69. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1951/52

geradezu erstaunliche Reichhaltigkeit, fanden wir doch dort nicht we- niger a ls vier Theateraufführungen, eine Oper , zahlreiche Führungen durch Museen und zu den markantes ten Punkten der herrlichen Stadt, drei Empfänge, einen Liederabend mit Han s Braw1, usw. Und das alles war uns für den für die Reichhaltigkeit des Gebotenen ge- radezu lächerlichen Preis von 40 S ermöglicht wmden. Alle Ver- anstaltungen hier aufzuzählen, würde weit über den Rahmen dieses Aufsatzes hin ausgehen. So sei es erlaubt, nur die herauszusuchen und einer näheren Betrachtung zu unterziehen, die uns den vielleicht stärksten Eindruck hinterlassen haben. Schon Freitag abends hatten w ir Gelegenheit, im Theater am Parkring das Schauspiel des zeitgenössischen Dichters Stephan Andres „Gottes Utopia" zu sehen, ein Stück, welches das innerste Er- leben de,s Dichters zum Ausdruck bringt. Die Führung „Von der GotJik zwn Barock" im Kunsthistorischen Museum am Samstag vormittag wurde wohl für al1e zu einem tiefen Erlebnis, hat ten wir doch zum erstenmal Gelegenheit, an Hand von Originalen der berühmtesten Meister der Malerei einen kleinen Streif- zug durch die verschiedenen Stile zu unternehmen. Her r Dr. Heinz war uns ein ver ständiger Führer, der w1s die Unterschiede zwischen italien iJScher u nd deutscher Renaissance aufzeigte und uns dte h err- lichen Bilder eines Dürer, Brueghel, Raffael und Rubens mit erläu- t ernden "\"Torten vor Augen führte . Am Nachmittag desselben Tages sah en wir im Aakademietheater Goethes „Iphigenie" mit Helene Thimig, Albin Skod'a und Fred Lie- wehr in den Hauptrollen. Die Führung vom Par lament zur Univers.ität zeigte uns das Wien der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Im Plauderton geleitete uns Herr Prof. Neumayr an den Parlamentsgebäuden der Ringstraße vorüber und machte uns mit dem Wien der Ringstraßenzeit bekannt. Am Nachmittag desselben Tages hatten w ir Gelegenheit Schillers ,,Jungfrau von Orleans", gleichfa lls eine Aufführung des Burg- theaters, mit Elisabeth Pallina, Albin Skoda, Fred Liewehr, Heinz Moog u. a. zu seh en. Am Montag wurden wir von unserem Herrn Bundespräsidenten, General a . D. Dr. h. c. Theodor Körner, empfangen. Er begrüßte uns h erzlich und richtete einige warm empfundene Worte an uns. Nachmittags konnten w ir die technische Ausgestaltung einer gro- ßen Bühne, der Volksoper, kennenlernen. Diens tag fo lgte durch Vizebürgermeister Karl Honay eine Be- grüßung im Rathaus und anschließend eine Besichtigung der Säle dieses Hauses. Nachmittags schloß s ich eine Au tobusfahrt über die Ringstraße und die Höhenstraße auf der Kahlen- u nd Leopoldsberg an, wohin uns der Au fnahmewagen der Ravag zu einem Interview fo lgte, das drei Stunden später im Sender Wien zu hören war. Unvergeßlich wird allen der Blick über die zu Füßen liegende Stadt bleiben. Als ein un- geheures Häusermeer, aus dem siich nur wenige markante Gebäude, wie der Stephansturm und das Hochhaus, gegen den Himmel abhe- ben, bietet sich ·wien dem Beschauer dar. Unvergeßlich wird uns die Stephanskirche bleiben, deren tiefe Symbolik uns von einem der be• sten Kunsthistoriker Wiens am Gesamtbau, wie an der Kanze l Mei- ster Pilgrams, an den Maßen, mystischen Zahlenverhältnissen und an- deren Einzelheiten enthüllt wurde. .3 33

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