63. Jahresbericht des Staats-Realgymnasiums Steyr 1945/46

7 hiefür vorbereitet und die entsprechende Aufnahmsprüfung mit Erfolg bestanden hatten. Eine Verfügung ganz besonderer Art betraf die Einrichtung von Abschlußkursen für jene Schüler, die über ein Jahr durch die Kriegsereignisse das Studium hatten unterbrechen müssen und die ein normales Jahreszeugnis über die 6. Klasse beibringen konnten. Die Kurse gabelten sich in einen geisteswissenschaftlichen Zweig mit den Gegenstanden Religion, Deutsch, Latein, Englisch, Geschichte und Philosophie zwecks Erlangung eines Reifezeugnisses des Real¬ gymnasiums A für die Studenten und des Realgymnasiums C für die Mädchen und in einen naturwissenschaftlichen Zweig mit den Fächern Religion, Geographie, Naturgeschichte, Chemie, Physik, Mathematik und Darstellende Geometrie, zwecks Erlangung eines Reifezeugnisses der Realschule. Der Schülerstand betrug bei Eröffnung des Schuljahres 641 den größten Stand, der in der Geschichte des Realgymnasiums Steyr je erreicht worden war, um rund 200 mehr als im vergangenen Schuljahr und um etwa 100 mehr als sonst die Durchschnittsziffer gewesen war. Der starke Zuwachs erklärt, sich aus folgenden Umständen: 1. Die Einwohnerzahl der Stadt Steyr selbst ist in den letzten Jahren stark gestiegen, von 23.000 im Jahre 1937 auf 38.000 bis 40.000 1945, so daß aus diesem Grund allein auch in Zukunft mit einer größeren Frequenz des Realgymnasiums zu rechnen sein wird. 2. Da in der Nähe der Stadt die Demarkationslinie verläuft, trachteten viele Schüler aus dem oberen Ennstal, die früher die Oberschule in Waidhofen a./Ybbs besucht hatten, in Steyr Aufnahme zu finden. 3. Eine Anzahl Schüler aufgelassener Heimschulen, wie Krems¬ münster und Admont, wollten in Steyr ihre Studien fortsetzen. 4. In Steyr und Umgebung befanden sich viele Kinder von Flüchtlingen aus Niederösterreich, aus dem Sudetenland und aus Deutschland. Trotz des Raummangels gelang es, alle Schüler aufzunehmen, die sich um die Aufnahme beworben hatten. Daß die ehemaligen Schüler der Anstalt die Möglichkeit haben mußten, ihr Studium fortzusetzen, galt als selbstverständliche Sache. Das soziale Empfinden gebot aber auch alle anderen in jeder Weise zu berücksichtigen denn es sollten jene armen Opfer der Zeit, die infolge Kriegswirren ihre Heimat hatten verlassen müssen, durch Unterbrechung des Studiums nicht noch weitere Nachteile zu erdulden haben.

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