78. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1960/61

BUNDESREALGYMNASIUM STEYR 78. JAHRESERICHT 1960/1961

BUNDESREALGYMNASIUM STEYR 78. JAHRESERICHT 1960/1961

1. Ernst Zawischa / Das el und sein Meister Franz Brentano 2. Aus dem Leben der Schulgemeinschaft Herausgegeben von der Direktion des Bundesrealgymnasiums Steyr im Juni 1961 Umschlag: Aus der ornamentalen Arbeit der 5. Klasse - Druck: Vereinsdruckerei Steyr

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So legt der Dichter ein Rätsel, Künstlich mit Worten verschränkt, oft der Versammlung ins Ohr; Jeden freuet die seltne, der zierlichen Bilder Verknüpfung Aber noch fehlet das Wort, das die Bedeutung verwahrt. Ist es endlich entdeckt, dann heitert sich jedes Gemüt auf Und erblickt im Gedicht doppelt erfreulichen Sinn, Goethe Franz Brentano (1838 — 1917), der Wiener Philosoph und Neffe des Romantikers Clemens Brentano, ist eine Persönlichkeit von weitgespannten Interessen und reicher Begabung. Als origineller Seelenforscher und Verfas¬ ser der „Psychologie vom empirischen Standpunkt, als scharfsinniger Logi¬ ker und Aristoteles-Interpret wurde er Lehrer einer bedeutenden Generation von Denkern. Mit besonderer Liebenswürdigkeit, feinem Menschenverständ¬ nis und Natursinn begegnet er uns in der Sammlung reizvoller Rätseldich tungen, die unter dem Titel „Aenigmatias” 1878 erstmals erschien, seither vergrößert und wiederholt neu aufgelegt wurde (griechisch Aenigma= Rät¬ sel). Brentano sagt darüber in der Vorrede zur ersten Auflage, diese Rätsel seien „... recht eigentlich Erzeugnisse der Gelegenheit. Wiederholt fand ich mich in Kreisen, die sich mit solchen Spielen des Scharfsinns zu unterhalten liebten: und nur dem Wunsche, ihnen gefällig zu sein, verdanken meine Rät sel ihr Entstehen.“ (Aenigmatias, 4. Aufl., S. 7.) Trotz dieser seiner Eigen¬ schaft als Gelegenheitsproduktion darf das Rätselwerk Aufmerksamkeit und Interesse beanspruchen, nicht nur als fesselnder Ausdruck Brentanoschen Denkens, sondern vor allem als vor- und nachher kaum erreichter Höhe punkt in der Geschichte des kleinen Kunstwerks Rätsel. Der näheren Betrach¬ tung des Aenigmatias soll deshalb eine beschreibende Darstellung von We sen, Geschichte und Bedeutung jener literarischen Erscheinung vorausgeschickt sein. Vom Eintritt ins Tageslicht der Geschichte an finden wir das Rätsel dem Menschen als liebliches Geschöpf und treuen Begleiter auf dem geistigen Ent wicklungsweg verbunden. Durch viele Jahrhunderte fand es Pflege und erwies seine wohltätige Wirkung als Mittel geistiger Belebung und bildendes Ele¬ ment in der Gemeinschaft: jung und alt erbaute sich gern am wechselweisen Erfinden, Aufgeben und Lösen der anmutigen dichterischen Gebilde. Erst das Zeitalter zersetzender Mechanisierung und Atomisierung kreuzigte das Wort auch im Rätsel und schaffte mit dem Sinn für echtes Rätselwesen das heitere Gehaben immer mehr aus der Welt. So findet man in modernen Zeitschriften und Illustrierten Blättern so manche platten und sensationellen Trick- und Testfragen sowie Kreuzwort- und „Denksport-Aufgaben, aber nur noch sel¬ ten wirklich geistvolle und künstlerische Rätseldichtungen. (Eine solche echt poetische Sammlung aus den letzten Jahren stellt unseres Erachtens „Das Haus der hundert Rätsel“ von Arthur Fischer-Colbrie dar.)

Der Ursprungsquell des Rätsels in seinem tiefsten Sinn ist die fragende Verwunderung des Menschen über die Welt und sich selbst. Sein Keim liegt demnach bei der Sonderung des menschlichen Tagesbewußtseins vom dump fen Bild-Erleben des Traumes in der Morgenröte der Verstandesbegabung Der selbständig werdende Menschengeist setzt sich mit seinen Erlebnissen auseinander und versucht sie zu deuten. Die Erschließung der in der Volks religion verborgenen Mysterienweisheiten, die Auslegung geheimnisvoller Opferriten und Runenzeichen, Propheten und Orakelsprüche weisen auf den kultisch-religiösen Mutterboden hin und stellen die Vorstufe des Rätselwe sens dar (vgl. „Das verschleierte Bild zu Sais"). Die häufige Wiederkehr von Rätselfragen in den alten Märchen und die Gewährung reicher Belohnungen für das Lösen oder schwerster Strafen, bis zum Tod, für das Versagen lassen erkennen, welch hohe Bedeutung die Volksseele diesem Tun zuschrieb. Vorstufen des Rätsels finden wir schon in der Urzeit der indogerma nischen Völker, z. B. in den Veden. Es sind Proben des Wissens und Scharf sinns, die durch Frage und Antwort zur Erklärung der Opfersymbolik bei tragen wollen, sozusagen „katechetische Fragen (R. Petsch), aber noch keine Rätsel in der heutigen Bedeutung des Wortes. Es sei in diesem Zusammen¬ hang auf die spätere Alexandersage des Pseudokallisthenes hingewiesen: Auf seinem Zug zum Ende der Welt, so wird da erzählt, trifft der große Eroberen die „Hymnosophisten“, die Weissen Indiens. Als diese erfuhren, daß Alexan der herannahe, sandten sie ihm die Botschaft: „Wenn du kommst, um uns zu bekriegen, so wirst du keinen Nutzen haben; denn das einzige, was wir besitzen, ist unsere Weisheit, und die kann uns niemand wegnehmen. Alexander erwiderte, er komme nicht in feindlicher Absicht. Er fand ihr Land reich an vielerlei Fruchtbäumen und Weinstöcken, die von herrlichen Trauben strotzten. Ein schöner Fluß mit durchsichtigem Wasser strömte hindurch. Die Luft war mild und lieblich. Das Volk wohnte unbekleidet im Freien. Die Weiber und Kinder iebten getrennt von den Männern auf der anderen Seite des Flusses. Alexander begrüßte die Weisen und prüfte sie durch mancherle Fragen. „Was ist stärker, fragte er sie, „der Tod oder das Leben?“ Sie sag¬ ten: „Das Leben, denn die Strahlen der Sonne sind stärker, wenn sie auf¬ geht, als wenn sie untergeht. „Sind die Lebenden zahlreicher oder die To ten?“ „Die Toten, denn das, was nicht ist, ist unermeßlich. „Was ist größer, die Erde oder das Meer?“ „Die Erde, denn das Meer wird selbst von der Erde getragen. „Was ist das schlimmste Geschöpf? „Der Mensch; denn schau auf dich selbst, wieviele Geschöpfe du bei dir hast, um alle anderen Geschöpfe des Lebens zu berauben. Alexander lachte und fragte weiter: „Was ist bes¬ ser, die rechte oder die linke Seite?" „Die rechte; denn rechts geht die Sonne auf und wendet sich dann erst zur linken Seite des Himmels. (Aus einer Abschrift nach Adolf Ausfeld, Die Sage vom großen König Alexander, siehe Angabe am Schluß.) In den Traumdeutungen des ägyptischen Josefs treten die beiden das spätere Rätselschaffen und lösen bedingenden Anlagen zuerst greifbar her¬ vor: die Sinnbilder schaffende Phantasie (hier als Traum-Atavismus) und der Beziehungen erfassende, deutende Verstand. Aber sie erscheinen noch als auf zwei Vertreter verschiedenen Volkstums verteilt. Die Geburtsstunde des Rätsels im engeren Sinn ist die Vereinigung der beiden Fähigkeiten im einzelnen Menschen. Diese Entwicklung kennzeichnet den Übergang vom mythischen zum Gegenstandsbewußtsein zu Beginn der

