41. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1911

11— S. 189). Die George Sand stellte er sehr hoch und bemerkte anläßlich der Erst¬ aufführung von Halms „Sohn der Wildnis“: „Gestern im „Sohn der Wildnis“. Steht weit unter „Griseldis“. Der Stoff wäre gut. Man denkt unwillkürlich an Mauprat. Aber eine Zeile der George Sand enthält mehr Poesie“ (Bfld. Tgb., 3. Feber 1842). Während seines Aufenthaltes in Paris besuchte Bauernfeld alle Theater, wo er viele Stücke, die meisten von heute bereits vergessenen Autoren, sah. Uber die Stücke äußert er sich nicht und verzeichnet nur über „Jeanne et Jeanneton“: „Scribe macht sichs in leanne et Jeanneton“ sehr leicht. Sogar eine Erkennungsszene durch ein Muttermal kommt darin vor.“ Eine geringe Meinung hegte Bauernfeld von dem Publikum, welches mit Aus¬ nahme desjenigen vom Thedtre Français nicht kritisch ist und keine Spur von ästhetischer Bildung zeigt. Dafür ist es genügsam, politische Anspielungen, wolll feile Witze und Wortspiele, wie zwischen des daims und dédain, erregen Gelächter und Jubel. Solcher Witze gab es sehr viele und Bauernfeld brauchte Zeit und Nach¬ denken, um manche zu verstehen (Bfld. Tgb., 13. Juni 45). Am höchsten unter allen französischen Dichtern schätzte und bewunderte er Molière, sein unerreichbares Vorbild. Diese Bewunderung hielt sein ganzes Leben lang in ungeschwächtem Maße an und in zweien seiner Stücke gab er ihr beredten Ausdruck. Im „Selbstquäler“ mit dem er in die Fußstapfen Molières trat, nimmt er die Gelegenheit wahr, seine Bewunderung in beredten Worten auszusprechen. Er schätzt an ihm den Mut der Wahrheit, mit dem er alle Fehler und Blöllen des Menschen aufdeckt, der den Bauer wie den Bürger und Edelmann trifft, die Milde und Reinheit seines Geistes, die seinem Spott den giftigen Stachel abbricht und preist ihn als den Dichter der Humanität, den größten Mann seiner Zeit („Selbstquäler“ II., 7; Ges. Schr. B. IV). Mehr als 50 Jahre später, als Bauernfeld in seinem letzten Lebensjahre zu demselben Stoffe zurückkehrte, da hielt die Bewunderung für Molière noch immer an und er kleidete sie in noch beredtere Worte. Hitzköpfe, 9. Szene: Bflds. Dr. Nachl. Marquise: Ich wollte, man verbôte Den ganzen Molière, er ist ein Spôtter, Ein Possenreißer, er verfolgt den Adel. St. Amand (tritt hinzu). Auch die Doktores, werte Frau Marquise, Mit ihren Aderlässen und Purganzen! Fast schlimmer noch ergeht es den Marquis, Der Spôtter bringt sie paarweis auf die Bühne Und macht sie lächerlich aufs Unerlaubte, Stellt sie als Tröpfe dar — ’s ist himmelschreiend! Malre OS. Mein liebster Dichter ward mir hart verunglimpft! Ein Wort zu seinen Gunsten sei vergönnt. Er, der der Lüg’ und Henchelei ein Feind, Der Wahrheit Pfade wandelt, der Natur, Er nennt die Dinge bei dem rechten Namen, er Er stellt den Menschen hin und sagt: So ist Fehlern, So nackt und bloß, so schwach, so reich an So arm an Mitteln, Fohler los zu werden! Sein feiner Spott verfolgt nicht nur den Adel, Den Bürger auch, der sich zum Edelmann Emporzublähen sucht und hoch erstaunt ist, Daß er in nie erlernter Prosa spricht. Die Frauen auch entgehn nicht der Satire: Harmlos-naiv, doch listig und verschlagen 24

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