80. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1962/63

EMIL FLATZ Ein Gedenken und ein Dank Zu Beginn unseres Jahrhunderts war die alte Eisenstadt Steyr schon lange zu einer modernen Eisenstadt geworden. Die von Josef Wemdl gegründete Waffenfabrik war damals, wie heute die SteyrWerke, das größte Werk der Eisen verarbeitenden Industrie Österreichs. Immer wieder sah man Offiziere in fremden Unifonnen, die die weltweiten Beziehungen des großen Werkes erkennen ließen. Das prächtige Denkmal vor der Promenade zeigt den großen Mann, dem man es ansah, daß er seinen At'bcitern ein wahrer Vater gewesen war. Obwohl er schon über ein Jahrzehnt tot war, stand sein Andenken in hohen Ehren. Allerlei Histörchen waren im Umlauf über die hohen Löhne, die er seinen Arbeitern hatte zukommen lassen. Er war nicht nur der österreichische Waffenschmied, sondern aud1 der österreichische Pionier der Massenfertigung, deren Maschinen und Methoden er aus Amerika einführte. Kurz und gut, in Steyr zeigte sich die moderne Industriewelt sehr früh und von ihrer besten Seite. Eine Marmortafel am Hause neben der Dominikanerkirche verkündete aber, daß in der alten Eisenstadt noch ein zweiter, vielleicht noch größerer Pionier der Technik zu11 Welt gekommen war, Ferdinand Redtenbacher, der Begründer des wissenschaftlichen Maschinenbaues. Mit Ergriffenheit las ich immer wieder diese Inschrift; sie erfüllte mich mit Stolz auf die Stadt, die diesen großen Sohn der Welt geschenkt hatte, mit Ehrfurcht vor dem in Steyr so unbekannten Mann und vor der durch ihn zur Wissenschaft gewordenen Maschinentechnik. Jahrzehnte später habe ich erst Einblick 'bekommen in das Leben Ferdinand Redtenbachers. Die Ausstrahlung seines Wirkens in Karlsruhe war so stark. über alle deutschen Lande hinaus, daß er vielleicht ein wenig dazu beigetragen hat, den Wunsch seiner Vaterstadt nach einer Realschule und Oberrealschule in Erfüllung zu bringen. Ferdinand Redtenbacher ist vor 100 Jahren gestorben; ein Grund mehr, am 100. Geburtstag der „Realschule" seiner zu gedenken. Er ist der Sproß einer alten Steyrer Eisenhändlerfamilie (1809), wird mit 11 Jahren Kaufmannslehrling, mit 14 Jahren Zeichner am k. k. Bauamt in Linz, mit 16 Jahren, vorbereitet durch Sel'bststudium, Hörer an der Technischen Hochschule in Wien, mit 20 Jahren Assistent am Lehrstuhl für Mechanik, mit 24 Jahren Dozent für angewandte Mathematik am Polytechnikum in Zürich und hei19

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