griechisch-lateinischen Kulturzeit. Der Mensch ist zu willkürlicher, selbsttätiger Hervorbringung fähig geworden. Die neue Stufe fällt in innerer Über¬ einstimmung zusammen mit dem Entstehungsmoment der Philosophie, die ja in den Systemen des alten Orients gleichfalls ihr theologisch gefärbtes Vorstadium hat. Auch die weitere Ausgestaltung des Rätselwesens verläuft gewissermaßen in Parallele zum allgemeinen Werdegang des menschlichen Denkens, so daß man die Rätselkunst geradezu als kleinere Schwester der Philosophie bezeichnen könnte. Um diese Zeit tritt auch bereits das „Rätselmärchen“ auf, früh von Osten her eingedrungen (z. B. Prinzessin Turandot, in Griechenland aus gebildet und auch bei den germanischen Stämmen verbreitet. Höchste Glücksgüter oder das Leben selbst stehen zum Pfand. Naturkinder beschämen Ge¬ lehrte durch ihre Klugheit: der Hirtenknabe oder die kluge Bauerntochter, die dank ihrer geistigen Qualität zur Königin wird. Zusammenhang mit ural¬ ten Zaubersprüchen zeigt die Enstehungsgeschichte eines der verbreitetsten europäischen Volksrätsel: „Vogel Federlos. Mitunter hilft das Finden bzw. Erraten des Namens einen Dämon überwinden: das Motiv der Sphinx im griechischen, Rumpelstilzchen im deutschen Bereich. Alles dies sind Frühfor¬ men, und die Rätselwerdung im engeren Sinn vollzieht sich im Zusammen¬ hang mit dem Ringen nach künstlerischer Formung. Hiebei ist, wie Robert Petsch (Das deutsche Volksrätsel, S. 11 ff.) zeigt, charakteristisch vor allem das Schwingen und Schwanken zwischen entgegengesetzten Polen: das Hin¬ streben zur Lösung und Wiederzurückziehen, Ernstnehmen und Zumbesten¬ haben — ein Rhythmus, der für die innere Form des Rätsels so bezeich¬ nend ist. Auf der Seite der Verstandesentfaltung nähert es sich dem Sprich¬ wort, in der Richtung der bildlichen Auffassung der Allegorie. Zwischen den polaren Extremen bildet es sich fort. Das Paradoxe wird stets mit beson¬ derer Vorliebe aufgesucht und hervorgekehrt. In einer früheren Arbeit zum gleichen Thema (siehe Verzeichnis am Schluß) hat E. Zawischa die rätselbildenden Faktoren am klassischen Proto¬ typ der Odipussage untersucht, dem Rätsel vom Menschen (morgens auf vieren, mittags auf zweien, abends auf dreien). Die Zeitgröße „Menschlicher Lebens¬ lauf wird, wie der Verfasser dort ausführt, durch die öfter beobachtete und somit konkreter erfaßte des Tageslaufes ersetzt, deren Hauptphasen heraus¬ gegriffen werden; die Arme des Kleinkindes und der Krückstock des Greises werden als Körperträger den Beinen gleichgesetzt. Allgemein gesprochen: Bilder werden mit anderen vertauscht, Tatsachen umschrieben, verschleiert und verkleidet. Dabei ist Einbildungskraft tätig, Phantasie findet das neue Bild. Aber es muß auch entsprechen und passen, kann nicht willkürlich sein. Dazu ist Unterscheidungsvermögen nötig. Das Vergleichsmoment muß exakt erfaßt werden: Ähnlichkeit (Analogie und Gegensatz. Diese Arbeit, vom Verstand geleistet, führt allmählich zur Ausbildung einer gewissen logischen Technik. Im gewählten Beispiel bildet die Identität von Eigenschaften und Tätigkeiten: gleichlaufende Richtung und Phasengliederung der betrachteten Zeiteinheiten, Körperstützfunktion der drei Objekte, Vergleichsmoment und Vermittlungsbasis. Trotz der Gleichsetzung bleibt aber dem Denken der Un¬ terschied jederzeit bewußt, die Irreführung ist Schein. Soll das Rätsel Dich¬ tung werden, müssen sich Scharfsinn und Phantasie auch noch mit poetischer Gestaltungskraft vereinen.

In der Einleitung zu einer Sammlung der schönsten deutschen Rätsel („Der Irrgarten", 1928, S. 17) präzisiert der Germanist und Rätselforscher Robert F. Arnold die beiden Aspekte des Rätsels folgendermaßen: „In der Doppelheit seiner Funktionen, in den wechselnden oder vereinigten For¬ derungen an Einbildungskraft und Scharfsinn liegt letzten Endes der eigen¬ tümliche Reiz der gesamten Gattung. Kraft ihrer Bildlichkeit gehört sie der Dichtung an, ganz abgesehen davon, daß ihre Erzeugnisse von alters her häufig Versgestalt angenommen haben; das logische Element aber, die Auf¬ zeigung eines (scheinbaren Widerspruches und dessen Beseitigung, die Lö¬ sung einer (scheinbaren) begrifflichen Verwirrung — das ist es, was jedem Rätsel den Charakter der Komik verleiht, mag diese nun in der Form des billigen Wortspieles sich offenbaren oder in der überraschenden, also witzigen Befriedigung gespannter Erwartung oder in humoristischer Auffassung des Alltagslebens und alltäglicher Objekte, oder gar in erhabener Ironie. Man darf wohl sagen: In der logischen Funktion der Rätselschöpfung bekundet sich die Verstandes, in der bildschaffenden die Gemütsseite des sich entwickelnden Seelengliedes. Diese findet dann im Mittelalter als Pa¬ rallele zur Herzenströmmigkeit der Epoche ihren bildenden Anteil im Rät¬ selreim und -lied des Volkes. Die Stoffe werden nunmehr zunächst fast ausschließlich der Bibel ent¬ lehnt. Erst allmählich gesellen sich mehr und mehr auch weltliche Motive hinzu und finden Eingang in die geistlichen Fragebüchlein. Ein fortschrei¬ tender Säkularisierungsprozeß, parallel dem Weg des philosophischen Denkens, ist zu beobachten. Dabei gibt es allerdings auch manche Abirrungen oder ins Ge¬ ins Schrullenhaft Spitzfindige scholastische Haarspalterei heimnisvoll-Mystifizierende. Es wird z. B. die Frage gestellt: „Warum sagt der Herr zu Petrus: Stecke dein Schwert in die Scheide!?“ und darauf zur Antwort gegeben: „Das Schwert ist der Geist, der verborgen wird.“ In Al¬ kuins Fragebüchlein „Disputatio, heißt es: Wer ist erschaffen, aber nicht geboren? Adam. — Wer ist einmal geboren und zweimal gestorben? Lazarus. Die Doppelsin- Wer ist zweimal geboren und einmal gestorben? Jonas. nigkeit des Ausdrucks „geboren“ soll den Hörer irreführen. Auch Streitge spräche entstehen (vgl. den Wartburgkrieg), Wettlieder, gelehrte Spielereien: das Rätselgedicht wird stark unanschaulich und gekünstelt. Diese Entwick lung führt dann zur Kulmination im barocken Schwulst des 17., beziehungs weise 18. Jahrhunderts. Seit dem Beginn der Neuzeit kommt es zur Veranstaltung von größeren Sammlungen, sowie zur Schaffung neuer rhythmischer und strophischer For men, Gewinnung neuer Darstellungs- und Ausdrucksmittel. Dem differenzier¬ teren Seelenwesen des modernen Menschen entsprechend, wird die wissen¬ schaftliche Theorie des Rätsels begründet und dieses selbst nach verschiede nen Richtungen hin weitergebildet, analog der Vielgestaltigkeit der neueren philosophischen Selbstbewußtseinstheorie. Durch Ausbildung neuer Arten des Bilder, Wort- und Silbenrätsels wird die Gattung wesentlich bereichert. Zu¬ erst tritt auf neuer Stufe nochmals die Polarität hervor zwischen dem intel¬ lektuelleren Charakter der Aufklärung und dem Vorwalten des Gemüthaften in der romantischen Strömung. Sie erlangen ihre Synthese im Rätselwerk der Klassiker, in den Meistergaben Goethes, Schillers und anderer. Kaum ein deutscher Poet oder Philosoph dieser Zeit, der sich nicht mit Fleiß und Ge¬ schick auf diesem Gebiet versucht hätte; und manche Perle entstand. Die

