6 Aquaviva 1599 erlassenen Ratio atque institutio studiorum Societatis esu!). Im Laufe des 18. Jahrhunderts machte sich die Gegnerschaft gegen den Lehrplan der Jesuiten, der tatsächlich den Forderungen des praktischen Lebens nicht mehr genügen konnte, immer mehr fühlbar. Es brach sich die Ueberzeugung Bahn, daß neben und vielleicht sogar an Stelle des Gymnasiums eine andere Art von einer höheren Schule nötig sei, eine Schule, deren Zweck auf das praktische Leben abgestimmt ist. So entwickelte sich ein vom Gymnasium völlig emanzi¬ pierter Schultyp, die mathematisch=naturwissenschaftlich=ökonomischen Schulen, die später den einheitlichen Namen Realschulen erhielten?). Der geistige Vater dieser Schulgattung ist Johann Amos Comenius, der „Vater des Realismus“, der „Vater des Anschauungsunterrichtes 9). Als treibende Kräfte dieser Entwicklung sind zu nennen: Der dring¬ liche Aufbau nach den Verwüstungen des 30jährigen Krieges, das Auf¬ blühen von Industrie, Handel und Gewerbe, die Erschließung der über¬ seeischen Länder und die damit verbundene Notwendigkeit der Kenntnis moderner Sprachen, die fortschreitende Verstädterung, das Erwachen des nationalen Bewußtseins und der Umstand, daß die mathematisch=ökono¬ mischen Schulen nicht mehr den Konfessionen unterstanden!). 1) Der Bildungsgang teilte sich a) in die studia inferiora mit 5 Grammati¬ kalklassen und 2 Humanitäts=Klassen und b) in die studia superiora mit 2 oder in 5 philosophischen Lehrgängen. Dgl. Mosser=Reitterer: Die Mittelschulen Oesterreich, S. 1 kl. — Der tiefgehende Einfluß der Jesuitenschulen lag nicht ehr in den Gegenständen, als vielmehr in der harmonischen Verbindung von 0 Unterricht und Erziehung, die diesen Schulen ein scharf umrissenes und ge¬ schlossenes Gefüge mit staunenswerter Erfolgsicherheit verlieh. 2) Die erste in Deutschland errichtete Schule dieser Art war die vom Archi¬ diakon Christoph Semler 1706 in Halle gegründete mathematisch=mechanische Realschule für Knaben. 3) Tschechisch Komenskv. Als „gut lehren“ bezeichnet er bewirken, daß se¬ mand rasch, leicht und sicher lernt (bene docere est ut quis cito, jucunde solide¬ que discat efficere, Methodus linguarum 1o, 2.). Seine Hauptgrundsätze für den Unterricht sind: Verbindung von Wort und Sache, lückenloses Fortschreiten und ein Verfahren, das beim Zögling eine volle, fruchtbringende Betätigung hervorruft. Wenn der Wille des Zöglings zu einer spontanen Mitarbeit ge¬ wonnen wird geht das Lernen wie von selbst. Daher sein Wahlspruch: Omnia sponte fluant, absit violentia rebus. Für das Sprachstudium schlägt er als Reihenfolge vor: Zuerst die Muttersprache, dann die Sprache der Nachbarvölker, nachher Latein. Er gehört zu den bedeutendsten Söhnen seines Dolkes. † 1592. Dgl. Roloff: Lexikon der Pädagogik. I., Sp. 687. 4) In Oesterreich gingen Aufklärung und Absolutismus im Laufe des 18. Jahrhunderts daran, der Kirche die Schule zu entwinden. 1770 legte Graf von Pergen, seit 1766 Staatsminister in inländischen Geschäften, der Kaiserin einen ausführlichen Plan über die Verbesserung des gesamten Schul= und Er¬ ziehungswesens vor. Grundgedanken: Erziehung der Jugend zu gerechten, auf¬ geklärten, zu den Diensten am Vaterland fähigen Christen, Unterstellung der Schule unter den Staat und Ersetzung der Lehrpersonen aus dem Ordensstand durch weltliche Lehrer oder durch Weltpriester. Helfert, I. A.: Die Gründung der österr. Volksschule, I., S. 195—206. Ein Schritt in dieser Richtung war vorher schon das kaiserliche Patent vom 16. November 1755: „Ueber die Ord¬
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