66. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1948/49

die 1770 in Wien errichtete Real=Handlungs=Akademie zum Zwecke der höheren gewerblichen und kaufmännischen Ausbildung!). Faktor für die Ausbildung der Jugend in den reali¬ Der wichtigste stischen Fächern ist in der von Johann Ignaz von Felbiger ausgearbeite¬ ten „Allgemeinen Schulordnung für die deutschen Normal=Haupt= und Trivialschulen in sämtlichen kaiserlich=königlichen Erblanden“ grund¬ gelegt, die am 6. Dezember 1774 von der Kaiserin Maria Theresia be¬ stätigt wurde und zwar liegt der Schwerpunkt für die realistische Aus¬ bildung in der Einrichtung der Hauptschule'). Felbiger hatte sich die Einrichtung der Realschule in Berlin zum Vorbild genommen. Die von ihm vertretenen Grundsätze sind nicht mehr nach dem Gymnasium aus¬ gerichtet. Auf Grund dieser Schulordnungs) waren in allen Städten, Märkten und Kirchdörfern Trivialschulen'), in jedem Kreis wenigstens eine Hauptschule, wo es die Gelegenheit erlaubte, eigene Mädchenschulen und in jeder Provinz, und zwar am Orte der Schulkommission') eine Normalschule') einzurichten. Der Lehrkörper der Hauptschule bestand aus einem Direktor, einem Katecheten und drei bis vier Lehrern. Die Unterrichtsgegenstände sind in Weiterführung der Gegenstände der Trivialschule Religion, Anfangs¬ gründe der lateinischen Sprache, schriftliche Aufsätze, Zirkel= und Frei¬ handzeichnen, Feldmeßkunde, Baukunst, Mechanik, Haushaltungskunde, Landwirtschaftslehre, Erdbeschreibung und Geschichte mit besonderer Be¬ rücksichtigung des Vaterlandes'). Aus der Aufhebung des Jesuitenordens zog das deutsche Normal¬ schulwesen auch insofern einen großen Vorteil, da seine Kollegien und Unterrichtsanstalten vielfach als Schulgebäude für die Hauptschulen Verwendung fandens). An die Stelle der Gymnasien traten die deutschen Schulen?). 1) An dieser Schule wurden unterrichtet: Deutsch, Schreiben, Rechnen, Fran¬ zösisch. Italienisch, Geometrie Physik, Zeichnen und praktische Handlungs¬ wixenschaft. Mosser=Reitterer, S. 4. 2) Johann Ignaz von Felbiger Abt des Augustiner=Chorherrenstiftes von Sagan, war am 1. Mai 17zg von Maria Theresia zur Ausarbeitung der Schul¬ ordnung nach Wien berufen worden.* 6. Jänner 1724 zu Großglogau, † 1788 als Dropst von Dreßburg. Unter Maria Theresia Oberdirektor des deutschen Schulwesens in sämtlichen deutschen Erblanden. — 3) Text und Erläuterungen bei Helfert, I., S. 525—582. 4) Trivialschule = Volksschule. 5) Einsetzung der Schulkommission am 19. Mai 1770. 6) Don norma. — Richtschnur, Muster. Diese dienten auch der Lehrerbildung. 7) Einen besonderen Wertzuwachs gewann die vierklassige Hauptschule spä¬ ter dadurch, daß der vierten Klasse ein zweiter Jahrgang angegliedert wurde. 8) § 10 der Allgem. Schulordnung lautet: Hauptschulen sind in größeren Orten, auch wohl in Alöstern, wo es Gelegenheit dazu gibt, anzulegen. Ge¬ legenheit bieten insbesondere die überflüssigen Gpmnasien, deren Zahl auf das wahre Bedürfnis einzuschränken und die Gelder sowie die Gebäude, die dadurch in Ersparung kommen, zur Einrichtung und Unterbringung deutscher Stadt= und Hauptschulen zu verwenden sind. 9) Aus dem Vermögen des aufgehobenen Jesuitenordens wurde durch Ka¬ 9

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