64. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1946/47
21 Beschränkung auf das, was trotzdem durchführbar ist und die Durch¬ führung lohnt, macht aber den Uiterricht sehr formal. Das einzige, was in den meisten Fällen bleibt, ist das Vorzeigen der besprochenen Verbin¬ dungen und die Durchführung einiger stofflich weniger bedeutsamer Versuche (z. B. Phenolreaktion mit Fecls u. dgl.), die aber wenigstens hie und da dem Schüler zeigen, daß das Erlernte nicht nur in endlosen Formeln an der Tafel existiert. Der Unterrichtswert der organischen Chemie wird durch den geschilderten Umstand natürlich etwas beein¬ trächtigt — ein Grund mehr, lieber auf diesem Gebiete zu kürzen als in der anorganischen Chemie, wenn das Mißverhältnis zwischen ständig anwachsendem Stoffausmaß und verfügbarer Zeit schon Kürzungen notwendig macht. 3. Zu der allgemeinbildenden Zielsetzung des Mittelschulunterrichts gehört es unzweifelhaft, das Verständnis für Grundlagen und Wege un¬ erer Erkenntnis anzubahnen. Daher sollte sich in der Anwendung des Experiments im Chemieunterricht soweit als angängig die Methode der chemischen Forschung wiederspiegeln mit ihrem Zusammenspiel von Ver¬ uch und folgerichtiger Ueberlegung. In ihrer Realisierung bedeutet diese Forderung, daß auch aus diesem Grunde das Experiment häufig als Ab¬ schluß und Bestätigung einer Gedankenkette in Erscheinung treten soll, die unter weitgehender Mitarbeit der Schüler zuvor entwickelt wurde. 4. Der Zweck des Experimentes ist durch die bisherigen Darlegungen umschrieben und bestimmt seinerseits die Auswahl der Versuche, die man zeigen will. Daß durch reichliche Anwendung von Experimenten der für Unterricht lebendiger und für die Schüler „interessanter“ wird, ist diesen von großem Nutzen. Trotzdem aber gestattet es die knappe Stun¬ darüber dürfte es kaum Meinungsverschiedenheiten ge¬ denzahl nicht — — ben Versuche nur oder vorwiegend deswegen zu zeigen, weil sie dem Interesse der Schüler besonders entgegenkommen. Der Zeitaufwand für ein Experiment erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn es nicht nur In¬ teresse weckt, sondern auch im Rahmen des Lehrziels und Lehrinhalts Wichtiges zeigt. Es sei in diesem Zusammenhang nur des Interesses ge¬ dacht, das 14= und 15jährige Jungen im allgemeinen Versuchen mit Sprengstoffen entgegenbringen; da könnte es gar nicht laut und oft ge¬ nug knallen! Und doch hätte eine Häufung solcher Versuche keinen nen¬ nenswerten didaktischen Wert. Alles in allem ergibt sich, daß sich das Experiment organisch in die als Mittel zum Zielsetzung des Chemieunterrichts einbauen muß Zweck; und es ist nicht das einzige Mittel zum Zweck. Es wurde in den früheren Darlegungen die Anschauung vertreten, daß der Chemieunterricht auch ein lebendiges Verständnis für die wich¬ tigsten praktischen Anwendungen der Chemie und in großen Zügen einen Einblick in die Arbeitsweise der chemischen Technik vermitteln soll. Dabei kommt es nicht so sehr auf Details an, namentlich auch nicht auf tech¬ nologische Details. Die Erörterung technologischer Details wird daher wohl nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein, wenn an ihrer Hand allgemeinere Gesichtspunkte aufgezeigt und illustriert werden sollen. Als Anschauungsmittel für Besprechungen dieser Art kommen Bildtafeln in
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