschönau besaß, wird zum Schloßgärtner erhoben (I, 272), Julius Gsdiaider, Bürgermeister von Steyr, wird zum protestantischen Viertelsmeister von Steyrdorf gemacht (lll, 521, 535), während der Mesner Auinger von der Vorstadtpfarre Mesner bleibt (1. 292). Der Zuckerbäcker Kollmann in der Engegasse wird zum Stadtschreiber befördert (1, 314), und manche Namen wie Fürthaller, Kranzmayr (1, 381, 31) sind der Zeitgenossenschaft ebenso verdäditig wie Kammerhofer ihrer überwiesen ist. Strobl ([, 31) hiei3 ein Stadtpfarrer und Kanonikus von Steyr. Fux (1, 31) ein Bt"a111ter. Doch können manche dieser Namen auch wirklich historisch sein. So war ein Basilius Kammerhofer' Prediger von Aflenz in der Steiermark.40 ) Jedenfalls hat Handel-Mazzetti Namen von Personen ihrer Zeit und Umgebung 'benützt, ihre Träger teils mit ihren wirklid1en Berufen verwertet, teils sie in andere überführt. Ihr machte das ein besonderes Vergnügen, sich solch kleine Sd1erze zu erlauben. Man findet auch in ihren anderen Romanen dafür Belege. Nur nodi einige Beispiele. Nothaft (St. Sd1w. II. 71) hieß ein Steyrer Geschäftsmann, langjähriger Gemeinderat und Vizebiirgermeister in der Enge Gasse (eigentlich: Franz Nothhaft). In der „Armen Margaret" (218) holt sich Zcttl beim Bäcker Berthold Lintl in der
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