79. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1961/62
Ist schon das Heim schön, so ist seine Lage geradezu herrlid1 zu nen- nen. Es wurde von 14 Objekten, die dafür in Südtirol besichtigt wurden, eben wegen seiner Lage ausgewählt. Aus dem üppigen Fruchtgarten der Etschniederung erhebt sich beim Orte Auer eine Porphyraufwölbung, der Burgberg, an dessen Südosthang das Heim liegt , gegen das Pfarrdorf Montan zu, hinter dem der bewaldete Cislon aufragt. Die Landschaft um das Heim ist ganz eigenartig. Fast ganz um das Heim herum ist dürftiges Weideland mit kargem Graswuchs, aus dem immer wieder das nackte Gestein ansteht, auf dem Gesteinsbrocken und -blöcke umherliegen. Hier weiden die Hirten von Montan Rinder, Pferde, Sdrnfe und Ziegen. Wacholder, Flaumeichen und Zwergformen anderer Bäume und Sträucher bedecken, ebenfalls spärlich, die Hänge des Burgberges und die weitere Ober- fläd1e dieser Aufwölbung. An einer Seite des Heimes aber dehnt sid1 ein Weingarten, in dem aud1 Obstbäume stehen (Mischkultur) , bis dicht an · das Heim heran aus und verleiht der Landsdrnft, in der man nachts viele Nachtigallen schlagen hört, noch jenen Zug, der wohl mit dazu beitrug, diese hierorts einmalige Gegend „Neu-Griechenland" zu nennen. Von großem geschichtlichem Interesse ist der Burgberg, der als raeto- romanische Siedlungsstätte über dem einst versumpften, malariaverseuchten Etschtalboden angesehen wird. Reste von Wohnstätten, eines Fruchtbarkeits- steines, einer Kinderopferstätte und eines Tempels kann man dort noch finden. Zur Zeit der Römer war der Burgberg sicherlich auch befestigt. Es war vielleicht die Militärstation Endide, wovon etwa der Name des Schlosses Enn oberhalb Montan hergeleitet werden kann. In dem Castell auf dem Burgberg soll um 100 v. Chr. ein Friedensvertrag zwischen den Kimbern und Römern geschlossen worden sein. Hier auch ein Wort über den Namen Kastelfeder. Um 300 n. Chr. haben die Römer den Limes zurückverlegt und nur mehri einzelne Castelle gehalten, die miteinander „federati" = verbündet, vereinigt waren. Demnach soll Kastelfeder von „castelli federati" stammen. Dem Verfasser dieser Zei- len scheint diese Etymologie nicht zutreffend zu sein. Vielmehr ist er der Meinung, daß Castelfeder - in Südtirol mit C gesd1rieben - von castellum vetus abzuleiten ist, und das besonders aus zwei Gründen. In Vorarlberg gibt es in der Gegend von Marul, Gemeinde Raggal, ein „Staffelfeder" und ein „Staffelnov". Staffelfeder und Staffelnov - stabulum, Stall - bezeichnen Almen, in Vorarlberg: Alpen. Also: stabulum vetus und stabulum novum, heute allerdings nur mehr die Bezeichnung von Almen. Vielleicht muß hier auch die Lage erwähnt werden: Staffelfeder, die älteren Almen, liegen un- ten, Staffelnov, die in jüngerer Zeit angelegten Almen, liegen oben, und so ist es auch bei Kastelfeder. Dieses liegt weiter unten gegen den Talboden zu, das jüngere Schloß Enn liegt höher oben. Der zweite Beleg scheint ihm darin gegeben, daß in der Nähe von Kastelfeder eine jüngere Burg- anlage da ist, und zwar das schon erwähnte Schloß Enn, das allerdings nicht Castelnov bezeichnet wird. Aber auch aus sprachlichen Gründen erscheint die Ableitung von vetus näherliegend. Während der Völkerwanderung wurde Kastelfeder zerstört und sd1eint später als bajuwarische Siedlung, etwa 600 n. Chr.. wieder auf. Im Mittel- 4
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