Innigkeit der germanisch-deutschen Volksseele schafft den günstigen Boden zur Aufnahme und Pflege; man sucht und findet Freude, sinnige Unterhaltung und Geselligkeit in der Bewältigung der im Rätsel gestellten Aufgaben. Da¬ bei treten neben die Betätigung am bisher gepflegten, vorwiegend bildhaften „eigentlichen Rätsel (es sei an das Odipus-Beispiel erinnert) immer mehr auch die auf gedanklicher Durchdringung des einzelnen Wortes beruhende: vom Erfassen der Wortwesenheit bis zur abstrakten Analyse, von der er¬ sten Auseinandersetzung mit dem Sinngehalt bis zum leeren Wortgeplänkel und Sportbetrieb. Das Gleichnishafte der Sprache (Metaphernbildungen), ihre Verwandtschaftsformen (Aquivokationen usw.), Wortgefüge, Umkehrmöglich¬ keiten und dergleichen werden untersucht und verarbeitet. Rückerts Homo¬ nyme, Schleiermachers und Fechners Scharaden (prächtige Proben in Arnolds „Irrgarten") sind wahre Kabinettstücke der neuen Art. Ihre großartigste Ma¬ nifestation aber, und damit wohl der Höhepunkt in der Entfaltung des Rät¬ selwesens zur Zeit der bereits beginnenden Entstellung und Entartung, ist zweifellos das Rätselwerk des genialen Franz Brentano. Noch einige Ergänzungen zur Wissenschaft und Theorie des Rätsels, im Anschluß an das genannte Buch von Petsch (a. a. O. S 1 ff.). Das deutsche Wort ist durch Luthers Sprachgebrauch eingebürgert worden. Der Ausdruck wird abgeleitet — wie leicht zu erraten — von „raten“ in seiner Grundbe deutung für etwas sorgen, ferner: eine Meinung oder einen Entschluß auf grund innerer Sammlung und Überlegung kundgeben. Dazu kommt als wei¬ terer Sinn vermuten, meinen, aber auch: schwierige Fragen auflösen, Pro¬ phezeiungen auslegen und besonders: Träume deuten. Auch die Kunst des Lesens als Deutung von Zeichen wird darunter verstanden (to read). Es wird der Stil ausgebildet, Dinge so wenig wie möglich mit ihrem eigenen Namen zu nennen, und zwar ursprünglich zu religiösen Zwecken, aber bald zu frei¬ rer, mehr spielender, dichterischer Betätigung des Geistes. Nach Petsch gibt es bislang keine befriedigende Definition des Begriffs Rätsel. Er versucht selbst eine solche zu liefern, die wir so schlecht nicht finden können, obgleich er gleich etwas verlegen ihr Ungenügen zugibt. Er nennt es „die dichterische Umschreibung eines Gegenstandes nach seinem Ausschen oder seiner Zu¬ sammensetzung, seinem Schicksal oder seiner Bewegung; eine Umschreibung, welche die Einbildungskraft des Zuhörers befruchtet und zugleich verwirrt, seinen Verstand aber entweder in völlige Ratlosigkeit versetzt oder auf eine falsche Fährte lenkt" (S. 2). Das Grundprinzip der Rätseldichtung wird an anderer Stelle recht eindrücklich charakterisiert (S. 55): „Alle Rätseldichtung geht von der Deutung des Gegebenen aus: der Geist sieht allenthalben Be¬ ziehungen, die gleich feinen Fäden in und zwischen den Dingen weben, und die Einbildungskraft rafft ein Bündel solcher Fäden zusammen und formt dar aus ein Bild: aber dies Bild ist nicht so vollständig und durchsichtig, wie bei der Fabeldichtung und der ausgeführten Allegorie; ohne daß wir das Urbild darüber aus den Augen verloren und uns erst wieder mit dem Verstande zu ihm zurückversetzen müßten, werden wir zwischen Anschauung und Verstandesarbeit hin- und hergezogen und von dem Gegenstand des geistigen Spiels nur weggelockt, um alsbald wieder mit neuer Liebe zu ihm zurückzukehren. Wie auf anderen Gebieten liegt die Bedeutung unseres Zeitalters des Spezialistentums auch für das Rätsel vorzugsweise in der Eröffnung, Erfor¬ schung und Sammlung der Quellen, in der gründlichen Interpretation und Analyse des Materials. Zwar gibt es bereits vom 15. Jahrhundert an schrift¬

liche Sammlungen, wie das nach dem Druckort so genannte Straßburger Rät¬ selbuch und andere, zum Teil auf Jahrmärkten erscheinende Rätselbüchlein, aber erst das ausgehende 19. und 20. Jahrhundert entfalten eine ins Gigan¬ tische gehende Sammelleidenschaft. Sie hat bei einzelnen Völkern und Stam¬ men Zehntausende von Volksrätseln zutage gefördert. Unter den deutschen Kompendien gilt als bahnbrechend und vorbildlich auch für das Problem der Anordnung die Sammlung der mecklenburgischen Rätsel von Richard Wos sido, 1897. L. Hanika-Otto (Sudetendeutsche Volksrätsel, S. 7 f.) unterscheidet in der wissenschaftlichen Erforschung der Volksrätsel im wesentlichen drei Gruppen: Untersuchungen über Wesen und Formen der Rätsel, ihre innere und äußere Entwicklung, durch Robert Petsch (1917); Vergleichende Rätselforschung, Zurückführung auf Urformen und deren Heimat, begründet durch den Finnen Antti Aarne (1920); Die Frage nach dem Ursprung des Rätsels, der sich besonders A. Bonus, Callwey, W. Schultz und A. Jolles widmeten. Als zwei Hauptarten stehen sich gegenüber das Volks- und das Kunst¬ rätsel. — Das Volksrätsel entnimmt seine Gegenstände vorwiegend dem bäuerlichen Gesichtskreis. Abstrakte Begriffe fehlen. Gefühlsmäßige Asso¬ ziationen und poetische Freude an der Anschauung stehen im Vordergrund. Um leicht im Gedächtnis zu haften und mündlich weitergegeben werden zu können, pflegt es einfach, schlicht und knapp zu sein. So beschränkt sein Umkreis ist, so kräftig weiß es ihn auszunutzen. Häufig wird Lebloses belebt und die Dinge werden personifiziert. Oft trägt es den Charakter einer Art von Leistungsprüfung. Das Kunsträtsel zeigt verfeinerte Darstellung, logischen Aufbau, Beleuchtung des Gegenstandes von verschiedenen Seiten aus. Verstandes arbeit, Reflexion spielen die Hauptrolle, das Erfassen logischer Beziehungen, Gegensätze und Widersprüche löst das Finden bildlicher Benennungen und sinnenhafter Bezüge ab. Das Kunsträtsel bemüht sich um gehobene Sprache kunstvollen Satzbau und gewählte Ausdrucksweise. Petsch will den Gegensatz von Wissen und Scharfsinn (Witz) einerseits stimmungserfüllter Anschauung andererseits auch schon im Volksrätsel unter¬ scheiden und bemüht sich vergeblich um eine überzeugende Einteilung. Er muß zugeben, daß eine strenge Scheidung und Klassifikation weder nach den Formen noch nach stofflichen Gesichtspunkten möglich sind, genausowenig wie zwischen dem eigentlichen Rätsel und den ihm verwandten Gebilden wie Deutungen aller Art, Namensscherzen, Rechenaufgaben, Spitzfindigkeiten u. dgl. mehr. Es gibt keinen einheitlichen Einteilungsgrund. Wesentlich anders ist es beim Kunsträtsel. Arnolds Einleitung zum „Irrgarten zählt die ver¬ schiedenen Rätselspezies annähernd vollständig auf. Alle bedeutenden finden wir auch im Werk Brentanos, dem wir uns nunmehr zuwenden. Der „Aenigmatias“ enthält über 400 Exemplare der kleinen Dichtungs¬ art, einzelne bloß aus zwei knappen Zeilen bestehend, andere wieder eine ganze Seite füllend. Es sind wahre Kleinodien gedanklicher und künstlerischen

