70. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1952/53

ALBERT MITRINgER ERINNERUNQSßlLDER Mpiche von uns wohnten in einena Giebelhaus, das zusammen mit vielen Giebelhäusern den wundersamen Platz der alten Stadt umsäumt, in dessen Mitte ein ragender Brunnen seine Wasser aus zierlichen Rohren in die massige Steinschale speit. Manchem von uns neigten sich diese Giebeldächer über die ersten Träume und heute noch erinnert er sich gerne, wie an blauen Tagen ohne Wolken diese giebeligen Schindeldächer einen silbernen Glanz der Sonne zurückwarfen und wie silberner auch sich dann die Brunnen er gossen. Manche von uns wohnten am Rand der alten Stadt und sahen so rascher die Hügel der näheren Umgegend, den Berg der Heimat, den mächtigen Wächter und die anderen blaudunkelnden bewaldeten Bergrücken und zwischen ihnen den Bergzug mit den fünf scharf sich zeichnenden Pelszacken, als wäre er ihr Herr und trüge eine Krone. Und wieder andere wohnten bei den Flüssen drunten, wo die groben Ruder der Flöße schlugen, und sie sahen so rascher hin auf das braune Grün des größeren und auf das durchsichtige Grün des hellen Laufes des kleineren Flusses, die nach ihrer Zusammemnündung bald in eine Farbe verschmolzen. AVo immer sie wohnten, als sie dann in die Mittelschule kamen, umfing sie das große Haus mit den schweren Mauern, diese feste Burg, um sie mit den Waffen, die sie ihnen zu geben hatte, für das Leben zu rüsten. Ja, dieses alte Gebäude hat vieles unserer Jugend- .iahre in sich bewahrt. Denken wir an die Schulgänge und den Blick in den geräumigen Hof mit seinen riesigen Bäumen. Denken wir an den Turnsaal und erst recht an die einzelnen Klassen im obersten Stock. * Und die Menschen? Die Lelmer, die Mitschüler? Blieben sie dir nicht in der Erinnerung wie die festen Umgebungen, die dir so treu im Gedächtnis ruhen? Da war der eine mit dem schmalen Schädel und der langen Stirne, helläugig hinter Brillen hervorbetrachtend; da war der andere, fül liger an Gestalt, die gleiche Überlegenheit über den Schüler inne habend, wie der erste, aber aus anderen Bedingnissen heraus: hatte sie der erste aus schier spielerischer Überschau über Fach und Mensch, so hatte sie der zweite aus der inneren Gestaltung seiner Person — und wieviel lernte der junge Mensch aus dem So-undnicht-anders-sein des Bildners außer dem ihm vermittelten Wissens gut! Da war der dritte, schmal, härter, die Person des Schülers nicht vergessend, aber sie zunächst erprobend an dem ihm zurückgege benen Fachwissen, die Güte in der Härte und durch die Härte hin durch, derart Lebenslehre mit auf den Weg gebend; der vierte, klei ner, oftmals lächelnd, oftmals mißtrauisch hinter seinen BriUen, seinen Stoff im freien A^'ortrag herbringend und so mit Recht sich 17

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