40. Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule in Steyr, 1910

Auf diesem Wege lernen wir auch die petrographische Beschaffenheit und den geologischen Aufbau unseres Berges kennen, was für das Studium der floristischen Verhältnisse von großem Werte ist. Die tiefeingeschnittenen Erosionstäler des Trattenbaches und des Wendbaches zeigen, daß der Sockel des Schobersteins aus Hauptdolomit besteht. Derselbe erscheint gebankt oder geschichtet und von dunkelgrauer Farbe. Er reicht ungefähr bis zur Höhe des Klausrieglergutes (647 m). In der Höhe desselben liegen auf einer Terrasse in einer Reihe einige Bauerngehöfte. Zahlreiche quellige und sumpfige Stellen der Wiesen zeigen, daß es hier keinen Mangel an Wasser gibt, wie es so oft im Kalkgebirge der Fall ist. Auch die am westlichen Anfang dieser Stufe liegende Ursprungsquelle des Schreibach, welche am Hange aus dem Felsen in starkem den Schreibachfall — bildet, Strahle hervorquillt und einen prächtigen Wasserfall — zeigt, daß hier das Wasser auf undurchlässige Schichten stößt, welche dasselbe als Quellen zu Tage fördern. Tatsächlich findet man, daß längs dieser Terrasse dem Hauptdolomit bläulich graue Mergelschiefer auflagern, welche den Kössenerschichten, wahrscheinlich teilweise auch den Liasfleckenmergeln angehören. Auf diesen Schichten findet man nicht selten Kalkblöcke, die rot gefärbt und von weißen Adern durchzogen sind und eine große Ähnlichkeit mit den Adneter Kalken haben. Im Hangenden folgen die Vilser Kalke, welche auch die Spitzen des Schobersteins und die schroffen Wände der Pfaffen- und Beisteinmauer zusammensetzen. Es sind dies lichtrote, dichte, selten Crinoidenreste führende Kalke. Beim Schreibachfall, bei den Holzarbeiterhäusern am Wege zum Schreibachfall, an zwei bis drei Stellen am Trattenbach stehen Schichten eines braunroten, tonigen Kalkes an, welcher als roter Tithonflaserkalk bezeichnet wird. Vielleicht würden diese obersten Jurakalke die Vilserschichten auch auf den Höhen des Schobersteins bedecken, wenn sie nicht schon längst der Denudation unterlegen wären. Hier wurde auch Terebratula diphya gefunden. Im Frühjahre, zur Zeit der Schneeschmelze, fand ich wiederholt in einem neben den genannten Häusern gelegenen Rinnsale mehrere ziemlich gut erhaltene Versteinerungen von Ammoniten: Periphinctes, Lytoceras und Phylloceras. Oberhalb des Klausrieglergutes findet man in der Nähe der Krakowitzerquelle in den Schichten des Vilserkalkes einen Kern bituminöser, graubraun gefärbter Mergelschiefer eingeklemmt Durch eine wahrscheinlich den Gosauschichten angehörig Runse erscheint er schön aufgeschlossen. Die Schiefer verbreiten beim Erhitzen einen brenzlichen Geruch und einen dichten Qualm. 2. Vegetations-Verhältnisse. Wenn wir das Trattenbachtal betreten, so führt der Weg gleich hinter der Mühle durch Wiesen, welche der Formation der Talwiesen zuzurechnen sind. Sie bedecken die Hänge zu beiden Seiten des Weges. Nur die linksseitigen gehören dem Gebiete des Schobersteines an. Zahlreiche Obstbäume (Mostobst) sind in denselben gepflanzt. In der Mitte des Aprils, wenn der Frühling wieder in die Gebirgstäler einzieht, gewähren sie ein farbenprächtiges Bild und erfreuen uns durch die Mannig¬ faltigkeit und Intensität der Farben ihrer Blumen. Die blauen und weißen Sterne der Leberblümchen (Hepatica triloba DC.), die rosa angehauchten Blumen der Buschwindröschen (Anemone nemorosa L.), die schwefel- und dottergelben Kelche der Himmelschlüssel (Primula elatior L. und officinalis L.), die lichtgelben der Zahnwurz (Dentaria enneaphylla L.), die roten und blauen des Lungenkrautes (Pulmonaria officinalis L.), die himmelblauen des Frühlings-Enzians (Gentiana verna L.), die violetten Blüten des rauhaarigen Veilchens (Viola hirta L.) und die weißen Sterne des Gänseblümchens (Bellis perennis L.) bilden einen bunten Blumenteppich, in welchen noch die Blütensterne des Sauerklees (Oralis Acetosella L.) ihr zartes Weiß hineinweben. Pflanzenbürger in einem etwas schlichteren

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