76. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1958/59
auch, da~ der Rat nicht recht wu~le, was er in der Sache weiterhin tun sollte. Der letzte Falschmünzer war in Steyr 1518 hingerichtet worden, aber wer da- mals die Untersuchung führte, wu~le man sicher nicht mehr, die Stadt oder die Landesregierung. Fiel Falschmünzerei noch in die Kompetenz des Stadt- richters oder nicht? Es war ein CRIMEN LAESAE MAJESTATIS, das da vorlag, ein Verbrechen gegen den Kaiser und eine Beleidigung seiner a llerhöchsten Majestät. Als solches fiel es eigentlich unter die Kompetenz der Landes- regierung in Linz und war dem Stadthalter Bericht zu erstatten. Aber hatten sich nicht die Zeilen geändert, stand nicht der Rat einer Stadt wie Steyr im Jahre 1570 ganz anders da als 1518? Der lutherischen Lehre halle man mit a llen zur Verfügung stehenden Mitteln, selbst gegen den Willen des Kaisers, zum Sieg verholfen; am 7. XII. 1568 hatte Kaiser Max II. dem Landtag zu Linz die Bewilligung zur freien protestantischen Religionsausübung auch für die landesfürstlichen Städte gegeben und nun war das Wort von Bü rger- me ister, Richter und Ral innerhalb der Stadtmauern beinahe allmächtig. Man er innerte sich auch - in aller Demut natürlich - ganz gern daran, da~ der Ka iser 1566 für den Feldzug gegen die Türken Geld gebraucht, weswegen man ihm unverzüglich ein Darlehen von 20.300 II. (Gulden) gewährt halle, zinsenfre i natürlich. Ja, hauste nicht diese schreckliche Seuche, die Stadl wäre stark wie kaum je zuvor. So begann de r Rat nun in eigener Machtvollkommenheit die Sache der Falschmünzer und Majestätsverbreche r zu untersuchen, der Stadtschreiber legte einen Akt an und verfertigte ein Protokoll über die Examinierung der Obel- täter. Acht Männer und drei Frauen standen vor Gericht. Aus ihren Aussagen ging sofort klar hervor, wer der Anführer und Organisator der Falschmün zer- gesellschaH von allem Anfang an gewesen war. Von Haus aus scheinbar zum Renommieren neigend, erzählte er ausführlich, und wie die Tortur ergab, ohn e etwas verheimlichen zu wollen, se ine Geschichte: Kaspar Taubitsch und sein Eheweib Margarete waren vor etlichen Jahren von Waidhofen an der Ybbs nach Steyr übersiedelt und hatten sich im Aichet, vor der Stadt, niedergelassen. Der Mann hatte eine reichlich bewegte Vergangen- hei-t und unterhielt seine Familie oft mit Geschichten aus seiner Landskne chl- zei't. In Ungarn war er gegen die Türken marschiert, da war es nicht immer ganz fein zugegangen. Nach dem .leidig abzug von ofen" waren besonders schlechte Zeilen für die Landsknechte gewesen und bei Comorn war es eines Tages zu einem . Rumor" zwischen Ungarn und Soldaten gekommen, die ihre mangelhafte Verpflegung auf eigene Faust einigerma~en zu verbessern lrach- lelen. Taubitsch schnitt bei dieser Gelegenheit einem Ungarn, der angeblich drei deutsche Knechte wegen eines Brotes erschlagen hatte, mit einem Brot- messer die Kehle durch. Später gab er das Kriegshandwer k auf, zog nach Waidhofen an der Ybbs und versuchte se~haft ·zu werden. Nach einiger Zeil heiratete er die Tochter des Mesners und riclilele sich im Glockenturm eine Werkstätte ein. Die Stille dieser Arbeitsstätte brachte ihn bald auf den aben- teuerlichen Gedanken, seine Finanzen mit Hilfe von selbstverlertiglen Mün- zen zu verbessern. So verfertigte er sich . ein Punzl und Slempfeisen", schlug damit Zweikreuzerslücke und schickte seine Frau mit diesen Münzen zu den Bauern einkaufen - es gelang vortrefflich. Das Falschmünzen schien eine ein- 8
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