22 diese in der Form eines Gymnasiums zu bekommen, so war dies nun vielleicht in der Form einer Oberrealschule erreichbar. Der Kampf um die Oberrealschule setzte aber naturgemäß zuerst den Besitz einer selb¬ ständigen Unterrealschule voraus!). Zweifelsohne war man sich auch in den Kreisen des Ministeriums darüber klar. Es wäre jedoch weit ge¬ fehlt, aus dieser Haltung auf eine Bildungsfeindlichkeit der höchsten Unterrichtsbehörde zu schließen. Die Angelegenheit hat auch eine finan¬ zielle Seite und die bestand im Haushalten mit den Erträgnissen des Studienfonds. Es war nämlich erst nach Ueberwindung von Gegen¬ strömungen gelungen, die Leistungen des Studienfonds auch auf die Realschulen auszudehnen, da im Kabinettschreiben vom 25. Juli 1774 dieser Schulgattung nicht Erwähnung geschah¬) Die von Optimisten schon für das Schuljahr 1860/61 erwartete Er¬ öffnung der dritten Klasse und die Errichtung einer selbständigen Unter¬ realschule kam also nicht zustande. Doch man ließ nicht mehr locker. Was auf den ersten Augenblick nicht erreicht wurde, konnte im nächsten Jahr gelingen. In der Gemeinderatssitzung vom 9. November 1860 wurde beschlossen, an die Statthalterei mit der Bitte heranzutreten, für das Schuljahr 1861/62 nicht nur die Eröffnung der 3. Realschulklasse zu gestatten, sondern zugleich auch einen provisorischen Direktor oder we¬ nigstens einen speziellen Subdirektor der Realschule zu ernennens). Das Staatsministerium, das vorerst nur die Durchführung einer proviso¬ rischen Regelung wollte, bis die Mittel zur vollständigen Trennung der Unterrealschule von der Hauptschule zur Verfügung stünden, gab zu verstehen, daß die dritte Klasse mit dem Schuljahr 1861/62 eröffnet werden könne') und daß unter Aufrechterhaltung der Verbindung mit der Hauptschule die Oberleitung der drei Realschulklassen in didaktischer, pädagogischer, disziplinärer und ökonomischer Beziehung einem für selb¬ ständige Realschulen geprüften technischen Lehrer provisorisch über¬ tragen werden solles). An die Stadtgemeinde erging von der Statthalte¬ 1) Dgl. Archiv Sterr, Ratsprotokolle 1860, S. 476. 2)Allerhöchste Entschließung vom 2. März 1851. Da es sich beim Studien¬ fonds um ehemaliges Kirchengut handelte, war im Oesterreichischen Konkordat 1855, Art. 51, bestimmt worden die Erträgnisse dieses Fonds nur für katholische Schulen zu verwenden. Diese Bestimmung wurde nie eingehalten und durch die Maigesetze von 1868 auch formell außer Kraft gesetzt. Gesetz v. 25. Mai 1868 RGBl. Nr. 48, bestimmt, daß das Einkommen des Studienfonds „ohne Rücksicht auf das Glaubensbekenntnis zu verwenden sei, insoweit es nicht nachweisbar für gewisse Glaubensgenossen gewidmet ist.“ Haring, J.: Grundzüge des Katho¬ lischen Kirchenrechtes, S. 745. Das Schicksal des Studienfonds gestaltete sich folgendermaßen: Er machte alle Vermögensentwertungen mit und dadurch sanken seine Erträgnisse. 1895 wurde angeordnet, daß der Erlös der verkauften Immobi¬ lien des Studienfonds als laufende Einnahme des Staates verrechnet werden müssen. 1898 wurde er aufgelöst und seine Güter wurden vom Staatsärar über¬ nommen. 3) Archiv Steyr, Ratsprotokolle 1860. 4)Erlaß des Staatsministeriums vom 28. März 1861, Zl. 1776. 5)Schreiben der Statthalterei vom 18. April 1861, Zl. 7572, an den Di¬ rektor der Hauptschule: „Das hohe k. k. Staatsministerium hat mit Erlaß vom 28. März 1861, Zl. 1776, gestattet, daß die mit der Hauptschule vereinigte Unter¬
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