STEYR - 1608/09 1 ) Bürgermeister Matthäus Jahn und Stadtrichter Paul Trauner lenkten in diesem Jahr die Geschicke der Stadt, die sich wirtschaftlich und politisch zu den bedeutendsten des Landes zählen konnte. Ihre Handelsverbindungen reichten weH über die Grenzen der Erblande hinaus und ihre Bürger halten Sitz und Stimme in den Landständen. Gerade in diesem Jahre 1609 hall ihre Stimme mif, dem Erzherzog Mathias eine wichtige Entscheidung abzutrotzen, die Gewährung der Religionsfreiheit.') Die protestantischen Landstände halten sich zu diesem Zweck aus Wien entfernt, sich in Horn im Waldviertel versammelt und, den Streit zwischen Malhias und seinem kaiserlichen Bruder Rudolf II. ausnützend, am 19. 3. 1609 tatsächlich Religionsfreiheit erhalten. freilich legalisierte diese Zusicherung nur einen schon bestehenden Zustand, denn im Vorjahre, am 31. 8. 1608, halte man versucht, Erzherzog Mathias zum Nachgeben in der Religionsfrage zu zwingen und gleichzeitig auch schon den evangelischen Gottesdienst wieder eingeführt. Wer konnte ihnen das im Augenblick verwehren? Der Kaiser war weil, sa~ auf dem Hradschin in Prag und studierte die Sterne, sein Bruder Mathias aber war von den Landständen abhängig. Wollte er Soldaten, so brauchte er Geld, wollte er Geld, so brauchte er die Landstände - wer aber von diesen würde so unvernünftig sein, ihm Geld zu geben, damit er ihnen dann mit seinen Soldaten auf den Hals käme? Wenn Geld, dann höchstens für Soldaten, die gegen Rudolf II. marschierten und als Dank für das Geld - Religionsfreiheit! Mit Jubel hallen die Sleyrer die Rückkehr der evangelischen Prädikanten begrü~t, und als diese am 31. August 1608 zum erstenmal seil ihrer Ausweisung im Jahre 1597 wieder in der Schulkirche predigten und das Abendmahl spendeten,') war der wichtigste Schrill zur Wiedereinführung der Augsburger Confession getan, der 19. 3. 1609 bestätigte ihn nur. Nun halle man wieder ein evangelisches Kirchenministerium, dem Johann lsingius aus Willenberg als Pfarrer vorstand, und eine Lateinschule mit Egidius Weixlberger aus Regensburg als Rektor und Georg Taubenrack aus Eferding als Kantor. Als Konrektor wurde Magister Jakob Tydeus von Horn in Aussicht genommen. Das evangelische Gymnasium in Horn•) halle einen guten Ruf; selbst aus gro~en Entfernungen schickfen die Adeligen ihre Kinder dorthin. Die Steyrer, denen Horn auch sonst ein Begriff war, versuchten nun, den Konrektor Tydeus (Tydeo, Tydaco) dieser angesehenen Schule für die Steyrer Lateinschule zu gewinnen und bald interessierten sie sich auch für den dortigen Organisten Paul Peuerl. Die Ratsprotokolle vermerkten am Beginn des Jahres 1608 Beschwerden des alten Steyrer Organisten. Niemand, so sagt er, sei da, ihm die Bälge zu 1) Pritz S. 236 ff; Preuenhuber S. 330 ff. 2) Lhristoph Kirner war Abgeordneter Steyrs in Horn und der Stadtrid,fer Paul Trauner unferzeidrnefe die „Kapitulation• für Steyr. ') Lindner S. 170-172; Ralsprotokolla vom 30. 8. 1608 (Bd. 27, Nr. 27). ') P. Friedrich Endl:. Geschichte der alten Stadtschule Horn, NO., in den Beiträgen zur österreichischen Erziehungs- und Schulgeschichte, Heft III, Wien 1901. 10
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2