42. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1912

21 Bei dem Festmahl, welches die Macdonalds mit den Offizieren in Mac Ians Hause vereinigt, wiederholt dieser in seinem Trinkspruch feierlich das Gelöbnis der Treue, nachdem er in wehmütig stolzen Worten der schottischen Freiheitskämpfe gedacht, die hauptsächlich infolge des Todes Jakobs II. und trotz des Sieges von Killikrankie ein unglückliches Ende nahmen. Auch Halbert, dessen wahrhaft edle Gesinnung Mac Ian endlich erkannt, befindet sich unter den Gästen, doch ist er nur gekommen, „das den Macdonalds drohende Schicksal zu teilen oder abzuwenden. Als Glenlyon dem Gastgeber zutrinkt, hält Halbert den Augenblick für geeignet, dem Regiments¬ kommandanten auf den Kopf zuzusagen, daß er Verrat an dem Leben der Macdonalds üben wolle. Glenlyon erbleicht und ist zuerst außerstande zu erwidern; er entfernt sich hierauf mit Lindsay, nachdem er eine Drohung gegen den kühnen Sprecher ausgestoßen und dessen Herausforderung zum Zweikampf kühl abgelehnt hat. Der V. Akt spielt in der halbverfallenen Kapelle bei Halberts Turm; daselbst ist auch das Grabmal seines Vaters. Gefaßt, beinahe heiter blickt er der Stunde entgegen, da er dem Glück entsagen will. In Gegenwart des Priesters, der die Trauung vornehmen soll, und Henrys, der noch immer hofft, daß Glenlyon zu seinen Gunsten ein Machtwort sprechen werde, bittet Halbert seine Braut noch einmal, ihr Herz zu prüfen. Doch als Halbert feierlich auf Helens Hand verzichtet, dringt ver¬ zweifeltes Geschrei an das Ohr der Versammelten. Angus, einer der Dorfältesten, stürzt herein und berichtet: Die so zuvorkommend behandelten Gäste haben ihre Gast¬ geber meuchlings überfallen und erschlagen, die Hütten in Brand gesteckt. Da dringt auch schon der Feuerschein zur Kapelle und auch Henry muß endlich an Glenlyons Verrat glauben; als Alaster tötlich verwundet auftritt und erzählt, daß Vater und Bruder dem Schwerte zum Opfer gefallen und sterbend Henry als Verräter bezeichnet, will dieser von Halberts Hand, der nun das Oberhaupt der Macdonalds ist, den Tod empfangen. Während dieser die Entscheidung des Himmels anruft, naht Glenlyon mit seinen Leuten und Halbert wird von einer Kugel tötlich verwundet; er stirbt, nachdem er vernommen hat, daß wenigstens ein Teil seiner Verwandten sich retten konnte, und Henry davongeeilt ist, um den Verfolgern entgegenzutreten und einen ehrenvollen Tod zu finden. Lady Macdonald und Helen sollen mit Hilfe des Priesters Zuflucht in einem Kloster finden. In der Vorrede zum Stück werden die demselben zugrunde liegenden Begeben¬ heiten ausführlich dargelegt; sie sind Walter Scotts „Tales of a Grandfather" chap. 58, entnommen. In vielen Punkten hat sich Talfourd eng an die Erzählung, die auch im Anhang zu seiner Dramenausgabe abgedruckt ist, angeschlossen. So ent¬ spricht ganz Scotts Darstellung die trotzige Unschlüssigkeit Mac lans, seine Reise zum Fort William, seine Verzweiflung darüber als er sieht, daß sein Eid hier nicht angenommen wird; seine Reise nach Inverary, auf der er unbemerkt an seinem Hause vorüberschleicht; seine Heimkehr, Glenlyons Ankunft. Die rücksichtslose, heuchlerische Art, in welcher dieser die reichlich genossene Gastfreundschaft belohnt; endlich das Gemetzel selbst. Talfourd weist auf die Punkte hin, in denen er von Scotts Geschichte abgewichen war: während dort Alaster als Gatte von Glenlyons Nichte gedacht ist, erscheint er in Talfourds Tragödie als Jüngling. Als selbständige Schöpfung ist da¬ gegen mit Recht die Gestalt Halberts zu betrachten, sowie dessen Zwist mit Henry, dem ein politisches und persönliches Motiv zugrunde liegt. Scotts Erzählung zeigt in klarer Weise den Schuldigen, der das Blutbad herbeigeführt hat: es ist der Staats¬ sekretär Stair, der königliche Vollmachten mißbrauchte und den Bericht des Sheriffs über die vollzogene Unterwerfung Mac Ians dem Staatsrat vorenthielt. Glenlyon ist zwar kein ausgemachter Schurke, doch wirft sein langes Zögern, als es sich darum handelt, Duncanson von der tatsächlichen Unterwerfung des Clanoberhauptes zu verständigen, einen tiefen Schatten auf seinen Charakter. Glenlyon und Lindsay führen mit der ihren Charakterinhalt bildenden Heuchelei und ihrem Streber¬ tum ein wenig wirksames Gegenspiel; sie üben eigentlich nur blinden, militärischen

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