Prägung darunter. Die einzelnen Spielarten sind ungefähr gleich stark ver treten und systematisch geordnet im ganzen eine reiche, bunte Sammlung, die auch heute noch ihren Zauber ausstrahlen kann. Sie verdienten wahrlich nicht, der Vergessenheit anheimzufallen. (Sich mit Rätseln abzugeben, gilt heute oft als kindische Spielerei, mitunter bereits als Zeichen von Schwach¬ sinn, und wird als Beschäftigung vielfach nur Kindern oder — Pensionisten zugedacht.) Die Grunderfordernisse der Rätselkunst: klares und exaktes Denken, Phantasie und dichterische Begabung, standen Brentano in hohem Maß zu Gebote, und so bestechen die einzelnen Stücke durch geistreichen Inhalt, präzisen Ausdruck bei sparsamster Andeutung und poetisches Kleid der Dar¬ stellung. Rudolf Steiner charakterisiert in einem seiner Brentano-Aufsätze („Der Philosoph als Rätselschmied, a. a. O. S. 116 f.) die Eigenart des Den kers: Durch seine strenge scholastische Schulung konnte Brentano den Din¬ gen und Vorgängen der Welt gegenüber ein besonders scharfsinniges Denken entwickeln, das allerdings nicht in deren tieferes Wesen eindringen mochte, „... wie jemand, der irgend etwas in einer leichten Umhüllung in Händen hat und der sich nun zu raten bemüht, was diese Umhüllung in sich schließt. Weiter heißt es da: „Wer Sinn hat für die Untertöne, die aus den Gedanken eines Menschen herausklingen, der kann aus Brentanos tief¬ gründigen Büchern und Abhandlungen überall den Rätselsucher auf be¬ sondere Art herausfühlen. Es entstehen bei ihm die Rätsel der Natur und des Geistes dadurch auf besondere Art, daß er in seinen Fragestellungen etwas wie ein Tasten hat, das an die Dinge nicht heran will, weil es glaubt, durch zu unvorsichtiges Zugreifen die Wirklichkeit zu grob wahrzunehmen. Das wird schließlich die Grundstimmung des ganzen Brentano schen Denkens, Und ein solches Denken darf sich, ohne sich untreu zu werden, zur Er¬ holung in die spielerischen Regionen zurückziehen, wo das Fragestellen zum geistreichen Umhüllen des Gemeinten wird. So empfindet man gegen¬ über den Brentano schen Rätseln. Denn es ist bei ihm dieselbe Seelenverfas¬ sung auf leichtspielerische Art wirksam, wenn er den Leuten Rätsel ausgibt, die sich zum äußersten Ernst erhebt, wenn er den Rätselfragen des Daseins nachsinnt.“ Die Äußerung Rudolf Steiners macht verständlich, wie Brentano mitunter den kleinsten Scherzen das Gewicht weltbewegender Angelegen¬ heiten verleihen kann. Zu den seit dem 18. Jahrhundert bestehenden Formen des Kunsträtsels erfand Brentano selbst noch einige neue Spielarten hinzu, zum Beispiel je zwei Arten von Verdoppelungs- und Füllrätseln. Auch die Erfindung des Scharadoids wurde ihm zugeschrieben, doch dürfte die Priorität hier anderen zukommen (siehe unten). Damit scheinen die Möglichkeiten auf diesem Feld erschöpft zu sein und es wird die Grenze offenbar, an der äußerst entwikkelter Scharfsinn im Zerpflücken der Wortleiber in eitel Spitzfindigkeit aus¬ zuarten droht — das Ende der Kunst. Unser Philosoph war sich dieser Grenze bewußt, und es finden sich in seinem Werk relativ wenig gekünstelt wirkende Produkte, im Unterschied zu den zahlreichen imitationen begeisterter Freunde und Schüler des Meisters. Brentano verfällt nie der Banalität wie manche seiner Nachbeter. Es zeugt von seinem Niveau, daß er die Lösungen seiner Aufgaben nicht preisgab. (Meines Wissens sind bis heute noch nicht alle aufgelöst.) Dadurch

war nicht nur Freiheit, Anstrengung und Finderfreude gewährt, sondern auch Raum für kleine Proben von Resignation und Verzicht zur rechten Zeit und gelassen von weiteren Versuchen zurückzustehen, wenn die Bemühungen um Lösung zunächst nicht zum Ziel führten. Im Vorwort zur ersten Auflage des Aenigmatias sagt sein Verfasser: „Begegnet man bei ihren (der Rätsel) Lö= sungen oft großer Schwierigkeit, so trägt die Geschicklichkeit derjenigen die Schuld, für die sie zunächst bestimmt waren. Die feinsten und wunderlichsten Aufgaben waren ihnen die liebsten, und keine blieb ungelöst. Einige be¬ sonders bezeichnende Beispiele sollen jeweils die Darstellung der einzelnen Rätselformen des Werkes begleiten und illustrieren. Die gewählten Proben gehören zu den leichtesten Stücken, und so wird es nicht nötig sein, dem Leser durch Angabe der Resultate den heiteren Genuß des eigenen Lösung findens vorzuenthalten. Die erste Gruppe enthält die dem Volksrätsel zunächststehenden einfa¬ chen — „gewöhnlichen“ oder „eigentlichen Rätsel. Einzelne von ihnen sind bereits Allgemeingut geworden und bis in die Schullesebücher einge¬ drungen, wie etwa „Der selbstlose Führer" (Ein Weiser bin ich ...) oder „Die uneinigen Schwestern“ (Zwei Schwestern kenne ich ...), „Die Mi߬ geburt (Welch ein Geschöpfchen!...) u. a. Bei dieser Sorte kann sich die bildgestaltende, eigentlich künstlerische Seite der Denktätigkeit am freiesten entfalten und ausleben. Brentano zeigt Reichtum an Einfällen und beachtliche Kraft dichterischer Gestaltung. Schöpferische Phantasie und Beherrschung der Form halten sich die Waage. Nehmen wir gleich das erste Stück (S. 18 der 4. Auflage.) ZUM EINGANG Ich nahe dir, ein Kind, das schelisch necket, Oft hinter ernster Maske kidiernd stecket; Des Frühlings Kranz um Stirn und Locke schwing ich, Und hoch am Zweig die bunte Fahne schwing ich. Wer ahnte da, daß einst mit grimmer Tücke Am Berg gelauert meine finster Blicke, Zwar lockend, um den höchsten Ruhm zu werben, Allein des Kühnen sicheres Verderben? Ich rang mit ihm. Die Lanze sollt er schwingen; Ich warf nach seinem Haupt des Netzes Schlingen; Und sterben mußt er mir, wenn er erlegen Und gräßlich folgt ein Fluch des Siegers Wegen. Doch jetzt auch bin nicht überall ich Kind Ernst stelle ich vor, dem, der Ernstes sinut. Ich schweige, und ein Antlitz ist verhüllt Er aber weicht nicht, bis die Zeit erfüllet Er harret, ob auch fließen Jahr um Jahre, Bis ich mich endlich sterbend offenbare. Von mir erfüllt sind aller Erde Grenzen, Mich sieht man in dem Strahl der Sonneglänzen, Ich wohne in des Meeres tiefem Schoß, Und bin im Großen und im Kleinen groß. Ich bin der Welten Bau in seiner Pracht,

