79. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1961/62
DIE LANDSCHAFT - AUFBAU UND FORMEN Südtirol ist ein reines Gebirgsland mit Talschaften. Geologisch ist sein Aufbau kompliziert, da sehr viele Gesteinsarten daran beteiligt ·sind. Aber darin liegt auch der Reichtum an Formen begründet, wie wir sie sonst in keinem geschlossenen kleinen Gebiete in den Alpen antreffen. Im Westen und im Norden Südtirols sind es im wesentlichen die Zentral- alpen, deren Hauptkamm gleichzeitig gegen die Sd1weiz und Österreid1 die Grenze bildet. Gelegentlid1 lagern hier paläozoische Kalke dem kristallinen Grundgebirge an, das Gneise, Granite, Glimmerschiefer und Phyllite bilden. Das bild dieses Zentralmassivs ist aud1 in Südtirol majestätisch-ernst und verleiht der Landschaft ein dunkles Milieu gegenüber den Kalkalpen, sofern nicht Gletscher die Höhen bedecken. Benierkenswert ist hier auch der stär- kere Steilabfall als im Norden des Hauptkammes, wodurch größere Schutt- ströme (Muren) auftreten; auch bleibt hier wenig Raum für Almen, und so begegnen wir dort auch Heiden und Mooren wie im oberen Vinschgau (Stau- denvinschgau, Mals). Andererseits ist aber auch weniger Raum für die Ver- gletscherung gegeben. Nur die Ortlergruppe mit ihren herrlichen Spitzen wie Urtler, Königsspitze, Cevedale, Thurwieser-, Sulden- und Geierspitze und ihrer schroffen · Trafoier Eiswand weist mit ihren 98 Gletschern ein Groß- firngebiet auf. Über sie führt in 2757 111 Höhe das Stilfserjoch (Ferdinands- höhe, Straße mit 46 Kehren, 1824-1826 von Österreich erbaut; Abzweigung von Spondinig im Vinschgau). Die Linie Tonalepaß - Sulztal - Hofmahd- sattel - Meran trennt hier im Westen das Zentralmassiv vom Etschbucht- gebirge, das uns nach Osten zu im Gantkofel, Penegal und der Mendel ent- gegentritt (Kalkstöcke). Über den im oberen Teil grauen Vinschgau hinweg bilden die Spitzen und J öcher der gewaltigen Ötztaler Alpen den Grenzkamm und schicken ihre Ausläufer bis an die Etsch vor: Sd1afkofel, Weißkugel, Hochwilde, und bei Meran die Texelgruppe mit der Muthspitze. Der Hohe First und seine Züge begleiten das Passeiertal und münden in der Sonklar- spitze, im Zuckerhütl, im Wilden Pfaff und Wilden Freiger in die Stubaier Alpen mit dem unvergeßlichen Pflerscher Tribulaun (Triaskalk, 3096 m) ein, setzen sich jenseits der Brennerfurche in den Zillertaler Alpen in gleicher Macht und Herrlichkei_t über den Hochfeiler, über die Löffl/;! rspitze bis zur Dreiherrenspitze fort. und scharen sich sd1ließ lid1 mit den Hohen Tauern (Birnlücke, hinteres Ahrntal) . In diesem Teile Südtirols begegnen uns breitpultige Kämme, mächtige Wände und Kare, aber auch alte Landoberflächen, wie etwa bei Brixen (Plose, 228 5 m) und im Pustertal. Und gerade das Pustertal mit seinem dunklen Ernst, mit seiner Kargheit und Eintönigkeit in der Vegetation und den großflächigen Formen ist ein Charakteristikum für die Landschaft und Talform im Urgestein, auch weil an seiner Südflanke die Kalkalpen weit abgerückt' sind und nur ge legentlich sid1tbar werden (Steilabfall des Seekofls, 2810 m, prachtvoller Pragser Wildsee, Abzweigung bei Niederdorf, Pustertal). Ei~en etwas anderen Landschaftscharakter, obwohl ähnlicher Genesis und Struktur, hat die Bozner Quarzporphyrplatte, eine große Ergußplatte (Perm) , die sich am Südrande der Zentralalpen aufgewölbt hat und das Ver- bindungsglied zwischen diesen und den südlichen Kalkalpen herstellt. Sie
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