41. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1911

— 16 — Seine Abneigung gegen das junge Deutschland hatte Banernfeld schon gelegentlich kundgetan; im „Poctischen Tagebuche“ stammen aus dem Jahre 1835 die Verse: „Das junge Deutschland, was für Flegel! Sie überschlegeln die beiden Schlegel“ undt „Den jungen Deutschen, den deutschen Jungen, Ist nie ein tönender Vers gelungen!“ (Bfld. Ges. Schr. B. XII. Diese Anschanungen nun wollte er in seinem neuen Lust¬ spiel offen anssprechen; da trat die Polizei energischer gegen die Führer des jungen Deutschland auf, Gutzkow wurde eingesperrt, andere verfolgt und verbannt, ihre Schriften verboten; unter solchen Umständen widerstrebte es ihm „gegen die wenn¬ gleich verdrehten Literaten zu kämpfen“, er richtete die Spitze des Stückes gegen Saphir und Bäuerle und gab dem Lustspiel in Anlehnung an eine stehende Rubrik in Bäuerles Theaterzeitung den Titel „Der literarische Salon“. (Bfld. Tgb. Dez. 1835 u. 31. Dez. 1835.) Aber nicht so leicht, wie seine sonstigen Arbeiten, ward das Stück vollendet; es hinterließ in ihm eine Leere und Erschöpfung, die ihn an künf¬ tigem Schaffen beinahe verzweifeln licß. Die äußeren Umstände begünstigten die baldige Aufführung; die Bemühungen Bachers und der Fürstin Lichnowski, vereint mit dem Umstande, daß man ein Stück für das Benefiz der Regisschre brauchte, setzten es durch, daß „Der literarische Salon“ am 24. März 1836 auf dem Burg¬ theater in Szene ging. Die Tendenz des Stückes war allgemein bekannt und der Abend gestaltete sich äußerst bewegt; die spottlustigen Wiener lohnten mit stürmi¬ schem Beifall jeden auf Saphir und Bäuerle gemünzten Ausspruch und erst gegen Ende nahm der Beifall in den gemütlichen Szenen ab. Saplir war wütend, er ie¬ schwerte sich und das Stück wurde verboten. Die Wiener Kritik warf Bauernfeld teils vor, einen löblichen Zweck mit nicht löblichen Mitteln angestrebt zu haben (Witthauer), teils verurteilte sie sein Stück gänzlich (Pietznig). während die ausländische seiner Absicht volles Lob spendete, wie ja der „Literarische Salon“ in Deutschland mehr Aufführungen erlebte als in Wien. Wie Horner gezeigt hat (Ztschr. f. österr. Gymn., Ihg. 1896, S. 133 fl) ist der Einfluß von Molières „Femmes sarantes“ unverkennbar: beiden ist die Doppel¬ tendenz gemeinsam, die sich einerseits gegen jene Spießbürger wendet, welche dem Zug der Mede folgend, unter die Gelehrten und Poeten gehen, andererseits ihre Spitze richtet gegen jene Dunkelmänner, welche die Literatur zu ihren schlechten Zwecken minlbranchen. Während aber Molière objektiv bleibt und ihm der Abbé Cotin in der Figur des Trissotin als Typns zur Verallgemeinerung seines Angriffes auf die ganze ver¬ kehrte Richtung dient, geht Bauernfeld weiter; ihm wird die Satire zur Waffe in einem persönlichen Kampfe und nur mittelbar treffen die gegen Saphir geschnellten Pfeile jene, deren typischer Vertreter er ist. Auch in der Durchführung folgt Banern¬ felll seinem Vorbild, hält sich in den Hauptzügen der dürftigen Handlung an Molière, ohne aber seine eigene Art aufzngeben. In den beiden Stücken wird uns eine Familie vorgeführt, welche in zwei Lager gespalten ist. Bei Molière auf der einen Seite Philaminte, ihre ältere Tochter Ar¬ mande und ihre Schwägerin Belise, die sich der Gelehrsamkeit gewidmet haben, bei Banernfeld Lampe und seine ältere Tochter Emilie; ersterer sammelt Antiquitäten, musiziert, reiligiert und fühlt sich als Kunstmäzen, letztere ist Dichterin; auf der anderen Seite Chrysale. sein Bruder Ariste und seine jüngere Tochter Henriette, sowie deren Liebhaber Clitandre, die sich ihr gesundes Erteilsvermögen bewahrt haben, bei Bauernfeld die jüngere Tochter Lampes, Luise und der Bräutigam Emiliens, Mansfeld. Bei Moliere wird die alte Dienerin des Hauses auch ein Opfer der gelehrten Franen. die ihre auf die Reinigung und Veredelung der Sprache abzielende Mühe vergehlich an der Ungebildeten verschwenden und sie schließlich als unverbesserlich fortjagen; ln Banernfell folgt der alte Diener Lampes willig allen Torheiten seines Herrn, er lernt Flôte blasen, sammelt mit ihm allerlei Getier, versucht sich zu bilden und als es ihm zu viel wird, bittet er um seine Entlassung; die Liche zu seinem alten Herr und das Versprechen, er könne ungebildet bleiben, veranlassen ihm zum Bleiben. 1lei

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