47. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1917
Kaiser Karl I. Am Todestage Kaiser Franz Josefs, am 21. November 1916, bestieg des hohen Ver¬ blichenen Großneffe, Erzherzog Karl Franz Josef, als Seine Majestät Kaiser Karl I. in sturmbewegter Zeit den Thron der Habsburger. In verheißungsvoller Jugendkraft, ein sonnige Fürstengestalt, zu der sich große Hoffnungen emporrichten, übernahm der jugendliche Monarch das köstlichste Gut, das ein Herrscher seinem Nachfolger überlassen kann: die auf¬ richtige Ergebenheit und die warme Liebe der Völker seines Reiches Erherzog Karl Franz Josef wurde als ältester Sohn des Erzherzogs Okto und de Erzherzogin Maria Josefa, Prinzessin von Sachsen, am 17. August 1887 auf Schloß Persen¬ beug an der Donau geboren, am Ufer jenes Stromes, dessen Wellen das Lied von der Nibe¬ lungentreue singen, jener Treue, die sich im Bündnisse unseres Vaterlandes mit dem Deutschen Reiche so glänzend bewährt. Am 1. November 1903 trat der sechzehnjährige Prinz als Leutnan des 1. Ulanenregiments in die Kaiserliche Armee ein. Durch seinen soldatischen Geist, seine Ritterlichkeit und seine echte Kameradschaft wurde der junge Habsburgersproß binnen kurzem der Liebling der Armee. Infolge der grausen Bluttat von Sarajevo am 28. Juni 1914, welcher der Erzherzog=Thronfolger Franz Ferdinand zum Opfer fiel, wurde Erzherzog Karl Österreich Thronerbe. Bald nach Kriegsausbruch erhielt dieser als Oberst des 1. Husarenregiments am 0. September 1914 in der großen Schlacht bei Lemberg die erste Feuertaufe. Im Mai 1916 al¬ Korpskommandant in Südtirol vollzog der Thronfolger mit seinem tapferen Edelweißkorps der Oberösterreicher und Salzburger den siegreichen Durchbruch an der Südfront aufitalienischem Bo den, worauf er als Generaloberst mit dem Kommando einer Armee an der Ostfront betraut wurde. Und dann kam der 21. November 1916, der Sterbetag Kaiser Franz Josefs, und damit der Tag des Regierungsantrittes des Thronfolgers als Kaiser Karl I. In dem feier¬ lichen Kaisermanifeste finden sich die denkwürdigen Worte: „Meinen Völkern will Ich ein gerechter und liebevoller Fürst sein! Durchdrungen von dem Glauben an die unvernichtbare Lebenskraft Österreichs=Ungarns, beseelt von inniger Liebe zu Meinen Völkern, will Ich Mein Leben und Meine ganze Kraft in den Dienst Meiner hohen Aufgabe stellen!“ Mit dieser ergreifenden Kaiserlichen Kundgebung hat sich der neue Herrscher das Vertrauen und die Herzen seiner Völker wie im Fluge gewonnen Am 2. Dezember 1916 übernahm Kaiser Karl den Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht zu Lande und zur See, am 30. Dezember wurde er zu Budapest als Karl IV. zum Apostolischen König von Ungarn gekrön Freudigst begrüßen wir den jungen Erben des alten Habsburgerreiches als ange¬ stammten Landesherrn, wir huldigen ihm in tiefer Ehrfurcht und Ergebenheit und geloben ihm unverbrüchliche Treue und Liebe mit dem innigen Wunsche, daß ihm nach der leid vollen Zeit des blutigen Ringens der Kranz des Sieges und des Friedens beschieden sei An des Kaisers Seite waltet als warmherzige Landesmutter seine erlauchte Gemahlir Kaiserin Zita. Geboren am 9. Mai 1892 in der Villa Pianore bei Lucca als Tochte weiland Herzogs Robert von Parma=Bourbon, hatte die Prinzessin eine auserlesene Erzie¬ hung genossen. Hoher Sinn und lauterer Seelenadel, Einfachheit und Anspruchslosigkeit, Pflicht¬ treue, Arbeitsfreudigkeit und edelherzige Wohltätigkeit bildeten und blieben die vornehmsten Züge. Am 21. Oktober 1911 fand in dem waldumrauschten Schlosse Schwarzan die Bermählung des erlauchten Paares statt. Dem Ehebunde entstammen Kronprinz Otto, geboren am 20. November 1912 zu Wartholz, Erzherzogin Adelheid (1914), Robert Karl, Erzherzog von Österreich=Este (1915) und Erzherzog Felix (1916). Die zarte Mutlerliebe und Muttersorge die die hohe Frau für ihre Kinder hegt, übertrug sie mit gleicher Wärme auf ihre große Völker familie. In werktätiger, aufopferungsvoller Nächstenliebe sucht sie überall, sei es am Kranken lager verwundeter Soldaten, sei es im Heim armer, vaterloser Waisen, Tränen zu trocknen Sorgen zu bannen und Leid zu lindern. Als oberste Schutzfrau der großzügigen Fürsorg „Für das Kind“ hat die Kaiserin in der schweren Kriegszeit die Grundlage segensreicher Friedensarbeit gelegt. Darum kein Wunder, wenn auch der Kaiserin alle Herzen in innige Verehrung, Liebe und Dankbarkeit entgegenschlagen. Eine neue Zeit ist angebrochen! Ein neues Herrscherpaar trägt Habsburgs Krone des Österreich hat wieder einen Kaiser voll Jugend und Kraft, voll Zuversicht auf eine Reiches Macht und Ansehen mehrende Zukunft. Die ganze Kraft der Jugend mit ihrer Hingabe an das Vaterland sei ihm geweiht
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