71. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1953/54

·dem Opiumgenuß und endet durch Selbstmord: Nicht ungestraft war -er iin die zwielriichtige, fremde Wel t Indiierus hinabgetaucht. Nur we- n ig besser ergeht es seinem großen Nachfolger auf dem Gouverneur- posten - Sii.r Warren Hastings - . Wer war aber nun Radscha Somru? Welche Rolle spielte er im Abwehrkampf der Herrscher Incl:ieDJS? - Warren HastJilngs hatte es nicht ,so leicht wie Clive. Die 'indiischen Fürsten hatten erkannt, wie .se.i.n Plan dahin gehe, ein Fürstentum nach dem anderen aus dem •Gefüge der stammhaften •indischen Feucllalstaaten heraUISzubrechen. Man begegnete Hastings Angeboten mit Mißtrauen und bekämpfte ihn offen. Hastings Ziel war zunächst, nach dem Fall von Benares siiich des Lancfus Serdllana zu bemächtigen, <llas ihm eine Schlilisselposition in1 Kreis der Binnenstaaiten einzunehmen sdhi'en. Aber Serdhanas Fürst war kein Inder, sondern ein Deutscher, der als Kolonialoffizier in franzö.sischen Diensten tapfer gekämpft ll!Ild s ich mtt der begabten wie schönen Erbtochter AJJi:da des Fürstenhauses von Serd!hana ver- mählt hatte. Er nannte sich Sommer und über diesen „Radscha Somru", wie die Inder ihren weißen Herrn nannten, konnte Hastings n1cht so leicht hinwegkommen. Er mußte fallen! Zwar führte Som- rus Gattin, ct:ie Beg.um Alida, den Kampf heldenhaft weiiter, doch mußte si:e sich schließlich der Überlegenheit des mit den gewohnten üblen Methocfun arbeitenden Engländers beugen. Hastings verleibte Serdhana dem Besitz der Kompanie eli!n, und die Begum mußte sich mit einer fürstlichen Pension abfinden. Es ist wenig bekannt, daß d ie abenteuerliche Geschichte der Unterwerfung des Fürstentums Serdhana von einem gr,oßen öster. refohischen D.i'ohter d!ramatisiert wurd'.e. Freiherr Münch-Belling- hausen (er nannte sicch bescheiden Fr. Halm), der erfolgreiche Rivale Gri'rlparzern, dem alles zu erreichen vergönnt war, was jenem das Schicksal an Ehren und Gütern versagte, schuf aus dem anregenden Stoff das letzte seiner me.i:sterhaft gebauten Dramen. Er, der e in ,.g;anzes Leben darauf verwendet hatte, er,greifend'e oder packende Frauenschicksale eiiner genialen, über alles geliebten Schauspielerin zuliebe tragli!sch zu gestal ten , gedlachte mit der „Begum Somru" seine _großartigs t e und reifste Frauengestalt der Bühne des Burgtheaters zu schenken. Doch auch ~hren großen Gegenspieler Warren Hastings stattete der Dichter reichlich mit gewtnnenden Zügen aus. Ihn stellt der Dichter als ges chickten Diplomaten - oder Ränkeschmied - auf die Bühne, der das Fürstenturm Serdhana der Kompanie sichert. Doch Ha st:ing,s ist mehr als Diplomat, Intrigant und Zyniker: er ist Tatmensoh und Träumer in einem: Von Ungeh eu erl 'icl1.em träumt er: Nach China vorzustoßen und ein neues, gewaltiges Reich zu gründen: Gerade diese Größe seiner Träume ist es, die i'hn in die ·Reihe der Baumeiister des britischen Weltreiches einreiiht, d ie ers t .hundert Jahre später mit Cecil Rhodes enclien sollte. 55

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