53. Jahresbericht des Bundesrealgymnasiums Steyr 1928/29

II. Lehrverfassung. I. Die neuen Lehrpläne. Mit dem Gesetze vom 2. August 1927, B. G. Bl. Nr. 244, waren die äußeren Formen des Mittelschulwesens festgelegt worden, mit dem Durch¬ führungserlasse vom 1. Juni 1928, B. G. Bl. Nr. 138 wurde die innere Einrichtung der österreichischen Mittelschulen durch die Herausgabe voll¬ kommen neuer Lehrpläne vollendet. Es ist im Rahmen dieses kurz zu haltenden Berichtes nicht möglich, ausführlicher über diese neuen Lehrpläne zu berichten. Es möge nur kurz hervorgehoben werden, daß die neuen Lehrpläne zunächst in dem „Allge¬ meinen Teil“ die Grundsätze behandeln, von denen sie sich leiten lassen, indem sie eingehend über die Erziehungsarbeit in sozialer, staatlicher, nationaler, sittlich-religiöser, künstlerisch-technischer Hinsicht, über Kunst und körperliche Erziehung, über die nunmehr in ihnen verankerten Bil¬ dungsideen handeln und schließlich die wichtigsten Grundsätze des Unter¬ richtes und der Arbeit in der Schule im allgemeinen darlegen. Der „Besondere Teil“ enthält die Lehrpläne und die Stundentafeln der nunmehr gesetzlich festgelegten, durch einseitige Bildungsaufgaben durchaus nicht gegenseitig abgegrenzten Mittelschultypen des Gymnasiums, des Realgymnasiums, der Realschule und der Frauenoberschule. Der bei uns in Steyr nunmehr gänzlich eingeführte Typus des Real¬ gymnasiums erfährt eine besonders weite Ausgestaltung, indem er neben dem Latein auch die modernen Sprachen und die mathematisch-natur¬ wissenschaftlichen Fächer der Realschule zu seinen Hauptgegenständen zählt und so den praktischen Bedürfnissen und Forderungen unserer Zeit und damit auch den Wünschen weitester Kreise der Bevölkerung entspricht. Das neue Realgymnasium weist zwei Arten auf, als in ihm entweder das Latei¬ nische oder die lebende Fremdsprache „grundständig ist. Die erste Form A lehrt Latein von der 2. bis zur 8. Klasse; die modernen Fremd¬ sprachen (die eine obligat, die andere unobligat) setzen in der 5. Klasse ein; die realen Fächer sind stärker betont, insbesondere kommen geometrisches Zeichnen und Darstellende Geometrie hiezu. Diese Form A ist an unserer Anstalt eingeführt; ihre Absolvierung berechtigt (von wenigen Spezial¬ richtungen, wie z. B. Theologie abgesehen) zum ungehinderten Zutritt zur Universität, zur Technik und zu allen anderen Hochschulen jeder Art. Die zweite Form B beginnt auf der Unterstufe mit der modernen Fremdsprache, während Latein erst auf der Oberstufe einsetzt. Die dritte Form C zeigt den Unterschied, daß die Darstellende Geometrie entfällt und die dadurch erreichten Stunden zur Vermehrung des Sprachunter¬ richtes verwendet werden. Gerade diese Form läßt auch die Eigenart der Mädchen durch besondere Bildungsziele und Lehraufgaben berücksichtigen. Diesen Typus C des Realgymnasiums und zwar mit Französisch als grundständiger Fremdsprache wird die nächstjährige zweite Parallelklasse für Mädchen aufweisen. II. Lehrplan im Schuljahre 1928/29. 1. Im Berichtsjahre 1928/29 wurde in der 1. und 2. Klasse vollständig nach dem neuen realgymnasialen Lehrplan, Form A, und außerdem noch mit besonderer Bewilligung des Bundesministeriums für Unterricht vom 31. August 1928, Zl. 24.597/II/7 (o.=ö. L. S. R. vom 6. September 1928,

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