Und, mehr noch, ich bin der, der ihn gemacht. ja er, der Ewige, trägt mit größer Rechte Den Namen, als ein andrer im Geschlechte Und wenn sie alle schwänden, bliebe er Nur selbst sich selber ist es nimmermehr. Stellen wir ein lebhaft kontrastierendes Beispiel daneben, dessen Lösung mit der des vorigen identisch ist. Welcher Unterschied in der Denkbewegung man sieht, welcher Register Brentano mächtig ist (S. 46): NUR ZUGERATEN, Leicht wirst du finden, was ich sei Du Löser, fein und sinnig! Und fiel dir, was nicht passet, bei, So zweifle nicht, das bin ich. Drum fordre nicht die Lösung, nein! Denn ich zu mir gefüget Werd einzig dann die Antwort sein, Die keinem noch genüget. Ein faszinierendes Beispiel der imaginierenden Begabung ist folgendes, einem Kunstbereich entnommene Exemplar voll köstlichen Humors (S. 35): DAS CHAMALEON Ich kenn ein Ding, wer nennt das Ding? Oft ist's ein kleiner, schwarzer Ring Ein Zauberkreis bedeutungsvoll, Weißt du nur, was er sagt und soll. Oft hat es einen dicken Kopf, Und hinten hängt ein langer Zopf: Oft ist es kahl wie eine Maus; Oft sieht es wie ein Vöglein aus, Das mit den Brüdern hockt im Neste Und trillert drin aufs allerbeste Oft schmückt es ein Beamtenkragen, Zwei, drei der Striche darf es tragen: Oft wie ein Fröschlein hüpft's im Trab¬ Auf seiner Leiter auf und ab, Sitzt oben es, gleich wird es hell, Sitzes unten, finster wird's zur Stell Und, wie der Herde tut der Hirt, Scharweis es eingepferdet wird; Doch, fasset sonst in jedem Fall Geduldger Schafe viel ein Stall, Scheint es hier umgekehrt zu sein, Unruhige gehu mehr hinein. So wird dies wunderliche Wesen Zum Hofrat bald, bald zum Chinesen. Bald scheint es Laubfrosch gar zu sein, Bald Law, bald Maus, bald Vögelein. Kein Proteus scheint so schwer zu fassen: Doch wird dein Witz dich nicht verlassen.

Liegt der Reiz der einfachen Rätsel hauptsächlich im Bilderreichtum der Maskierung und deren poetischer Ausgestaltung Arnold nennt es die tro¬ pische Tendenz des Rätsels gegenüber der logischen (a. a. O. S. 14) - kommt es bei den folgenden Gruppen daneben zunehmend auf die gedank¬ liche Pointierung, die Schärfe und Präzision des sprachlichen Ausdrucks an. Die Andeutung muß meist spärlicher sein, die Zurückhaltung des Dichters und die Verschleierung noch größer, weil durch den mehrfachen Sinngehalt des gewählten und zu erratenden Wortes oder seiner Teile — jener beim Homonym, dieser bei der Scharade bereits Anhaltspunkte und gewisse Handhaben für die Lösung gegeben sind. Das Homonym als nächste Gattung bringt jeweils ein Wort mit ver¬ schiedenen Bedeutungen (S. 50, Nr. 3): Vertrau ihm nicht! den häufig ist es Lug. Trau ihm den sicher stellt es dich vor Trug. Der Leser wird angeregt, auf der Suche nach der Lösung den Bereich seiner Muttersprache zu durchforschen; Sprachbildungen und zusammenhänge werden ins Bewußtsein gehoben, der Wortschatz abgewandert und manche die Seele bereichernde Entdeckung gemacht. Ähnlich verhält es sich mit den von Brentano so benannten, aber schon viel älteren Homoionymen, bei denen Wörter und Wortgruppen nur den Klang gemeinsam haben, nicht die Schreibweise (SS. 63, Nr. 10 u. 65, Nr. 14): Getrennt der Mann zwar mächtig überwiegt, Allein vereint besitzt's das Weib und siegt. Ob du getrennt auch allen überlegen, Nie handle dem Verbundenen entgegen. Wie verschieden die Schwierigkeit der einzelnen Exemplare ist, kann folgendes aus derselben Sorte gewählte zeigen, von dem auch die Lösung angegeben sei. Mitunter ist es für den Leser schon ein Rätsel, ein Rätsel vor sich zu haben. Er muß erst entdecken, worin die Rätselhaftigkeit über¬ haupt besteht, und erst wenn diese Vorarbeit geleistet und das erste Geheim¬ nis gelüftet ist, kann die weitere Enthüllung und eigentliche Lösung zustandekommen. Das folgende Beispiel zeigt aber zugleich auch die Grenze, wo die Kunst zum Routinespiel bzw. zur Tüftelei wird — Brentano hat sie, wie bereits bemerkt, relativ selten überschritten. (Beispiel S. 67, Nr. 26) Mit zweitausend umgekehrten Ausgezeichnet guten Karten Spielt ici. s war zum Kuckucks werden. Ließ mein Spiel ich Sieg erwarten, War mein Gegner voll der Schliche, Madite doch die meisten Stiche. (Die Lösung: Tausendsasa!) Ein mit seinen Alliterationspaaren geradezu klassisch anmutendes Stück finden wir in unserem nächsten Beispiel, einen weiteren Beleg der dichteri schen Kapazität, aber auch der humoristischen Ader des Verfassers. Wir se¬ hen im Geiste den Schalk schmunzeln, wenn er den Löser verlegen mit dem

Blick auf und ab wandern sicht, um den Sinn bzw. Ort dieses Rätsels zu erfassen, der einem andern vielleicht sofort in die Augen gesprungen (wie ist es doch so einfach!), von jenem aber nicht bemerkt und längst passiert wor¬ den ist. (S. 64, Nr. 11) Wider diesen sind Hügel und Hänge, Flüsse und Flecken und Steige und Stege Hütten und Hecken und windende Wege, Villen und Wiesen und Gärten und Gänge; Lindes Gelände mit lachenden Lüften, Hallenden Haus vielwirtliche Wipfel; Starren Gesteins ungastliche Gipfel, Winternde Wände mit klaffenden Klüften: Schlösser und Schluchten und Kessel und Kämme; Baien und Buchten und Dünen und Dämme. Scheint dies zu kraus und nicht zu verstehn. Blicke hinaus! so wirst du es sehn. Dadurch, daß bei den Homoionymen die Teile auch als Einzelwörter bestehen können, bilden sie einen Übergang zur großen Gruppe der Scha¬ raden und Scharadoide (Brentano und Arnold schreiben: „Charaden, Charadoide bzw. Charadoiden"). Beide Formen stellen den Rätselfreund vor die Aufgabe, das Wort im Wort zu finden, und lassen dadurch wieder in einen andern Zug des Sprachgeistes eindringen. Wörter werden in Teile zer legt oder aus diesen zusammengesetzt, wobei die Teile wiederum selbständige Bedeutung haben. Dies geschieht bei der Scharade nach den Regeln der Gram¬ matik und Rechtschreibung, beim Scharadoid jedoch im Widerspruch dazu: dadurch ergeben sich mitunter besonders reizvolle Möglichkeiten. Der Leser bzw. Löser wird bei dieser Form zur Übung in scharfsinniger Analyse und konstruktiver Synthese veranlaßt und lernt die kombinierende Tätigkeit des Sprachgeistes kennen. Noch zurückhaltender als bisher müssen die Angaben des Aufgabenstellers sein. Aber das freie Spiel der Einbildungs¬ kraft bleibt ungebrochen bestehen (S. 72, Nr. 6): ZWEITEIT VON FINIR UND VON WEISIEN Ein steinerner Glasschrank, Ein hölzerner Schwanz. Und hast du die erste, So zahlst du es ganz.

