46. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1916

— 12 — des Eises ein fast 100 m tiofof Strom durch das Tal gegangen sein, was ganz unwahrscheinlich ist. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als die auffällig glatte Wand trotz dos Felilens von Schrammen und Krit/.en, die otfenbar durcli die Verwitterung verwischt sind, als einen Gletschorschliff zai deuten. Das Eis, das ihn erzeugte, muH aber jünger gewesen sein, als jenes, welches die Moränen bildete, denn deren ursprünglich lockeres Material bedurfte ja einer geraumen Zeit, um sich zu einem Konglomerat zu verfestigen. Da nun, wie oben betont wurde, nur die zwei mittleren Vereisungen des Diluviums über das Gebiet von St. Gallen hinweggegangen sein können, so sind unsere Moränen der älteren Mindeleiszeit zuzuweisen. Sicherlieh aber hat der Gletscher, der sie ablagerte, keine bedeutende Mächtigkeit besessen. Die Bildung von ausgedehnten Ufermoränen durch Abschmelzung ist ja stets ein Zeichen, dali die Lebenskraft eines Eisstromes zu Ende geht. Der Mindelgletscher hat zwar ohne Zweifel noch beim Talausgang von Weilienbach sich mit dem llauptstrang des Ennsoises vereinigt, aber sich selbst überlassen, hätte er wohl bald durch Abschmelzung seine Grenze erreicht. Dali dagegen der Bidglotscher an derselben Stolle, wo der frühere Eisstrom bereits zu starker Ablagerung gezwungen war, den Band seines Bettes noch abschleifen und glätten konnte, lallt sich Tiur durch die Annahme erklären, daß seine Mächtigkeit eine bedeutend gröllere gewesen ist. B. Veränderung des Tales während des Diluviums, Dali eine zweimalige vollständige und eine zweimalige partiolle Vei-gIetschornng eines Talsysteraes im Verein mit den ausgiebigen Ablagernngoii der Schmelzwässer erhehlich umgestaltend wirken mulite, liegt auf der Haiid. Aber auch die Aiiordiiutig der Wasserläufe, besonders die Mündung der aus den Seitontälern kommenden Bäche ist durch jene Vorgänge nicht unberührt geblieben, wie im folgenden gezeigt worden soll. Der prägkziale Talboden lag bedeutend höher als die Sohle des heutigen Zinkonbaches. Wir haben ihn, wie die Lagerung des älteren Deckenschntters beim Biirgermeisterwald von St. Gallen und in der Schattleiton lehrte, etwa in der Höhe des heutigen Niedertorrassenfeldes zu suchen. Dazu stimmt auch gut die Beobachtung, daß die Untoriagc der Mindelmorätio am Kirchonsattel in annähernd gleicher Höhe zu suchen ist. Denn nach dem Ende jeder Vergletschcrung strebten die Gewässer, welche wegen der starken Geröllführung zur Aufschüttung gezwungen waren, in die verhältnismäüig steile Oberfläche der fluvioglazialen Schotter einzuschneiden, um ilir ursprüngliches Gefälle durch deren vollständige Durchsonkung zu erreiclieii.') So ist es auch mit unserem ältesten Talschottur geschehen, so, daß dann die Moränen der folgenden Eiszeit auf derselben Basis zu Ablagerung gelangten, auf welcher der Schotter früher aufruhte.'^) Die oben erwähnte Aufragung von Giittensteiner Kalk, die den Deckonschotter im Spitzenbachgraben vom Haupttal trennt, ist für uns ein wichtiges Dokument der Talgoschichte. Sie lehrt uns, das zum mindesten das Talstück unterhalb des Bürgermeisterwaldes, wo ja die Nagelfiuh der ältesten Eiszeit noch unmittelbar ans Haiipttal grenzt, während der Günzeiszeit noch nicht vorhanden war. Die Talfurche erstreckte sich damals etwas weiter links im Bereiche des heutigen Spitzenbachgrabons.(Vgl. Fig. 4.) Der heutige Geigonkogel hing dagegen damals, wie die späteren Ausführungen gleich zeigen werden, mit der linken Talwand noch zusammen. Die Furche des lieiitigcn unteren Spitzenbaches bestand somit noch nicht. Gerade der von der Mindelraoräne ausgefüllte Raum zwischen dem im Bergerviertel aufragenden Guttensteiner Kalk und dem Geigenkogel bezeichnet also anscheinend jene Stelle, wo die mit dem älteren Deckenschotter erfüllte Furche wieder in die Richtuiigdes heutigen Haupttales einschwenkte. Die in der Günz-Mindeliiiterglazialzeit erfolgte Rechtsveriegung haben wir uns wohl ') Penck-ßrückncr, S. 121. Eine Fortsetzung der Erosion in der Schotterunteidage während der Günz-Mindelinterglazialzeit, wie sie im Alpenvorlande stattgefunden, scheint dagegen hier nicht erfolgt zu seiu.

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