41. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1911

8 und Spina war es üblich, sich der Ubung halber in verschiedenen Sprachen zu schreiben und auch im mündlichen Verkehr bedienten sie sich fremder Sprachen; 80 wurden politische Gespräche in französischer Sprache geführt. Auf Spaziergängen rezitierten die Freunde auswendig gelernte Stellen aus verschiedenen Literaturen, ge¬ wöhnlich Homer, Virgil, Tasso und Voltaire!). In den Gesellschaftskreisen, in welche Bauernfeld bald Eingang gefunden hatte, diente noch vielfach das Französische als Konversationssprache, ein Umstand, der dem Sinne vieler nicht entsprach. So schriel Fick aus Frain in Mähren an Bauernfeld: „Die französische Sprache schrillt mir den ganzen Tag in den Ohren, ich selber muß sie mit hudeln, so gut ich kann, ihr Lob fließt aus aller Munde, ihre Schriftsteller gelten für leuchtende Sterne der Welt. (Bfld., Tgb., November 1824) und Costenoble verzeichnet in seinen Tagebüchern diese unterm 22. Juni 1819: „Das ewige Geschnatter in französischer Sprache — ekelhafte Herabwürdigung alles Vaterländischen! Wer mag es hören, wenn er es nicht mnuß?“ Diese Gewohnheit, welche in der vornehmen Gesellschaft allmählich nachließ, dafür aber in den Kreisen der Emporkömmlinge sich breit machte, benutzte Bauern¬ feld geschickt in der Zeichnung des emporgekommenen Banquiers im „Liebesprotokol!“ und noch in der ersten zweiaktigen Fassung des Stückes „Aus der Gesellschaft“ fanden sich französische Phrasen eingestreut, welche in der endgültigen Fassung aus¬ geschieden wurden Im Jänner 1823 eröffnete sich für Bauernfeld und Spina eine Geldquelle durch die Ubersetzung italienischer und französischer Opern. Bauernfeld übersetzte aus dem Italienischen „I Socraft immaginari“ und aus dem Französischen „Les voikures versées“ komische Oper in 2 Akten von Boildieu, Text von Dupaty nach einem alten Vandeville: „Le séducteur en voyages“. Auch Schreyvogel munterte ihn zu einer Bearbeitung in Versen eines französischen Stoffes auf, welcher schon von Plümicke bearbeitet worden war; es war dies „Lanassa“, Trauerspiel in 5 Auf¬ zügen nach „La veuve du Malabar“ des Le Mierre; Bauernfeld übernahm zwat diese Arbeit, aber ungern und ließ sie bald liegen; später übernahm sie Lembert. Dagegen versuchte sich Bauernfeld in der Bearbeitung eigener Sachen und übersetzte im Herbste 1828 „Die Bekenntnisse“ für Paris. Er besuchte fleißig das Theater und legte auch im Jahre 1828 ein Verzeichnis jener Stücke au, welche er besuchte; doch schon im folgenden Jahre gab er es auf. Von Franzosen finden sich darunter Goldoni, Destouches, Marivaux, Delavigue und Scribe. Bauernfeld las viel, besonders um gute Stoffe für Lustspiele zu finden; so hutte er auch im Oktober 1841 mehrere französische Komödien gelesen, welche ihm aber keine Anregung boten und er meinte die Franzosen seien wieder auf einige Zeit hinaus fertig (Bfld., Tgb., Oktober 1841. Im Jahre 1845 unternahm Bauernfeld eine Reise nach Paris und London. In Paris besuchte er alle Theater; von dem Werte der modernen literarischen Produk¬ tion gewann er keine hohe Meinung, dagegen entzückte ihn die Kunst der Schau¬ spieler, welche in der Darstellung des Modernen in ihrem Element sind, natürlich, liebenswürdig und geistreich. Der Aufführung folgender Stücke wohnte er bei: „Le Barbier de Séville“, „Une dame de T’empire“, Komödie von Ancelot und Duport, Virginie“ Tragödie von Latour St.-Vbars, „Le mari d la campagne“ Lustspiel von Bayard und De Vailly, „Mile. Dangeville“ Vandeville von Villeneuve und Lévry, „Le lansquenet“ Vandeville von Langlé und Lockroy, „Jeanne et Jeanneton“ Rührstück von Scribe, „La belle et la bete“, Vaudeville von Bavard und Warner, „La biche auc bois“ Feerie von den Brüdern Cogniard, „Les Eludiants“, Drama von Soulie, von dem er nur 1 Akt sah, „La gardeuse de dindons“, Komédie¬ Vaudeville von Dartois und Biéville, das im Jahre 1846 im Theater an der Wien unter dem Titel „Die Gänsehüterin“ in der Bearbeitung von Georg Rall, Musik von Süppé, gegeben wurde und die Opern „Domino noir“ von Auber, Text von Seribe und „Gulistan“ von Dalayrac, Text von Lachabeaussière. *) Bauernfeld, Tagebücher. 28. Dezember 1821, 11. November 1822, Mai 1823.

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