79. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1961/62

zu, das unter Theoderich dem Großen - in der Sage Dietrich von Bern - in Verona (Bern) seinen Mittelpunkt hatte (5. Jahrhundert), während das Herzogtum Trient dem Langobardenreich (Lombardei = Langobardei) zuge- hörte. Im Jahre 769 - also früher als Kremsmünster - wurde bei der Be- siedlung des Pustertales vor den andrängenden Slaven das Kloster Innichen gegründet, und um 680 ist in Bozen ein bayrischer Graf nachgewiesen. Der mächtige Strom bajuwarischer Siedler war von 600 an in den Raum von Tirol und Südtirol geflossen, und die Baiern besiedelten nun zusammen mit den Räte-Romanen das Gebi et; sie rodeten die Hänge, entsumpften die Täler, legten Kulturen an und vermischten sich mit den Räte-Romanen. Da- her unterscheiden sich heute di e Tiroler somatisch, in der Haarfarbe und in anderen Punkten im allgemeinen von den Bayern. 1n den Hochtälern blieben di e Räte-Romanen meist unter sich, und so können wir in den Ladinern Südtirols wie in den Bewohnern Graubündens di e Nachkommen der Räte-Romanen erblicken. Heute noch wohnen die Ladiner, etwa 12.000 Menschen, di el sich nicht als Italiener bekennen, son- dern mit den Deutschen in Südtirol verbunden fühlen, in den Tälern um den Sellastock, also im oberen Grödental, im Gardertal, im Fassatal und im Bu- chenstein bis Cortina d' Ampezzo, wo sie aber vielfach in den Italienern aufgegangen und nur mehr sporadisch anzutreffen sind. Im Jahre 1027 wurden die Grafschaften im Etsch-, Eisack- und Inntal den Bischöfen von Brixen und Trient übertragen, die deutsche Reichsfürsten waren. Sie belehnten nun weltliche Herren mit diesen Gebieten, und die Gra- fen von Tirol, die aus dem Vinschgau kommend das Schloß Tirol bei Meran ausbauten und zu ihrem Stammsitz machten, vereinigten im 13. Jahrhundert die verschiedenen Grafschaften zum Land Tirol unter einheitlicher Verwal- tung. Von diesen Grafen hat das Land Tirol nach dem Stammschloß sei- nen Namen erhalten. Im Jahre 13 6 3 wurde durch Erbschaftsvertrag die nun geeinte gefürstete Grafschaft Tirol vom Hause Habsburg erworben, und zwar bis zur Salurner Klause . Um das 15. Jahrhundert reichte die deutsche geschlossene Siedlung bis zur Mündung des Elveys (Avisio) ca. 15 km nördlich von Trient, und in Sprachinseln bis zur Burg Persen (Pergine) im Suganertal, bis zu den Sieben und Dreizehn Gemeinden und bis an die Südabhänge der Alpen vor Verona. Unter kleineren wechselnden Verschiebungen der Sprachgrenze blieb es so bis ins 18. und 19 . Jahrhundert, da die großzügigen Meliorationen an der Etsch unter Maria Theresia den Siedlungsraum festigten ; es wurden auch neue Straßen angelegt, wie etwa die berühmten Straßen auf die Mendel und durch die Dolomiten, herauf bis zum Ersten Weltkrieg. 1918 wurde Südtirol durch die Besetzung durch Italien aus dem einheitlichen Raum von Nord- und Osttirol herausgerissen und durch den Friedensvertrag von St. Germain (10 . September 1918) von Österreich getrennt. Von 600 n. Chr. bis 1918 ein einheitliches Land, vom deutschen Ele- ment besiedelt, gerodet und kultiviert, steht nun dieses Südtirol im Ringen um seine Selbständigkeit im italienischen Staatsverband und um seinen efhnischen Bestand. 7

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