42. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1912

15 Am Saume eines Gehölzes, bei einem Wachtfeuer der Athener, stößt der von Gewissensqualen getriebene Thoas auf seinen Freund Pentheus, dem er bekennt, daß er keineswegs in gerechter Notwehr, sondern nur unter dem Zwange des Ismene geleisteten Eides die verhängnisvolle Tat vollbracht. Da ertönen Hilferufe aus dem nahen Wald: Thoas erkennt Hyllus Stimme und der Wunsch, dem Freund zu helfen, läßt ihn einen Augenblick seine Tat vergessen. Doch schon als Hyllus fragt, wie Thoas aus dem Verließ entkommen, wird es ihm zur Gewißheit, wenn er gemordet, wagt aber nicht den Namen auszusprechen, sondern drängt Hyllus zur Flucht. Er selbst hofft in der Schlacht den Tod zu finden. IV. Akt. Die erste Szene versetzt uns in den Urnenhain der korinthischen Königsfamilie. In stiller Trauer steht Creusa an der Urne ihres Vaters. Sie kann die Meinung ihres Bruders nicht teilen, daß Thoas sein Mörder sei und schreibt seine Selbstanklage der vorangegangenen Aufregung zu. Während Creusa einer Aussprache mit Ismene ausweicht, fordert Hyllus die Krieger ihres Gefolges vergeblich auf, mit ihm gegen die Athener zu ziehen, an deren Spitze Thoas steht; auf Befehl der Königin öffnen sich die Thore Korinths vor diesen, noch ehe der Kampf ent¬ schieden; doch kann sich Thoas nicht lange des Sieges freuen. Schon das Auftreten des Kalchas ruft in ihm die Erinnerung an den Mord wach, er reißt sich den Lorbeerkranz vom Haupt; ohne ein Wort der Weigerung, gewissermaßen fasziniert durch die Aufforderung der Königin, sich im Ahnensaal einzufinden, folgt er dem Herold. In der Unterredung erhebt Thoas heftige Vorwürfe gegen Ismene, als diese die Tat zu beschönigen sucht, nennt er sie eine böse Zauberin und will sie verfluchen, da gibt sie sich als seine Mutter zu erkennen und erzählt nochmals ihr Leid. Doch Thoas, der vergißt, daß Ismene aus Mutterliebe gehandelt hat und in ihr nur mehr die rachsüchtige Mordstifterin erblickt, weicht entsetzt von ihr zurück. Da meldet Iphitus, eine prophetische Stimme habe sich im Zeustempel aus einem alten, halb zerfallenen Altar vernehmen lassen und gefordert, von Ismene den Mörder Kreons zu erfragen, dessen Name sie vor dem Altar nennen müsse. Daraufhin hatten Athener und Korinther Frieden geschlossen und eine Untersuchung des Mordes verlangt. Inzwischen ist der Verdacht auf Hyllus gefallen, da man ihn am Morgen nach der Mordtat im Gemach des Opfers gefunden. Der um das Leben ihres Bruders flehenden Creusa verspricht Thoas, bei der Untersuchung das Wort für ihn zu ergreifen; bevor Hyllus ein Leid geschehe, werde es eher sein eigenes Leben kosten. In ohnmächtiger Ver¬ zweiflung bricht Creusa zusammen, als sie zu erkennen glaubt, daß Thoas, dem Mordwahn unrettbar verfallen, ihren Herzensbund nur noch als eine Erinnerung an längst entschwundenes Glück betrachtet. V. Akt. Vor der Versammlung im Tempel wiederholt Iphitus die an die Königin ergangene Aufforderung: in großer Erregung weist sie auf Hyllus und fällt besinnungslos zu Boden. Auch nachdem sie sich wieder erholt hat, hält sie die ihren Sohn entlastende Lüge aufrecht und sucht diesen zu gemeinsamer Flucht zu bereden. Da er nicht einwilligt, stürzt sie davon, um in der mit todbringenden Dämpfen erfüllten Grotte ihr Leben zu enden. Während Iphitus ein zweitenmal die Entscheidung der Götter anruft und man gespannt auf ein Zeichen lauscht, ersticht sich Thoas mit demselben Dolch, der schon einmal als Mordwaffe gegen Creon gedient und stirbt, nachdem er Hyllus als nunmehrigen Herrscher begrüßt und um Verzeihung gebeten hat. Ursprünglich war der Gang der Handlung im V. Akt folgender: Nachdem Ismene fort ist, bemüht sich Thoas vergeblich, die Korinther von der Unschuld des Hyllus zu überzeugen; erst durch die drohende Haltung des Siegers werden sie zur Nachgiebigkeit gezwungen und Thoas wird von Iphitus das Recht der Entscheidung überlassen. In geheimer Unterredung bittet Thoas seinen Freund, ihn zu töten, so Creons Tod zu sühnen und dadurch, daß er den Spruch Ismenes an sich vollstrecken lasse, nicht vom neuen den Zorn der Götter heraufzubeschwören. Am

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2