Ein nettes Wortspiel bietet das nächste Stück (S. 86, Nr. 42): DREITEILI VON DE EINER SILI Die äußeren äußern als sicher: Die äußere Mitte ist Trug; Das Ganze ist nicht ganz sicher, Doch, tausendfach, sicher genug. Während sich die Scharade schon seit der Klassikerzeit der Beliebtheit erfreut (Körner, Hebel, Uhland, Schleiermacher, Fechner), wurde das Scha¬ radoid erst später gepflegt. Arnold schreibt (S. 23): „Besonders heimtückisch ist das von Franz Brentano erfundene und benannte, wenn auch noch etwas unscharf definierte Scharadoid (Spalträtsel)... Die Originalität kann sich allerdings nur auf die Benennung beziehen, bringt doch der „Irrgarten" selbst je ein solches Rätsel von Hebel und Fechner (S. 167), die bekanntlich wesentlich älter sind als Brentano (Scharadoid, S. 104, Nr. 10) DREITEILE VON DE EINER SIIRE Ein Schmerz, ein Ausruf und ein ewig Nein Wird stets der Grund von aller Freundschaft sein. Auch auf dem Feld der Scharadoide kann wie bei den Homoionymen leicht maniriertes Konstruieren und Schematisieren eintreten, wenn die Produk¬ tionskraft vorübergehend erlahmt. Die Verwendung von Zahlsymbolen zum Beispiel ist wohl auch ein Schritt aus dem Bereich des Künstlerischen her¬ aus (S. 110. Nr. 29): DREILLE in tausend, weiß ich, stecket Ein Herz, das spöttisch necket; Da zeigen Kindlichkeit, Bekanntschaft Und Keckheit seltsame Verwandtschaft; Und heiliger Apostel Schar Stellt sich uns auch als solches dar. (Lösung: DUTZEND D = 500) Überraschend infolge des Reichtums an Kombinationen sind die nun wirklich von Brentano erfundenen Verdoppelungsaufgaben, und zwar sowohl Scharaden als Scharadoiden. Ein Wort wird wieder wie vorher in Teile zer¬ legt, die aber erst verdoppelt ihre Bedeutung gewinnen. Zunächst das am meisten poetische Stück dieser Serie (Scharade, S. 98, Nr. 5): ZWEITIE VON EINER SE¬ Ein Meister führet hinaus das Schwerste: O Lehrling, du wirst ihm nicht zweimal das Erste Ein Schöner hat Tugend nicht stets zum Geleite Mädchen, dann wolle nicht zweimal das Zweite Wir Menschen sind Blumen in buntestem Kranze, O, nur ein Fanatiker predigt das Ganze Und wiederum ein Glanzstück an Präzision (S. 97, Nr. 2, irrtümlich zu den Scharaden gezählt):

ZWE TELLE VON DE EINER SILE Ist eine Uhr das Ganze, wird sie weitergeln; Ihr Erstes doppelt, das Zweite doppelt, bleibt sie stehn. Aus dem Kinderland, einfach entzückend (S. 126, Nr. 22): ZWEITILE Das Erste einmal: Ob du wohl bangst? Das Zweite zweimal Vöglein wird angst. Das Ganze dreimal Kinder im Spiel Ducken und hucken und sind am Ziel. Eine weitere Gelegenheit, Rätsel zu gestalten, ergibt sich durch die Be¬ schaffenheit einzelner Wörter und Wortkombinationen, sowohl von vorn nach hinten wie umgekehrt gelesen Bedeutung oder Sinn zu haben, sei es densel¬ ben oder einen verschiedenen. Es ist der Rückläufer oder das Palindrom. Brentano zeigt sich abermals als Meister der Verbrämung und der Knappheit des Ausdrucks (§. 128, Nr. 1): Wer mit des Moses grauser Tat verband Die Woge, die sein Arm in Blut verkehrte: Mit ihr das halbe Tier, das in dem Land Ein blindes Volk gleich einem Gott verehrte: Der hat verkehrt, was hin und wieder rennt So daß es nur ein scharfes Auge kennt. (S. 131, Nr. 11) Vorwärts sprichts und rückwärts sprichts: Wohl dagegen hab ich nichts. Ja, es gibt selbst Palindrome beiderlei Art, die auch von und nach der Mitte gelesen eine Bedeutung ergeben; das einfachste (S. 137, Nr. 3): Hoch in Brasilien Und in Kastilien, Tief in Australien Und in Westasien. Aus und ein beredet sie Die Geometrie. Ist die Scharade mehr geeignet, zu Gründlichkeit und Genauigkeit zu erziehen, so trägt eingehende Beschäftigung mit der zuletzt besprochenen Form der Worträtsel —die Übung des Rückwärtsschreitens — zum Erwerb geistiger Beweglichkeit und Wendigkeit bei. Sie dürfte besonders bei einer gewissen Schwerfälligkeit und Trägheit der geistigen Auffassung zu erwünsch¬ ter Auflockerung verhelfen. Auf das Palindrom folgt das Buchstabenrätsel, früher Logogriph genannt. Die Veränderung eines oder mehrerer Laute, d. h. Buchstaben bringt eine Veränderung der Bedeutung. Es ist die seichteste, dafür heute gebräuch¬ lichste Variation des Rätsels. Wie Arnold mitteilt, hatte Brentano den Ehr¬

geiz, alle jene Wörter zu finden und aufs geistreichste zu verrätseln, in de¬ nen alle fünf Vokale den Platz tauschen können. Er brachte vierzehn solche Rätsel zusammen. Seine Meinung, damit alle Möglichkeiten erschöpft zu ha= ben, war allerdings nachweislich falsch. Vom geistreichen Humor Brentanos zeugt der originelle Vierzeiler, der den Löser gleich zweifach „aufsitzen läßt (S. 143, Nr. 16): Geschrieben wird mit zwei Paar Zeichen Ein Tier, das pflegt bepackt zu geln; Will einer, daß es bleibe stehn, Muß er ihm eins von hinten streichen. Eine besondere Spezialität unseres Philosophen sind das Füll- und das Schling-Füllrätsel. Es sind die einzigen, zu denen er auch die Lösungen mitgeteilt hat. Ein Satz wird abgebrochen und in der Form ergänzt, daß der Schluß aus zwei oder mehr gleichlautenden Teilen besteht, deren Silbenzahl durch eine gleichgroße Anzahl der Silbe „dal bzw. „dildal aus¬ gedrückt wird. (Beispiel Nr. 12, S. 152) Mein Freund hat mich verlassen; aber ich hoffe, es wird bald wieder sein dal dal — dal dal. (Lösung: Herz ihn — herziehn.) Ein sehr modernes (S. 156, Nr. 24): Es ist kein Geld mehr unter den Leuten. Neulich wollte ich mir welches leihen: aber vergeblich frug ich in der ganzen dal dal dal dal dal dal. (Nachbarschaft — nach Barschaft.) Beim Schling-Füllrätsel wird ein abgebrochener Satz durch einen Schüt¬ telreim ergänzt (S. 180, Nr. 6): „Wie glücklich sind wir Kinder, denen so liebevolle Eltern, die sich nur an den Freuden, die sie uns dil dal dil dal dil dal di dal. (Die Lösung: geben, laben, Leben gaben.) Bei aller Originalität wird diese Rätselform wohl historisch bleiben. sei ein Homoionym vorgelegt und damit die Reihe der Noch einmal Beispiele abgeschlossen (S. 68, Nr. 27): „Nein, zum Kuckuck mit dem Spaß, Ders statt mein entdecke Und der Aenigmatias Flieget in die Ecke. „Doch es nagt und brennt. Muß ihn doch getrennt! Und ein leuchtendes Gesicht Sagt, daß du's gefunden. Half dir auch der Kuckuck nicht, Half dir das verbunden.

