79. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1961/62

Auch aus dem Wald ergeben sich gute Einnahmen. Da Bodenschätze so gut wie nicht vorhanden sind - weißer Marmor in Laas (Vinschgau) und Porphyrwerke (schon erwähnt) - , ist Südtirol sehr stark auf den fremden• verkehr angewiesen. Die Angaben der Bozener Handelskammer Ende Mai 1962 besagen, daß jetzt ca. 44.000 Betten in der Hotellerie und dazu rund 30.000 Privatunterkünfte zur Verfügung stehen. In den Beherbergungs- betrieben Südtirols ist ein Kapital von schätzungsweise 30 Milliarden Lire investiert ·- eine weitere Investition wird gefordert -, während der Jahres- umsatz des Fremdenverkehrs in Südtirol auf 17 Milliarden geschätzt wird. , Rund 15.000 Südtiroler deutscher Zunge sind im Gastgewerbe tätig, und man hofft, hier fürderhin die weichenden Bergbauernkinder besser unter- bringen zu können, denn - und nun kommt das Kapitel Industrie in Süd- tirol - unter 30.000 Industriearbeitern sind nur 4000 deutschsprachige Süd- tiroler zu finden, da man sie bis vor kurzem nicht angestellt hat. Nach dem Programm des Parteiideologen des Faschismus, Prof. Ettore Tolomei aus dem Jahre 1923, war eine ltalianisierung Südtirols nur dadurch möglich, daß Italien im Raume von Südtirol Industrien errichtete und dafür Reichsitaliener heraufsiedelte. Das ist die planmäßige Unterwanderung der Deutschen durch Italiener. Die Versuche, Italiener auf den Berghöfen anzu• siedeln, waren so gut wie gescheitert. Heute wohnen wie eh und je 70 Pro- zent aller Deutschen Südtirols auf 27.000 Berghöfen. So wurden - im gro- ßen ab 1939 - in den Tälern Südtirols italienische Industrien errichtet, hauptsächlich bei Städten, deren bedeutendste die Industriezone von Bozen - Oberau und die von Sinnich bei Meran ist (Stickstoffwerke, Montecatini• Konzern). Das größte Industriegebiet stellt die Industriezone von Bozen dar, die in ehemaligen Weingärten errichtet wurde, wie auch der neue italienische Stadtteil Bozen-Gries (um einen kleinen, noch deutschen Kern). Da finden wir eine Assembling-Fabrik der Lancia-Werke, eine Schwdelsäure-Fabrik (La Cedra), Karosseriefirmen, Gießereien, Maschinenfabriken usw. Auch in . Brixen, Bruneck und Sterzing haben sich kleinere italienische Industrien ange- siedelt. Wohl bestehen auch deutsche Betriebe, die aber eher als Gewerbe anzusprechen sind, wie etwa als Beispiel die Landmaschinenerzeugung in Sterzing und die Textilerzeugung in Bruneck. So ist denn das Problem der Beschäftigung der Südtiroler und der Ein- wanderung der Italiener in diesem Raum das Problem der Industrialisierung Südtirols. Neuerdings sind - mit Erfolg - Bestrebungen im Gange, kleinere Industrien oder Gewerbebetriebe auch in vielen kleineren Orten zu gründen, nun vom deutschen Element aus, damit die Jugend der Südtiroler nicht ab- wandert, denn auch dort ist d~s Problem der Landflucht aktuell geworden! weil das Problem dabei nicht so sehr die Arbeit, sondern die Ernährung ist. Die Südtiroler Bauern auf ihren oft sehr kargen Berghöfen haben noch immer viele Kinder, die sie nur auf die einfachste Art und Weise ernähren, nicht aber versorgen können, weil der kleine Hof so viele Erwachsene nicht halten und ihnen nichts bieten kann. Eine Gefahr stellt derzeit die Abwan- derung nach Deutschland, Österreich und der Schweiz dar, wo, die jungen Südtiroler gute Arbeitsmögl,ichkeiten finden. Nicht viele von ihnen kehren wieder zurück, und die meisten sind damit für Südtirol verloren. Heute hat man verschiedene Einrichtungen geschaffen, in denen man Bauern- und Arbeiterkindern entweder das Studium ermöglicht oder sie zu l2

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