65. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1947/48
Die beiden besprochenen Beispiele lassen erkennen, daß der je¬ weilige Aquivalenzpunkt durch einen scharfen Potentialsprung gekenn¬ zeichnet ist. Dieser Potentialsprung dient nun bei der potentiometrischen Maßanalyse ebenso zur Indikation des Titrationsendpunktes wie etwa ein geeigneter Farbumschlag in der gewöhnlichen visuellen Maßanalyse. Der Titrationspunkt läßt sich auf diese Weise bei den zu einer prak¬ tischen analytischen Anwendung geeigneten Verfahren auf einen Tropfen genau erkennen. Es kommt dabei aber lediglich darauf an, durch welchen Rea¬ genszusatz diese Stelle der sprunghaften Potentialänderung erreicht wird; der tatsächliche Wert dieses „Umschlagspotentials“ ist dagegen für das Ergebnis der Titration gleichgültig. Man braucht daher für die ein¬ zelnen Reagenszusätze nicht das jeweilige Potential tatsächlich zu ermitteln, es genügt vielmehr, jeweils die Stellung des Schleifkontaktes auf dem Ge¬ fällsdraht (Fig. 2.) zu notieren. Denn das zu messende Potential ist ja der Länge des durch den Schleifkontakt abgegriffenen Stückes des Gefällsdrahtes proportional. Daher muß sich an einer Stelle sprunghafter Potentialände¬ rung auch die Drahtlänge sprunghaft ändern. Es ist somit auch nicht nötig, an die Enden des Gefällsdrahtes (A, B in Fig. 2) ein genau bekanntes Po¬ tential, etwa ein Cadmium=Normalelement, anzulegen; es genügt vielmehr jede über einen längeren Zeitraum konstante Spannung, auch wenn ihr Wert nicht genau bekannt ist. Sie muß nur größer sein als die wäh¬ rend der Titration auftretenden Potentiale. Man verwendet in der Praxis meist einen Bleiakkumulator. Sehr wesentlich ist, daß die zu messende Kette während des ganzen Titrationsvorganges möglichst stromlos bleiben muß. Dies trifft von vornherein zu, sobald der Schleifkontakt an der richtigen Stelle des Gefällsdrahtes A, B aufge¬ legt ist. Um aber auch während des unvermeidlichen Abtastens des Gefällsdrahtes nach jedem Reagenszusatz die Forderung nach möglich¬ ster Stromlosigkeit zu erfüllen, kann der in Figur 2 ersichtliche Taster angebracht werden, der nur im Moment der Ablesung betätigt wird, in der Ruhestellung aber den Stromkreis unterbricht. Vor allem aber — Lippmannsche Kapillarelektrometer sind muß das Nullinstrument für Ausführung von Serienanalysen aus naheliegenden Gründen nicht empfehlenswert — einen sehr hohen Widerstand haben. Eine sehr zweckmäßige und in der Praxis vielfach bewährte Ap¬ paratur zur Durchführung potentiometrischer Maßanalysen wird von Dickens (Lit.=Verz. Nr. 7) beschrieben. Bei dieser Apparatur wird als Anzeigeinstrument ein Galvanometer verwendet, dessen Empfindlichkeit .10“ Ampère je Skalenteilstrich beträgt. Für Bestimmungen, bei 3 denen diese Empfindlichkeit zu hoch ist, kann wahlweise ein Widerstand von 10000 Ohm vorgeschaltet werden. Der Gefällsdraht, aus 0,2 mm starkem V2A-Stahl hergestellt, ist in Schraubengängen in die Mantel¬ fläche einer flachzylindrischen Trolitplatte eingelegt. In der Mitte dieser Trolitplatte befindet sich ein Drehknopf, der eine mit ihr konaxiale Schraubenspindel betätigt, deren Ganghöhe genau mit der Ganghöhe 11
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