Wer sich beim Lesen obiger Proben um eine Lösung bemüht hat, wird vielleicht in steigendem Maß die Freude am freien Spiel der Gedanken beim Rätselraten empfunden haben, und er wird nicht weit entfernt sein vom Ver¬ ständnis, welch geistige Anregung eine solche Sammlung demjenigen bieten kann, der sich intensiver damit beschäftigt. Ein geistvolles Rätselbuch kann derart zum stets willkommenen Begleiter und trauten Freund in manchen Mußestunden des Lebens werden. Sogar die schon aufgelösten Partien be¬ halten ihren Reiz. Man fühlt sich gedrängt, das eine oder andere Rätsel im Bekanntenkreis vorzubringen, bei dieser und jener Gelegenheit, und so ent¬ puppt sich unter Umständen auch noch die soziale Note einer solchen Kom¬ position. Und deshalb darf vielleicht auch eine persönliche Erfahrung aus dem Schulbetrieb hier erwähnt werden: Eines Tages kam der Schreiber dieser Zeilen auf den Gedanken, im Rahmen des Philosophischen Einführungsunterrichtes gelegentlich — etwa nach Vollendung eines bestimmten Pensums, in Supplierstunden oder letzten Ein¬ heiten vor Ferien — solche Rätsel den Schülern gleichsam als geistige Zukost (Dessert) darzubieten. Es erwies sich tatsächlich als gutes Mittel zur Schärfung und Belebung des Denkens. Die Schüler waren begeistert und über trumpften sich geradezu an „Zuvorkommenheit", der Erfolg dementsprechend erfreulich. Bald versuchten sich die gewandtesten am selbständigen Produzie¬ ren und es kamen einige Geschöpfe zur Welt, die sich durchaus sehen lassen können. Zum Jahresabschluß konnten an die besten Löser als selbstgestiftete Preise je ein Exemplar des „Hauses der hundert Rätsel“ verteilt werden. Der Weg des Rätselschöpfers (schaffenden Künstlers) muß vom Rätsellöser (nachschaffenden Kunstgenießer) gleichsam rückwärts abgeschritten wer¬ den. Gelingt dem Zusammenwirken der Kräfte diese produktive Rücküber setzung der Bilder, dann wird geistige Befriedigung erlebt von der Art der Forscher- und Entdeckerfreude. Da aber kein äußerer Zwang besteht, tritt überdies die glückhafte Empfindung souveräner Freiheit auf, gleich der Betätigung im Spiel. In der Übung, Fortbildung und Harmonisierung der polaren Kräfte auf der einen und dem befreienden Charakter edlen Spiels auf der anderen Seite liegt die erzieherische Bedeutung des Rätsels für Schule und Haus, sein geistiger Wert und Reiz auch noch für den dafür aufgeschlossenen Menschen unserer Zeit. Betrachten wir abschließend die bei den Lösungsbemühungen eingetre¬ tenen Erlebnisse etwas näher. Zuerst empfindet der Rätselknacker lebhaft sein Unvermögen als mehr oder weniger schauerliche Stumpfheit seines Denk¬ apparates. Bei wiederholtem Versuch und damit verbundener Anstrengung aber wird es im Innern lichter, ein Seelenteil wird gelöster, wendig und le bendig. Es ist wie das Ausstrecken unsichtbarer Fühler in eine sich allmählich erhellende und erfüllende Region hinein. Wortleiber und gefüge werden ertastet, Sinngehalte erhört, Sprachgesten und physiognomien erspäht. Wie der Dichter im Bereich des lebendigen Wortes beheimatet ist, so wird der Rätselfreund erwürdigt, wenigstens wie über den Zaun in diese bunte Welt hineinzublicken. Und unversehens ist dann die Lösung da. Wie wenn sich jemand eines vergessenen Namens besinnen will, auf die Suche begibt, in die Nähe gelangt und einen ersten Anhaltspunkt findet, wieder in die Irre geht, zurückkommt, auf ähnlich Klingendes oder Bedeutendes geführt wird und plötzlich ist es eingefallen"! Einen Augenblick fühlt sich der Su¬

cher vom Genius berührt und weiß nun, er hat sich soeben in einer Welt elementarer Denksubstanz bewegt. Anmutig an das Reich der lebendigen Gedankenwesen heranzuführen, ist die Sendung des kleinen Kunstwerks Rätsel. Daß es dies als aus dem Menschen selbst hervorgegangenes Produkt zu leisten vermag, ist nur ein Teil des großen Rätsels der Rätsel: Mensch. (Anmerkung: Die Literatur über das Rätsel ist relativ gering. Der Große Brockhaus von 1956 weiß für die letzten hundert Jahre nur wenige wei¬ tere Publikationen zu nennen — insgesamt elf Bücher und Abhandlungen. Wir finden hier unterschieden zwischen dem älteren, nicht-ratbaren Rätsel mit magischem, kultischem oder soziologischem Gepräge, „... das dazu dient, den „Wissenden als Glied eines Sozialverbandes (Familie Stamm) oder einer Kulturgemeinschaft auszuweisen, und dem ra¬ baren Rätsel, das „... vielfach allein als echtes Rätsel angesehen wird. Die Unterscheidung deckt sich im wesentlichen mit der von uns durchgeführten zwischen den „Vorstufen“ und dem „Rätsel im engeren Sinn Zitierte Autoren: Franz Brentano : Aenigmatias, Rätsel, 4. Auflage, Wien—Leipzig 1933. Arthur Fischer Colbrie: Das Haus der hundert Rätsel, Graz und Wien 1955. Rudolf Steiner: Der Philosoph als Rätselschmied, 1923; in Goethe¬ studien etc., Gesammelte Aufsätze, Dornach 1932, S. 115 ff. Robert F. Arnold: Der Irrgarten, 333 deutsche Rätsel, Wien 1928. Robert Petsch: Das deutsche Volksrätsel, Straßburg 1917; in Grund¬ riß der deutschen Volkskunde, herausgegeben von John Meier, Bd. 1. Lies Hanika-Otto: Sudetendeutsche Volksrätsel, Reichenberg 1930; in Beiträge zur sudetendeutschen Volkskunde, Bd. XIX. Adolf Ausfeld: Die Sage vom großen König Alexander, Beilage zum Programm des Großherzoglichen Gymnasiums und Realgymnasiums in Lörrach für das Schuljahr 1907/8. Ernst Zawischa: Franz Brentano und die Rätselkunst, erschienen in der Kulturzeitschrift „Das Goetheanum, Wochenschrift für Anthroposo phie, 34. Jgg., Nr. 6 v. 6. 2. 1955, S. 42 ff. Dieser Aufsatz liegt den obigen Ausführungen zugrunde. Er wurde hier durch Einbeziehung der genannten einschlägigen Werke wesentlich erweitert und zur Abhand¬ lung ausgestaltet.

