66. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1948/49

43 1 Professor und 50 ehemalige Studenten der Realschule Steyr haben ihre beschworene Pflicht mit dem Tode besiegelt. Zur Erinnerung an die Gefallenen der Anstalt wurde am 11. Juni 1919 im 2. Stock des Schulgebäudes eine Gedenktafel enthüllt!). Ein ehrendes Andenken bleibt ihnen gesichert. Der unglückliche Ausgang des Weltkrieges hatte den Zerfall der österreichisch=ungarischen Monarchie zur Folge. Die Errichtung der Re¬ publik brachte eine größere Umschichtung im österreichischen Schulwesen mit sich. An die Stelle des Ministerums für Kultus und Unterricht trat das deutsch=österreichische Staatsamt für Unterricht*), dem eine eigene Abteilung für Schulreform angegliedert wurde. Eine Reihe von Ma߬ nahmen wurden unter der Aegide des Schlagwortes „Demokratisierung des Schulwesens“ getroffen. Um das Zusammenwirken von Schule und Elternhaus zu fördern, wurden die Elterngemeinschaften (Elternvereini¬ gungen) mit dem daraus gewählten Elternausschuß (Elternrat) ins Leben gerufen'). Um den Schülern im Rahmen der Schule Gelegenheit zu zu geben, Kameradschaftsgeist zu üben, das eigene Pflichtgefühl stärken, die Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern auf die Basis des gegenseitigen Vertrauens zu stellen und den republikanischen Bürgersinn zu wecken, tauchte auch der Plan zur Errichtung von Schul¬ gemeinden mit Schülerräten auf!). Dazu kam eine ganze Reihe anderer Reformen wie Einrichtung von Berufsberatungsstellen, weiterer Ausbau der Pflege der körperlichen Ertüchtigung, Festsetzung eines aufgabenfreien Nachmittages in der Woche und eines Wandertages im Monats). Wie Pilze sproßten neue Schultypen aus dem Boden'). Eine besondere Neuerung betreffs der Reifeprüfung war die Abfassung einer schriftlichen Hausarbeit, die zu¬ erst obligat vorgeschrieben war, später für fakultativ erklärt wurde'). 1) Das Denkmal wurde von Meister Professor Zimpel ausgeführt. (49. Jahresbericht (1918—25), S. 45. 2) Seit dem Bundesverfassungsgesetz vom 26. November 1922, B6Bl. Nr. 844, für führt die oberste Schulbehörde die Bezeichnung Bundesministerium Unterricht. Verordnung der Bundesregierung vom 9. April 1925. 30 Min.=Erl. vom 22. April 1919, Zl. 8224, DE. Nr. 11. Elternhaus und Schule sollten eine gemeinsame Erziehungsgemeinschaft bilden. Im Elternaus¬ schuß war die Schule durch den Direktor und zwei bis drei Mitglieder des Lehrkörpers vertreten. 4) Min.=Erlaß vom 18. Oktober 1919, Zl. 10195, DE. Nr. 67. — Mosser¬ Reitterer: Die Mittelschulen in Oesterreich, S. j4. So weit sie in Tätigkeit getreten sind, haben in Disziplinarfällen die Mitglieder des Schülerrates ihre Mitschüler mit drakonischer Härte abgeurteilt. In einer Konferenz des Lehr¬ körpers waren die Statuten zwar genehmigt worden, aber der Direktor machte in einer Eingabe an den Landesschulrat schwere Bedenken geltend. 5) Min.=Erlaß vom 26. September 1921, Zl. 16652, DE. Nr. 47. 6) Es läßt sich darüber streiten, wie viele ihrer eigentlich waren. Ein Sta¬ tistik zählte einmal 17 verschiedene Tppen auf. Sie reduzierten sich sehr rasch wieder auf die seit jeher bewährten Grundformen: Gpmnasium, Realgpmnasium und Realschule. 7). Min.=Erlaß vom 6. Oktober 1924, Zl. 22011, DE. Nr. 74. In der Matura=Hausarbeit sollte der Schüler in der Behandlung eines selbstgewählten

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