64. Jahresbericht des Bundes-Realgymnasiums Steyr 1946/47

16 Vielzahl der anderen Fächer ein Element der Allgemeinausbildung ist. Die Stoffauswahl wird daher im wesentlichen nach der zweiten Auf¬ stellung (Lehrziel für allgemeinbildenden Chemieunterricht) erfolgen müssen. Dies erscheint bei sinngemäßer Auslegung des geltenden Lehr¬ plans aus dem Jahre 1928 durchaus zulässig, da dieser Lehrplan ja nur einen Rahmen absteckt, in den die angegebenen Zielsetzungen sich ohne weiteres einordnen lassen. Wie weit über diese Zielsetzungen zugunsten einer besseren Vorbereitung eines fachlichen Hochschulstudiums hinaus¬ gegangen werden soll und kann (auch diese Möglichkeit wird ja durch den bestehenden Lehrplan keineswegs unterbunden), wird sich nach der Eigenart der Schüler (Interessenverteilung, Unterschied zwischen Knaben¬ und Mädchenklassen) und zum Teil auch nach den örtlichen Verhältnissen richten müssen. Derzeit liegen nach dem Lehrplan die Verhältnisse im Realgymnasium so, daß der eigentliche Chemieunterricht in die 5. und 6. Klasse fällt, während ihn die 4. Klasse im Zusammenhang mit dem Mineralogieunterricht vorbereitet. In der 5. und 6. Klasse fallen der Chemie je 2 Wochenstunden zu. Dabei soll die 5. Klasse anorganische Chemie, die 6. Klasse organische Chemie bringen. Diese Einteilung bringt eine Reihe von Schwierigkeiten mit sich, auf die etwas näher eingegan¬ gen werden soll. Zunächst muß wohl gesagt werden, daß die verfügbare Stundenzahl auch an den angeführten Mindestzielen gemessen als außer¬ ordentlich knapp bezeichnet werden muß. So fällt es sehr schwer, das Lehrgut der Chemie in dem gesamten, durch die Schule vermittelten Gedankengut harmonisch zur Geltung zu bringen. Da die Chemie aber heute auch in allgemeinbildender Hinsicht viel mehr zu bieten hat als zu der Zeit, auf die diese niedrige Stundenzahl zurückgeht, ergibt sich die berechtigte Frage, ob hier nicht eine Revision am Platze wäre. Zumin¬ dest noch in einer weiteren Oberklasse sollten doch noch 2 Wochenstunden dazugenommen werden. Dann ließe sich die anorganische und allgemeine Chemie über 2 Jahre erstrecken, während für die organische Chemie wie bisher ein Jahr vorbehalten bliebe. In organischer Chemie haben sich ja die im Rahmen einer Allgemeinbildung erstrebenswerten Ziele nicht ehr wesentlich geändert, so daß hier mit einem Jahr zu 2 Wochenstunden gut das Auslangen gefunden wird. Ganz anders steht es mit der an¬ organischen Chemie. Fast alles, was an geänderten Gesichtspunkten und notwendigen Erweiterungen angeführt wurde, müßte nach dem Lehr¬ plan in dem einen anorganischen Jahr untergebracht werden. Man denke nur an den Mehraufwand an Zeit für eine einigermaßen befriedigende Darstellung der neueren Atomistik und des in ihrem Lichte gesehenen periodischen Systems. Dabei soll ja gerade der Unterricht in anorgani¬ scher und allgemeiner Chemie auf gar keinen Fall ein Hasten von Tat¬ sache zu Tatsache werden; dadurch würde ja alles, was damit an blei¬ bendem Gedankengut geboten werden soll, rettungslos verschüttet wer¬ den. In dem Wettlau mit dem Stoffumfang wäre der Lehrer gezwun¬ gen, sich in allem, was über die reine Tatsachendarbietung hinausgeht, — überkurz zu fassen der Schüler würde aber den Eindruck gewinnen, daß es nur auf dieses „Grundtatsachenwissen“ ankommt und bei seinem

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