EIN WORT ZV DEN QVELLEN Man k~nn geschichtliche Ereignisse nach Daten ordnen, nach Persönlichkeiten, die sie hervorgerufen haben oder von ihnen emporgelragen worden sind, man kann Kriege als Meilensteine der Geschichte betrachten oder sagen, daf} kulturelle Höchstleistungen den Werl der Epochen bestimmen - nie aber wird Geschichtsbetrachtung ohne Berücksichtigung der Quellen möglich sein. Geschichtliches ist geworden, weil heule Vergangenes einst lebte, und wer Geschichte erleben will, muf} versuchen, dem Vergangenen so nahe zu kommen, daf} er seine Stimme vernimmt. Ein Weg dazu führt über das Archiv. Dort finden wir Briefe, aus denen noch der Streusand rieselt, den ein eifriger Schreiber vor 100, 200, 300 oder mehr Jahren über seine mehr oder weniger ebenmäf}igen Schriftzüge streute, um sie fein säuberlich abzutrocknen, Gesuche, Testamente, Strafakte, Ratsprotokolle, kleine und grof}e .Zedln" füllen die ordentlich gebündelten Faszikel, die auf den Regalen warten, bis wieder einmal jemand kommt, der wissen möchte, •wie es damals war", als ein Federkiel emsig über das rauhe Papier kratzte. Was bietet uns das Archiv im Falle Paul Peuerl? Der Faszikel .Pfarrkirchenakte 1609", Kasten XI, Lade 26, enthält unter Nr. 94 ein paar Blätter, die über Peuerls Berufung nach Steyr als Organist an der evangelischen Kirche Aufschluf} geben.') Es wird in der Folge von ihnen die Rede sein, denn sie sind der Ausgangspunkt für olles, was wir über das Leben des Organisten Peuerl in Steyr sagen können. Es scheint auf den ersten Blick etwas wenig und doch, diese Blätter lassen uns einen Menschen sehen! Ist das nicht sehr viel? Was wollen wir noch? Den Hintergrund, vor dem das Schicksal dieses Menschen entschieden wurde - Steyr. An Quellenmaterial dafür leiden wir keine Not, wir wollen nur das Wichtigste für unseren Zweck heraussuchen. Jeder, der einmal im Archiv gearbeitet hat, weif}, daf} man zuerst etwas ratlos vor der Frage steht: •Wo fange ich an?" Der Archivar im Sleyrer Rathaus, Herr Amtsrat Koller, an dessen verständnisvolle Hilfsbereitschaft sich viele Studenten dankbar erinnern, pflegt einem in einem solchen Augenblick ein umfangreiches alles Buch in einem stillen Winkel auf den Tisch zu legen, die Annales Styrenses des Preuenhuber') Valentin. Sie reichen aus der sagenhaften Zeit der Gründung Sleyrs bis in das Jahr 1618 und sind, wie der Verfasser im Untertitel sagt, .aus der Stadt Steyr uraltem Archiv und anderen glaubwürdigen Urkunden, Aklis publicis und bewährten Fontibus mit besonderem Fleif}e verfaf}I" {1740 in Nürnberg gedruckt). Dieses Buch ist für die angegebene Zeit eine Heimatkunde, wie wir sie uns gar nicht besser wünschen könnten. Wer fürchtet, durch den Protestanten Preuenhuber zu einer einseitigen Geschichtsbetrachtung verleitet zu werden, der lege sich daneben die Annalen (1590-1622) des Wolfgang Lindner,3) eines streng katholischen Schulmeisters, 8 1 ) Wenn in der folgenden Arbeit das Stadtarchiv zitiert wird, so ist immer dieser Faszikel des Steyrer Stadtarchivs gemeint. 1 ) Vgl. dazu den Aufsatz: DDr. Karl Eder, ..Ein Reformationshistoriker - Valentin Preuenhuber" in Heft 15, Dezember 195S, der Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr. 3) Herausgegeben von K. Schiffmann im Archiv f. d. Geschichte der Diözese Linz, 6. Bd. 1910.
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