70. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1952/53

VIKTOR TRAWTWEIN RÖMERMÜNZEN ALS KUNSTWERK UND ALS ZAH LU N Q S M ITTEL Unser Jahresbericht enthält, einer längeren Übung folgend, wie der eine wissenschaftliche Arbeit, eine Veröffentlichung von Römer münzen, die auf dem Boden des alten Lauriacum gefundbn wurden und im Besitz des Herrn Bruno Wertgarner in Enns sind. Gleich zeitig wird eine größere Anzahl solcher Münzen aus Enns an andierer Stelle (Jahrbuch des oberösterr. Musealvereines 1953) der Öffent lichkeit vorgelegt und auf diese Weise der Bearbeitung und Aus wertung durch Numismatiker und Althistoriker zugänglich gemacht. Die älteren Ennser Funde, vor allem auch die Münzen, bedürfen längst einer Detailbearbeitung, damit sie der gi'oßen Forschung greif bar werden. Die Beschäftigung mit Münzen ist ja nicht bloße Liebhaljerei, vielmehr vermittelt sie tiefe historische Einsichten. Darauf sollen unsere Münzbilder und die folgenden Zeilen hinweisen. Die Römermünzen tragen seit Caesar auf der Vorderseite den Bildniskopf des Herrschers oder seiner Familienangehörigen. Gleich unter Augustus sind die Münzen mit großer Schönheit geschnitten und geprägt. Einen modernen Betrachter könnte höchstens der un gleiche Rand der Münzen verwundern, der nicht die fabrikmäßige Genauigkeit besitzt, die wir bei solchen Dingen gewöhnt sind. Der Kopf des Augustus erscheint auf einer Reihe von Silbermünzen in feiner Idealisierung, erst mit einem leichten Anflug jener harten Kampfstimmung, wie sie den jungen Oktavian vor Erringung der Macht erfüllt haben mag, dann als Jüngling mit edler Zurückhaltung auf den leicht geschönten Zügen. Nach Augustus wird das Münzbild vollkommen realistisch. Die Münzköpfe spiegeln nun dreihundert Jahre lang die wechselnden Individualitäten der Herrscher. Zur Zeit Neros und seiner unmittelbaren Nachfolger ist der Realismus auf dem Höhepunkt. Man kann in der Münzsammlung des Ennser Mu seums einen Kopf Neros sehen, der, stark beschädigt, doch auf Augenblicke das Gefühl persönlicher Begegnung mit diesem Dämon weckt. Ähnlich unmittelbar berührt Kaiser Vespasian auf unserem er sten großen Münzbild. Nach Sueton war Vespasian von mittlerer, 39

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