AUS DEM LEBEN DER SCHULGEMEINSCHAFT SCHULCHRONIK 12. 9.: Wiederholungs-, Nachtrags- und Aufnahmeprüfungen. — 13. 9. 14. 9.: Die Schüler ver¬ Fortsetzung der Prüfungen; Lehrkörperberatung. sammeln sich in den Klassenzimmern; Ordinariatsgeschäfte. — 15. 9.: Eröff¬ nungsgottesdienst. 28. 9.: Wandertag 16. 9.: Eröffnungskonferenz. 26. 10.: Tag der Fahne (Festliche Musik; Heinrich Suso (ganztägig). 25.11.: Hauptversammlung der Eltern- Waldeck, Österreich; Fahnenspiel). 6. 12.: Beurteilungskonferenz; Oberstudienrat Dr. Franz vereinigung. Hasl gestorben. — 12. 12.: Begräbnis des Herrn Oberstudienrates Dr. Hasl. 24. 12. bis 8. 1.: Weihnachtsferien. 10. 12.: Ende des 1. Triesters. 29. 1. bis 4. 2.: 14. 1.: Direktorstag. 11.11.: Lehrkörperberatung. 23. 2.: Beratung über die Prüfungsfächer der Schikurs der 4 a und 4 c. 16. 3.: Kommunion Maturanten. — 15. 3.: Zweite Beurteilungskonferenz. 25. 3.: Ende des 18. bis 25. 3.: Schikurs der 5 a, 6 a, 4 b, 5 b. tag. 26. 3. bis 4. 4.: Osterferien. — 7. 4.: Allgemeine Konfe 2. Triesters. 12. 5.: Abschlußkonferenz für die 8. 4.: Zweiter Sprechtag. renz. 20. bis 23. 5.: 16. bis 19. 5.: Schriftliche Reifeprüfung. 8. Klassen. 12. bis 16. 6.: Mündliche Pfingstferien. 31. 5.: Wandertag (ganztägig). — 12., 13. u. 16. 6.: Jugendschwimmtage. — 26. 6.: Aufnahme Reifeprüfung 27. 6.: Staffelschwimmen für Knaben und Mädchen. — 28. 6.: prüfungen. Klassifikationskonferenz. — 4. 7.: Wandertag (halbtägig). — 6. 7.: Abschlu߬ 7. 7.: Schulschluß: Dankgottesdienst, Zeugnisverteilung. konferenz. OBERSTUDIENRAT PROF. SCHOLLER IM RUHESTAND Zu Ende des Jahres 1960 trat nach Vollendung seiner Dienstzeit Ober¬ studienrat Prof. Anton Scholler in den Ruhestand. Oberstudienrat Scholler, ein Salzburger, maturierte 1915 an der Real¬ schule Steyr. Dann studierte er Kunstpflege und Mathematik in Wien. 1924 trat er als Lehrer dieser Fächer seinen Dienst am Bundesrealgymnasium Steyr an. Nach Ablegung des Probejahres blieb er bis zu seiner Pensionierung an dieser Anstalt tätig. Neben der Arbeit an der Schule wirkte Oberstudienrat Scholler als akademischer Maler und widmete seine Kunst vor allem der Landschaft Steyrs und seiner Umgebung. Im Dezember 1956 wurde das Wirken dieses liebenswürdigen, stillen Lehrers und Freundes der Jugend von der obersten Dienstbehörde durch die Verleihung des Titels „Oberstudienrat ausgezeichnet. Seine Kollegen und seine Schüler wünschen ihm noch viele frohe, gesunde und glückliche Jahre.

REIFEPRUFUNGEN SCHRIFTLICHE REIFEPRUFUNG DEUTSCH am 16. Mai 8 - Klasse (Prof. Grandy) 1) Begnadetes Vorrecht, für viele zu leben ein Lehrer, ein Priester, ein Arzt der Welt! 2) Was haben die Dichter der deutschen Klassik der heutigen Jugend mitzugeben an Werten, die ihr Dasein formen und bereichen? 3) Das Antlitz unserer Zeit (Charakteristik vom Standpunkt der jungen Generation aus) 8 c-Klasse, (Prof. Holub 1) Nehmen Sie Stellung zu dem Satz: „Die Geschichte ist die große Lehrmeisterin der Menschheit Was sind, ihrer Meinung nach, die wertvollsten Güter des Menschen? 3) Die höchsten Türme fangen beim Fundament an (Edison) 8 b. Klasse (Prof. Dobrauz) 1) Es ist besser, auch nur eine Kerze anzuzünden, als über die Finsternis zu klagen Längst sind Meere keine Zäune, Sind Gebirge keine Schranken, Sieghaft selbst durch Athers Räume Dringen Menschen und Gedanken 3) Uns geht die Sonne nicht unter (Unsere Wünsche, unsere Ideale MATHEMATIK am 17. Mai 8 - Klasse (Prof. Huber) 1) Eine Schachtel von der Form eines regelm. sechsseitigen Prismas mit dem Volumen V = 1,5 cm ist so herzustellen, daß das für die Schach¬ tel und den zugehörenden Deckel notwendige Material ein Minimum wird. Der Deckel soll ein Pyramidenmantel werden mit gleichen Grundkanten wie die Schachtel. Die Neigung der Seitenflächen soll die techn. Steigung te ergeben. Wie lang ist die Grundkante und wie hoch ist die Seiten¬ kante des Prismas zu wählen: Zwischen zwei Sendern A und B an der Küste, deren Abstand 25 km beträgt und die in Richtung West-Ost liegen, befindet sich 10 km von A entfernt ein Hafen. Ein Schiff peilt die beiden Sender an und findet die Richtungen: A vom Schiff aus 209" 3 rechtsweisend B vom Schiff aus 140° 12 rechtsweisend. Welchen Kurs muß das Schiff fahren, um den Hafen auf kürzestem Weg zu erreichen? 22

3) Gegeben sind die beiden Kurven 1 und (7)2 + 2 45 24 10 Suche die Gleichungen der gemeinsamen Tangenten und die Länge der zwischen den Berührungspunkten liegenden Tangentenstrecke Jemand verkauft seinen Grundbesitz im Werte von 250.000 S gegen eine zu Beginn eines jeden Jahres fällige und ab sofort durch 15 Jahre zahlbare Rente bei 4 Prozent p. a. Wie hoch fällt diese Rente aus, wenn beim Abschluß 7175 S an Steuern und Gebühren zu Lasten des Rentenempfängers vom Käufer des Grundstückes bezahlt werden müssen? 8 c-Klasse (Prof. Huber) 1) Ein Geschäftsmann hat einen Kredit aufgenommen, den er am Ende eines jeden Jahres in Raten R 2765,1 S im Laufe von 7 Jahren zu¬ rückzahlen muß bei 5 Prozent p. a. Er vereinbart nun, daß seine Zah¬ lungen erst am Ende des dritten Jahres beginnen sollen, aber trotzdem am Ende des 7. Jahres abgeschlossen sein sollen. Wie hoch ist die neue Jahresrate? Es soll eine Schale von der Form einer Kugelhaube gepreßt werden. Die Fläche der gepreßten Schale soll 32 cm betragen. Welche Abmes¬ sungen muß die Schale haben, damit das Volumen ein Maximum wird? Wie groß ist das Volumen? Wie hoch darf die Schale auf Wasser schwimmend höchstens belastet werden, wenn ihr Gewicht 74,04 g beträgt? Suche die Gleichung jener Hyperbel in Mittelpunktslage, die die Ge¬ rade 4 - 3 - 2 = 0 im Punkte P (2, y) berührt! Suche die Glei¬ chung jenes Kreises, dessen Mittelpunkt auf der X-Achse liegt und der die gegebene Gerade im selben Punkt wie die Hyperbel berührt Auf einem gleichmäßig geneigten Hang steht ein Baum. Geht man vom Baum 20 m in der Fallinie aufwärts, so bildet die Visierlinie von diesem Punkt gegen die Spitze des Baumes (Wipfel) mit der Fallinie einen Winkel von 50 26; geht man aber 20 m vom Baum abwärts in der Fallinie, so bildet von diesem Punkt aus die Visierlinie mit der Fallinie einen Winkel von 32° 48. Wie hoch ist der Baum? Wie groß ist der Neigungswinkel des Hanges gegen die Horizontale? 8 b. Klasse (Prof. Hopf 1) Ein Versicherungssparbrief (nach 5 Jahren wird an den Versicherten die volle Summe, bei dessen früheren Ableben an den Überbringer der Urkunde die volle Summe ausbezahlt) lautet auf S 30.000.—, die Mo¬ natsprämie beträgt S 570.—. Zu welcher Höhe wäre die Summe der Einzahlungen angewachsen, wenn sie nicht an die Versicherungsgesell¬ schaft, sondern auf ein Sperrkonto geleistet worden wäre, das mit 4 Prozent p. a. verzinst wird? Welchen Betrag berechnet die Ver¬ sicherungsgesellschaft für Verwaltung und Risiko? 2) Von der Spitze des 27 m hohen Kirchturmes in Altmünster am Traun¬ see erblickt man die Traunsteinhütte unter dem Elevationswinkel von 1025 33”, ihr Spiegelbild unter dem Depressionswinkel von 23

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