66. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1948/49

29 höchste Hoftager abging, wurden Bürgermeister Dr. Josef Kompaß und die Gemeinderäte Dechant und Stadtpfarrer Alois Zweythurn und Gustav Gschaider nominiert!). Leider war diesem Schritt diesmal kein Erfolg beschieden'). Diese Ablehnung scheint einen tiefen Groll hinter¬ lassen zu haben, wie man aus der kräftigen Sprache beim nächsten Vor¬ stoß 1870 entnehmen kann. Man glaubt heute noch beim Lesen des Protokolls der Gemeinderatssitzung vom 15. Juli 1870 die große Ver¬ stimmung und die verhaltene Erbitterung zu verspüren. Bevor aber näher darauf eingegangen werden kann, ist es an¬ gezeigt, einige wichtige Entscheidungen aus der Gesetzgebung über das Realschulwesen zu erörtern. Im Jahre 1867 drohte den Realschulen eine große Gefahr. Es be¬ des stand seitens der Regierung, wohl aus Gründen der Entlastung Studienfonds, die Absicht, die Realschulen in die Verwaltung und Hoheit der Gemeinden zu übergeben'). Wäre dieser Plan in die Tat umgesetzt worden, so hätte er eine völlige Unterbindung des Aufstieges der Realschule bedeutet. Gemäß dem Staatsgrundgesetz vom Jahre 1867 wurde die Gesetz¬ gebung über die Realschulen den Landtagen überantwortet. Um aber trotzdem eine einheitliche Entwicklung dieser Schulgattung in der Mon¬ archie zu sichern, wurde auf Grund der kaiserlichen Entschließung vom 8. August 1868 unmittelbar nach Inkrafttreten der Dezemberverfassung von der Regierung den Landtagen ein Gesetzentwurf betreffs der Real¬ chulen vorgelegt, der in allen wesentlichen Punkten übereinstimmend in den Jahren 1869/70 Gesetzeskraft erlangte!). Ueberdies wurde die Vollziehung der Realschulgesetze vom Kaiser in die Hand des Unterrichts¬ ministers gelegt. Der Ausgang der Sechzigerjahre brachte der Realschule eine Rang¬ erhöhung. Durch Gesetz vom Jahre 1869 mit Durchführungsbeginn vom Schuljahr 1870/71 an wurde sie zu einer siebenklassigen Anstalt er¬ weitert, in der zwei moderne Fremdsprachen, Französisch und Englisch, obligate Fächer waren. Die Unterrealschule umfaßte vier Klassen und die Oberrealschule drei Klassen. Im Jahre 1872 wurde die Reifeprüfung 1) Archiv Stepr, Ratsprotokolle 1865, S. 55. Gemeinderatssitzung vom 5. Februar 1865. Referent Dicebürgermeister Dr. Carl Wolf. 2) Archiv Stepr, Ratsprotokolle 1865, S. 255. In der Gemeinderatssitzung vom 15. September 1865 kam die Mitteilung der Statthalterei, Erl. v. 27. 8. 1865, Zl. 14575, zur Sprache, daß Se. Majestät mit Allerhöchster Entschließung vom 31. Juli 1865 dem Gesuch der Stadtgemeinde um Erweiterung der Unter¬ realschule zu einer Oberrealschule keine Folge gegeben habe. Diese Mitteilung wurde schweigend zur Kenntnis genommen. Dgl. 2. Jahresbericht der Real¬ schule, S. 50. 3) Dgl. Goldbacher, Gr.: Die Entwicklungsgeschichte der k. k. Staatsober¬ realschule in Stepr, S. 20. 45. Jahresbericht der Realschule. 4) Mosser=Reitterer: Die Mittelschulen in Oesterreich, S. 9. Nach fast zehn¬ jähriger Erprobung wurde im Jahre 1879 vom Unterrichtsministerium ein Normallehrplan veröffentlicht, nach dem sich die einzelnen Länder zu richten hatten (H. d. M. f. K. u. U. vom 15. April 1879, Zl. 5607) mvBl. Nr. 22.

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